Mit den aktuellen Regeln und Bestimmungen versucht der Gesetzgeber, zusätzliche Sicherheit durch Bürokratie zu erzwingen. Doch letztlich schafft dies vor allem eins: zusätzliche Kosten und administrative Hürden. Die Mehrheit der Versicherten wird benachteiligt, während ein kleiner Teil der Pensionskassen von den Einschränkungen verschont bleibt, schreibt Nico Fiore in seinem Beitrag für finews.first.
In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.
Die Abstimmung über die Reform der beruflichen Vorsorge liegt hinter uns, und das Volk hat sie abgelehnt. Die Gründe für diese Ablehnung sind vielfältig. Ein Thema fand während der Debatte mehrmals Erwähnung durch die Gegner der Reform: Die Reserven der Pensionskassen. Die Reserven wurden dabei als zu hoch und die Pensionskassen im Gegenzug als knauserig bezeichnet.
Die wahre Hürde in Bezug auf Reserven und Verzinsung blieb jedoch ungenannt: die Überregulierung.
«Finanzielle Stabilität – doppelt gemoppelt»
Pensionskassen haben einen klaren gesetzlichen Auftrag: Sie müssen sicherstellen, dass ihre finanzielle Lage jederzeit stabil bleibt. Diese Anforderung gilt für alle Einrichtungen – ob sie im Wettbewerb stehen oder nicht. Doch gerade für die Kassen, die am Markt konkurrieren, hat der Gesetzgeber nochmals zusätzliche (und damit redundante) Vorschriften erlassen.
Konkret geht es dabei um rund 200 Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen. Diese dürfen nur dann sogenannte «Leistungsverbesserungen» anbieten, wenn sie eine Ziel-Wertschwankungsreserve* von mindestens 75 Prozent erreicht haben. Diese Regelung wurde vor einigen Jahren eingeführt, um die finanzielle Sicherheit der Kassen zu stärken.
«Doch was genau ist eine Leistungsverbesserung?»
Die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) hat sich vor einigen Jahren dieser Frage angenommen – ob nun berechtigt oder nicht – und den Begriff «Leistungsverbesserung» genau definiert. Er bezieht sich auf eine Verzinsung, die eine bestimmte Obergrenze überschreitet.
Diese Obergrenze wurde anfangs moderat definiert und 2023 erheblich verschärft. Aufgrund von starker Kritik aus der Branche wurde nun im Herbst 2024 diese Grenze wieder etwas gelockert, um den Kassen mehr Flexibilität zu geben. Welche genauen Auswirkungen diese Lockerung haben wird, bleibt noch offen.
Fakt ist jedoch: Die Schweiz ist ein KMU-Land und etwa 75 Prozent der Versicherten in der beruflichen Vorsorge sind in Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen versichert. Dreiviertel der Versicherten sind damit von dieser Regelung betroffen. Gleichzeitig gibt es rund 1'100 andere Pensionskassen, die von diesen Einschränkungen nicht betroffen sind. Diese Einrichtungen müssen sich nicht an diese strenge Regel halten, was zu einer Ungleichbehandlung innerhalb der beruflichen Vorsorge führt.
«Bürokratie schafft keine Sicherheit»
Mit den aktuellen Regulierungen versucht der Gesetzgeber, zusätzliche Sicherheit durch Bürokratie zu erzwingen. Doch letztlich schaffen diese Regelungen vor allem eines: zusätzliche Kosten und administrative Hürden. Die Mehrheit der Versicherten wird benachteiligt, während ein kleiner Teil der Pensionskassen von den Einschränkungen verschont bleibt.
Dabei sollte das Ziel klar sein: Die berufliche Vorsorge muss für alle Beteiligten stabil und sicher sein. Das gelingt jedoch nicht, indem man immer mehr Ausnahmen schafft und einzelne Gruppen bevorzugt. Vielmehr braucht es eine durchdachte und faire Reform, die die Realität aller Pensionskassen berücksichtigt – unabhängig davon, ob sie im Wettbewerb stehen oder nicht.
