Dominique Gerster: «Jeder Fehler kostet Reputation»
Ob Banken oder Tech-Unternehmen: Kotierte Firmen sind fast permanent in zivil-, aufsichts- und zuweilen auch Strafverfahren involviert. Werden diese Fälle in den Medien ausgetragen, drohen schnell mehr als nur juristische Folgen. Was kann man dagegen tun? Dominique Gerster liefert in seinem Beitrag für finews.first ein paar Antworten.
Hausdurchsuchungen, Strafanzeigen, Enforcementverfahren oder Streitigkeiten mit Konkurrentinnen oder Konkurrenten und Kunden beschäftigen längst nicht mehr nur die Rechtsabteilungen. Sie werden häufig dann zur Chefsache, wenn juristische Schritte von erheblichem Medienecho begleitet werden und der Ruf des Unternehmens auf dem Spiel steht.
Im Kontext juristischer Auseinandersetzungen sollten sich Entscheidungsträge, genauso wie vor der Ankündigung einer neuen Strategie, der Geschäftszahlen oder wichtiger personeller Änderungen, mit der Frage auseinandersetzen, was die Unternehmenskommunikation zur Steuerung der Reputation beitragen kann.
Dabei gibt es folgende Punkte zu berücksichtigen:
1. Öffentliche Stellungnahmen: Auf das Tempo kommt es an
Verfahren gegen Unternehmen und Führungskräfte generieren in aller Regel ein hohes Medieninteresse, bei börsenkotierten Unternehmen ist zudem der Aktienkurs tangiert. Aus kommunikativer Sicht gilt: Je grösser die zu erwartende Unbill, desto schneller muss sich das Unternehmen zu Wort melden.
Hinzu kommt, dass behördlichen Ankündigungen etwa in den USA, Deutschland oder der Schweiz generell hohe Glaubwürdigkeit zukommt, was zu einer Art öffentlichen Vorverurteilung eines Unternehmens gleichkommt.
2. Schlüsselfaktor: Die juristischen Siegeschancen
Werden die Medien muteinbezogen, sollten sich Unternehmen auch öffentlich zu verteidigen wissen. Wer von Anfang lauthals bekundet, er werde vor Gericht obsiegen, der wird nach einem letztinstanzlichen nachteiligen Urteil ausgiebiger mit medialer Häme bedacht als ein leiser Verlierer, der sich nie zur Sache geäussert hat.
Möglicherweise aber verlangen Mitarbeitende, Kunden oder auch InvestorInnen nach einer starken öffentlichen Reaktion. In diesem Fall gilt es die Chancen und Risiken gut abzuwägen.
3. Das Unternehmen als Kläger: Nicht ohne Vorbereitung!
Kündigen Behörden Untersuchungen oder Konkurrenten öffentlich Klagen gegen ein Unternehmen an, dann herrscht in dessen oberen Chargen in der Regel schnell Konsens darüber, den eigenen Standpunkt in der öffentlichen Debatte klar zu machen.
Was häufig unterschätzt wird, ist die Exponiertheit des Unternehmens. Wenn Unternehmen Forderungen gegenüber Lieferanten durchsetzen oder wettbewerbsrechtliche Schritte gegen kleinere Konkurrenten einleiten, so wird die Öffentlichkeit reflexartig mit diesen als «Underdog» sympathisieren.
Solche Schritte müssen deshalb kommunikativ sorgfältig vorbereitet werden mit dem Ziel, die öffentliche Debatte zu versachlichen. Besondere Sorgfalt ist angebracht bei juristischen Schritten exponierter Firmen gegenüber Medienhäusern.
4. Die Bussensammlung als Reputationsfaktor
Es macht einen wesentlichen Unterschied, ob ein Unternehmen erstmals oder wiederholt zum Untersuchungssubjekt oder Beklagten in einem vergleichbaren Kontext wird.
Ist nämlich dies der Fall, ist es wenig glaubwürdig, wenn es sich unentwegt gegen alles und jeden «mit allen juristischen Mitteln zur Wehr setzen» will. Unternehmen sollten in solchen Situationen in erster Linie aufzeigen, welche konkreten Schritte sie zur Verbesserung der vorgehaltenen Missstände bereits unternommen haben.
5. Das Pflichtenheft des Legal-Comms-Teams
Juristen und Kommunikationsfachleute antizipieren gemeinsam die planbaren und möglichen Berührungspunkte des Verfahrens mit der Öffentlichkeit.
Dazu gehören in erster Linie Ankündigungen wie Eröffnung, Abschluss und Sanktionen als Ergebnis einer Untersuchung sowie öffentliche Hearings und Verhandlungen vor Gericht. Diese gilt es vorzubereiten und dabei alle Szenarien im Blick zu behalten.
6. Gezielter Einsatz der Kommunikationsinstrumente
Die Umsetzung der Kommunikationsstrategie reicht weit über die Publikation von Medienmitteilungen und Social-Media-Posts hinaus. Ebenso wichtig sind Führungsinformation für die Mitarbeitenden, Kundenbriefe, InvestorInnen-FAQ‘s und die rechtzeitige Information regulatorischer und politischer Stakeholder.
Dominique Gerster ist Partner bei der Beratungsfirma IRF. Er betreut nationale und internationale Kunden sowie exponierte Persönlichkeiten in strategischen Fragen der Unternehmens- und Krisenkommunikation. Von 2005 bis 2024 hatte er leitende Kommunikationsfunktionen bei der UBS und Credit Suisse inne. Seine Laufbahn begann er als freier Journalist (1998–2002). Anschliessend arbeitete er als Public-Relations-Berater bei der Zürcher Wirz-Gruppe (2002–2005). Er besitzt einen Master in Rechtswissenschaften der Universitäten Zürich und Siena (2002). Derzeit absolviert er einen berufsbegleitenden Executive MBA an der Universität St. Gallen.
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