Die digitale Transformation in der Vermögensverwaltung ist nicht bloss eine Frage der Technik. Sie ist eine Frage des «Fit-Seins» für die Zukunft. Es gehe darum, den Spagat zwischen Tradition und Moderne zu schaffen, schreibt Vivien Jain in ihrem Beitrag für finews.first.

Die Vermögensverwaltung durchlebt derzeit eine der grössten Umbruchphasen ihrer Geschichte. Noch vor wenigen Jahren galten persönliche Kontakte, handschriftliche Notizen und vertrauliche Gespräche als Grundpfeiler dieses Geschäfts.

Heute hingegen steht die Branche vor der Herausforderung, die Brücke zwischen Tradition und Zukunft zu schlagen – und dies in einer Zeit, in der technologische Fortschritt unaufhaltsam voranschreitet.

«Es gibt eine Vielzahl von Gründen, warum die digitale Transformation unumgänglich ist» 

Die digitale Transformation ist längst keine blosse Option mehr, sie ist zur Pflicht geworden. Dabei erfordert es einiges an Vertrauen und Vorsicht, hochsensible Daten, die bislang unter strengster Diskretion geschützt wurden, in digitale Systeme einzugeben – insbesondere angesichts der wachsenden Cyber-Risiken.

Umso wichtiger ist es, bei der Digitalisierung den richtigen Partner zu wählen und mit Bedacht vorzugehen, um den Ansprüchen der nächsten Generation und den steigenden regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden.

Es gibt eine Vielzahl von Gründen, warum die digitale Transformation unumgänglich ist. Da ist zunächst die aufkommende Generation von Erben, die das Vermögen ihrer Eltern und Grosseltern bereits in grossen Teilen übernommen hat oder in Kürze übernehmen wird. Diese Generation ist in einer digitalen Welt aufgewachsen, für sie ist die intuitive Nutzung von Technologie selbstverständlich.

«Es sind nicht nur die Kunden, die Druck machen»

Wer als Vermögensverwalter nicht in der Lage ist, auf Augenhöhe mit diesen digital affinen Kunden zu kommunizieren, wird es schwer haben, Vertrauen aufzubauen. Denn nicht nur die Kundenbeziehung, auch die Art und Weise, wie Informationen bereitgestellt werden, verändert sich rapide.

Investmentproposals oder Reportings, die auf Papier ausgedruckt und per Post verschickt werden, wirken im Vergleich zu digitalen, interaktiven Dashboards beinahe antiquiert.

Doch es sind nicht nur die Kunden, die Druck machen. Auch der Regulierungsrahmen wird immer enger. Neue Gesetze und Vorschriften verlangen von Vermögensverwaltern eine lückenlose Dokumentation ihrer Entscheidungen und Tätigkeiten. Jeder Beratungsschritt, jedes Investment muss heute nachvollziehbar und nachprüfbar sein. Das ist ohne digitale Hilfsmittel kaum mehr zu bewältigen.

Zudem ist die Nutzung entsprechender Tools nicht nur eine Frage der Effizienz, sondern auch entscheidend, um als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben oder, bei kleineren Einheiten, für potenzielle jüngere Nachfolger interessant zu sein. Der bürokratische Aufwand frisst Ressourcen, die anderswo dringend gebraucht werden – etwa in der Betreuung der Kunden.

«Die Digitalisierung endet nicht mit Verwaltungssoftware oder digitalen Dashboards»

Die Einführung digitaler Systeme ist daher nicht nur eine Frage der Modernität, sondern auch der Effizienz. Automatisierte Prozesse und intelligente Softwarelösungen können den Verwaltungsaufwand erheblich reduzieren. Standardisierte Abläufe wie die Datenerfassung, das Reporting oder die Portfolioanalyse lassen sich durch digitale Tools schneller und präziser erledigen.

Das spart Zeit und minimiert Fehlerquellen. Die so gewonnene Zeit kann wieder in die individuelle Kundenberatung investiert werden – ein Bereich, der trotz aller Digitalisierung niemals an Bedeutung verlieren wird.

Denn eines ist klar: Das Persönliche bleibt ein unverzichtbarer Bestandteil der Vermögensverwaltung. Vermögensverwalter müssen weiterhin das Vertrauen ihrer Kunden gewinnen und pflegen.