«Brauchen wir eine Neuausrichtung?»
Es wird immer deutlicher, dass die Diskussion über die Höhe der Reserven der Pensionskassen eine tiefere Frage verdeckt: Sind diese Reserven wirklich zu hoch, oder sind die Kassen schlicht überreguliert? Die Einführung zusätzlicher Vorschriften mag gut gemeint sein, doch in der Praxis führt sie zu Ungleichbehandlungen und zusätzlichen Kosten.
Anstatt weiterhin an Detailvorgaben und strikten Grenzen festzuhalten, sollte der Fokus auf Flexibilität und die tatsächlichen Bedürfnisse der Pensionskassen gelegt werden. Eine Neuausrichtung, die Wettbewerbsvorteile nicht durch Bürokratie schmälert, könnte den Weg für ein gerechteres und effizienteres Vorsorgesystem ebnen.
* Wertschwankungsreserven sollen die Schwankungen der angelegten Gelder in schlechten Anlagejahren abfedern.
Nico Fiore ist Geschäftsführer von inter-pension, dem Pensionskassenverband für Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen. Er ist ein Fachmann für berufliche Vorsorge mit eidg. Fachausweis und verfügt über einen Abschluss «Master of Advanced Studies» der Hochschule Luzern/FHZ in Pensionskassen-Management.
Bisherige Texte von: Rudi Bogni, Rolf Banz, Werner Vogt, Walter Wittmann, Alfred Mettler, Robert Holzach, Craig Murray, David Zollinger, Arthur Bolliger, Beat Kappeler, Chris Rowe, Stefan Gerlach, Nuno Fernandes, Richard Egger, Dieter Ruloff, Marco Bargel, Steve Hanke, Urs Schoettli, Maurice Pedergnana, Stefan Kreuzkamp, Oliver Bussmann, Michael Benz, Albert Steck, Martin Dahinden, Thomas Fedier, Alfred Mettler, Brigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Kim Iskyan, Stephen Dover, Denise Kenyon-Rouvinez, Christian Dreyer, Kinan Khadam-Al-Jame, Robert Hemmi, Anton Affentranger, Yves Mirabaud, Hans-Martin Kraus, Gérard Guerdat, Mario Bassi, Stephen Thariyan, Dan Steinbock, Rino Borini, Bert Flossbach, Michael Hasenstab, Guido Schilling, Werner E. Rutsch, Dorte Bech Vizard, Maya Bhandari, Jean Tirole, Hans Jakob Roth, Marco Martinelli, Thomas Sutter, Tom King, Werner Peyer, Thomas Kupfer, Peter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Armin Jans, Nicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio Quirighetti, Claire Shaw, Peter Fanconi, Alex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro Occhilupo, Will Ballard, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul, Markus Winkler, Thomas Steinemann, Christina Böck, Guillaume Compeyron, Miro Zivkovic, Alexander F. Wagner, Eric Heymann, Christoph Sax, Felix Brem, Jochen Möbert, Jacques-Aurélien Marcireau, Ursula Finsterwald, Michel Longhini, Stefan Blum, Nicolas Ramelet, Søren Bjønness, Gilles Prince, Shanu Hinduja, Salman Ahmed, Peter van der Welle, Ken Orchard, Christian Gast, Jürgen Braunstein, Jeffrey Vögeli, Fiona Frick, Stefan Schneider, Matthias Hunn, Andreas Vetsch, Mark Hawtin, Fabiana Fedeli, Kim