Die Evolution in der Versicherungsvermittlung

Versicherungsvermittler haben sich immer wieder neu zu erfinden, um am Markt mit den veränderten Kundenbedürfnissen, dem regulatorischen Umfeld und der heutigen Schnelllebigkeit mitzuhalten, schreibt Daniel Koller, Präsident des Verbands Liechtensteinischer Versicherungsbroker, in seinem Gastbeitrag.

Nahm man sich in früheren Jahren die nötige Zeit zur ausführlichen und umfassenden Beratung der Kundenbedürfnisse bei physischen Treffen, ist im Umgang mit der heutigen Generation eine Vielzahl von veränderten Vorzeichen zu meistern.

Im Wandel der Zeit

Zwar haben sich die Grundwerte in der Betreuung nicht massgeblich verändert, denn weiterhin stehen Qualität, Beständigkeit und Professionalität im Umgang mit der Beratung in der Versicherungsvermittlung in einem stabilen politischen und wirtschaftlichen Umfeld an erster Stelle. Genau das bietet der Finanzplatz Liechtenstein in seiner vielseitigen und innovativen Ausgestaltung.

Doch fordert der moderne Kunde darüber hinaus noch mehr massgeschneiderte Lösungen, eine noch schnellere Rückmeldungskadenz und vermehrt den Einsatz technischer Hilfsmittel der virtuellen Welt; am liebsten wird mit einem Klick alles auf dem Smartphone erledigt. Sind diese Forderungen überhaupt realistisch?

Balanceakt zwischen Staat und Wirtschaft

Tatsächlich hat der Versicherungsvermittler im Jahr 2025 deutlich mehr regulatorische Herausforderungen zu meistern und administrativen Mehraufwand zu stemmen als in vergangenen Zeiten, was vorderhand zu einer zunehmenden Komplexität und steigenden Kosten führt.

Diese Tendenz ist weiterhin ansteigend und eine Deregulierung nicht absehbar. Die eigentliche Kernkompetenz der Beratung leidet darunter. Konsumentenschutz ist zwar sehr wichtig, aber zu welchem Preis? Wieviel Staat erträgt ein attraktiver Markt, und wieviel freie Marktwirtschaft ist sinnvoll für einen ausgewogenen Umgang mit Risiken und Chancen im Versicherungsgeschäft?

Um der unaufhaltbaren Kostenexplosion entgegenzuwirken, braucht es Massnahmen. So sollen Prozesse optimiert, Systemunterstützung genutzt und künstliche Intelligenz eingesetzt werden, um den teuren Faktor Mensch ganz oder teilweise zu ersetzen. Aber genau diese Komponente ist in der Beratungstätigkeit das wichtigste Gut, insbesondere wenn es um komplexere Sachverhalte mit länderübergreifendem Kontext geht.

Maschine ersetzt Mensch

Der Verband Liechtensteinischer Versicherungsbroker (LIBA) ist der Ansicht, dass ein vernünftiger Einsatz von maschineller Unterstützung durchaus sinnvoll sein kann, insbesondere bei repetitiven Abläufen und einfachen Sachverhalten. Jedoch ist das menschliche Wesen als Ideengeber, in der Kontrollausübung mit Endverantwortung und Überwachungsfunktion zentral und weitestgehend unersetzbar.

Nicht zu vergessen: Emotionen und zwischenmenschliche Bedürfnisse bei höchstpersönlichen Anliegen der Kundschaft sind fester Bestandteil einer umfassenden Betreuung.

Versicherungsvermittler als Bindeglied

Gerade vor dem Hintergrund der regulatorischen und technischen Entwicklungen, die mit einer steigenden Komplexität einhergehen, verdeutlicht sich die Bedeutung einer professionellen Versicherungsvermittlung: In der Schnittstelle zwischen Kundenanliegen und Versicherungsangebot liegt die Beratung durch Versicherungsvermittler, die Angebot und Nachfrage im besten Kundeninteresse zusammenbringen.

Genau hierin liegt der Kern der Aufgabe dieses Berufsstandes. Denn Versicherungsvermittler agieren im Unterschied zum Versicherungsvertrieb unabhängig von einem eingeschränkten Produkteangebot und verfolgen dadurch einzig und alleine das Ziel, den Kunden die beste Versicherungslösung am Markt für ihre individuellen Bedürfnisse zu bieten.

Zum Vorteil der Kunden

Kostenseitig lässt sich herausstreichen, dass beim Wegfall des Versicherungsvermittlers oder der Einführung einer Provisionseinschränkung, ein unnötiger Kostenblock beim Versicherer durch Kompensation der Dienstleistung in mindestens der gleichen Höhe anfallen würde, wobei die Unabhängigkeit der Beratungsleistung nicht mehr gewährleistet wäre.

Es ist daher falsch zu denken, dass Einsparungen beim Vermittler zur Kostensenkung im Gesamtsystem führen könnten, zumal die Vertriebskosten ohnehin vernachlässigbar sind im Vergleich zu den Totalkosten.

Denn gerade der Einsatz von Versicherungsvermittlern lässt den Markt spielen und den freien Wettbewerb wirken, vergleicht er doch verschiedene Anbieter, tritt unabhängig auf und bespielt die Klaviatur der gesamten Produktepalette des Marktes. Dieser gesunde Konkurrenzkampf führt letztendlich zu attraktiveren Preisen, einer laufender Qualitätssteigerung und grösserer Produktevielfalt für den Kunden.


Daniel Koller ist seit 2021 Präsident des LIBA Verband Liechtensteinischer Versicherungsbroker. Neben dieser ehrenamtlichen Tätigkeit arbeitet er hauptberuflich im Lebensversicherungsgeschäft für vermögende Kunden bei der Firma 1291Group Europe als Group Head of Legal auf dem Finanzplatz Liechtenstein.