Doch gerade, weil das Zwischenmenschliche so wichtig bleibt, ist es umso entscheidender, dass der Alltag durch effiziente digitale Tools erleichtert wird. So kann der Fokus auf das Kundengeschäft gelegt werden, statt sich in bürokratischen Aufgaben zu verlieren.

Die Digitalisierung endet jedoch nicht bei der Einführung von Verwaltungssoftware oder digitalen Dashboards. Der nächste grosse Schritt ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Vermögensverwalter müssen hier nicht gleich zu den Vorreitern gehören, aber sie sollten erste Erfahrungen sammeln und Use Cases evaluieren. Denn die Potenziale von KI sind enorm.

«Die Herausforderung besteht darin, die relevanten und korrekten Informationen herauszufiltern»

KI kann etwa dabei helfen, den riesigen Informationsfluss, dem Vermögensverwalter heute ausgesetzt sind, zu filtern. Nachrichten, Marktanalysen, politische Entwicklungen – die Masse an Daten und Informationen, die täglich auf Finanzexperten einprasselt, ist überwältigend. Die Herausforderung besteht darin, die relevanten und vor allem korrekten Informationen herauszufiltern und in Echtzeit zu verarbeiten.

KI-Systeme, die darauf trainiert sind, genau diese Aufgaben zu übernehmen, können hier wertvolle Unterstützung leisten. Sie identifizieren Trends, schlagen auf Basis von Algorithmen Investmentmöglichkeiten vor und warnen vor Risiken. Für den menschlichen Berater bleibt dann die Aufgabe, diese Vorschläge kritisch zu hinterfragen und im persönlichen Kundengespräch in sinnvolle Strategien zu übersetzen.

Trotz all dieser technologischen Hilfsmittel wird der menschliche Faktor in der Vermögensverwaltung nie komplett durch Maschinen ersetzt werden. Gerade im hochsensiblen Bereich des Finanzmanagements kommt es auf Vertrauen, Fingerspitzengefühl und Erfahrung an – Eigenschaften, die kein Algorithmus jemals vollständig nachahmen kann.

Doch genau hier liegt auch die Chance: Wenn Routineaufgaben und administrative Tätigkeiten von KI und digitalen Systemen übernommen werden, bleibt den Vermögensverwaltern mehr Raum, sich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren – nämlich auf die individuelle Beratung und Betreuung ihrer Kunden.

«Wer diesen Weg beschreitet, wird für die weiteren Herausforderungen gewappnet sein»

Die digitale Transformation in der Vermögensverwaltung ist daher nicht bloss eine Frage der Technik. Sie ist eine Frage des «Fit-Seins» für die Zukunft – und damit für die kommende Generation von Kunden. Es geht darum, den Spagat zwischen Tradition und Moderne zu meistern.

Wer die neuen Technologien sinnvoll einsetzt, kann nicht nur den gestiegenen Anforderungen gerecht werden, sondern auch seine Effizienz steigern und den Fokus wieder stärker auf das legen, was die Vermögensverwaltung im Kern ausmacht: das Vertrauen der Kunden.

Die Digitalisierung und der Einsatz von KI bieten enorme Chancen. Doch sie wollen mit Bedacht eingesetzt werden. Es geht nicht darum, als Vorreiter mit den neuesten Technologien zu glänzen. Vielmehr sollte der Fokus auf einer langfristigen, sinnvollen Integration digitaler Lösungen liegen.

Wer diesen Weg beschreitet, wird für die kommenden Herausforderungen gewappnet sein – und auch in einer zunehmend digitalen Welt das Vertrauen seiner Kunden bewahren. Denn am Ende zählt nicht nur, welche Technologien man einsetzt, sondern wie man sie nutzt, um den Menschen im Mittelpunkt des Geschäfts zu stärken.


Vivien Jain ist CEO der Schweizer Vermögensverwaltungsgesellschaft Aquila. Die 39-jährige Juristin arbeitet seit 2014 für das Unternehmen und übernahm schrittweise mehr Verantwortung in den Bereichen Legal, Compliance und Risk, bevor sie 2016 in die Geschäftsleitung aufstieg. Die kanadisch-schweizerische Doppelbürgerin mit indischen Wurzeln war zuvor auch für die Beratungsfirma PwC tätig. Aquila verwaltet mit ihren rund 90 Partnerfirmen ein Kundenvermögen von mehr als 22 Milliarden Franken.


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