Fournais, Carole Millet, Swetha Ramachandran, Thomas Stucki, Neil Shearing, Tom Naratil, Oliver Berger, Robert Sharps, Tobias Müller, Florian Wicki, Jean Keller, Niels Lan Doky, Johnny El Hachem, Judith Basad, Katharina Bart, Thorsten Polleit, Peter Schmid, Karam Hinduja, Zsolt Kohalmi, Raphaël Surber, Santosh Brivio, Mark Urquhart, Olivier Kessler, Bruno Capone, Peter Hody, Agniszka Walorska, Thomas Müller, Ebrahim Attarzadeh, Marcel Hostettler, Hui Zhang, Angela Agostini, Guy de Blonay, Tatjana Greil Castro, Jean-Baptiste Berthon, Dietrich Grönemeyer, Mobeen Tahir, Didier Saint-Georges, Serge Tabachnik, Vega Ibanez, David Folkerts-Landau, Andreas Ita, Michael Welti, Mihkel Vitsur, Roman Balzan, Todd Saligman, Stuart Dunbar, Carina Schaurte, Birte Orth-Freese, Gun Woo, Lamara von Albertini, Ramon Vogt, Andrea Hoffmann, Niccolò Garzelli, Darren Williams, Benjamin Böhner, Mike Judith, Jared Cook, Henk Grootveld, Roman Gaus, Nicolas Faller, Anna Stünzi, Thomas Höhne-Sparborth, Fabrizio Pagani, Guy de Blonay, Jan Boudewijns, Sean Hagerty, Alina Donets, Sébastien Galy, Roman von Ah, Fernando Fernández, Georg von Wyss, Stefan Bannwart, Andreas Britt, Frédéric Leroux, Nick Platjouw, Rolando Grandi, Philipp Kaupke, Gérard Piasko, Brad Slingerlend, Dieter Wermuth, Grégoire Bordier, Thomas Signer, Gianluca Gerosa, Michael Bornhäusser, Christine Houston, Manuel Romera Robles, Fabian Käslin, Claudia Kraaz, Marco Huwiler, Lukas Zihlmann, Sherif Mamdouh, Harald Preissler, Taimur Hyat, Philipp Cottier, Andreas Herrmann, Camille Vial, Marcus Hüttinger, Serge Beck, Alannah Beer, Stéphane Monier, Ashley Semmens, Lars Jaeger, Shanna Strauss-Frank, Bertrand Binggeli, Marionna Wegenstein, George Muzinich, Jian Shi Cortesi, Razan Nasser, Nicolas Forest, Jörg Rütschi, Reto Jauch, Bernardo Brunschwiler, Charles-Henry Monchau, Nicolas Ramelet, Ha Duong, Teodoro Cocca, Jan Brzezek, Nicolas Mousset, Beat Weiss, Pascal Mischler, Andrew Isbester, Konrad Hummler, Jan Beckers, Martin Velten, Katharine Neiss, Claude Baumann, Daniel Roarty, Kubilaqy Yalcin, Robert Almeida, Karin M. Klossek, Marc Taverner, Charlie T. Munger, Daniel Kobler, Patrick Stauber, Anna Rosenberg, Judith Wallenstein, Adriano Lucatelli, Daniel Goleman, Val Olson, Brice Prunas, Frances Weir, Luis Maldonado, Francesco Magistra, Nadège Lesueur-Pène, Massimo Pedrazzini, Eric Sarasin, Dina Ting, Christopher Gannatti, Shaniel Ramjee, Mihkel Vitsur, Nannette Hechler-Fayd'herbe, Ralph Ebert, Mark Denham, Francesco Mandalà, Mariolina Esposito, Maryann Umoren Selfe, Dominique Gerster, Christian Kälin, Nadège Dufossé, Benjamin Melman, Brigitte Kaps, Florin Baeriswyl, Marc Reinhardt, Thomas Holderegger, Beat Wittmann, Bruno Cavalier, Gary Burnison, Louise Curran, Adrian Cox, Philip Adler, Serge Fehr, Marc Lussy, Axel Brosey, Colin Vidal, Vivien Jain, Ralf Zellweger und Maria Vassalou.