Startups haben zwar die traditionellen Modelle der Finanzbranche herausgefordert, bekunden jedoch Mühe, profitable Kunden zu gewinnen und die regulatorische Komplexität effektiv zu bewältigen. Beide Seiten müssen zusammenarbeiten, um die Veränderungs- und Wachstumsagenda effektiv umsetzen zu können, schreibt Jörg Rütschi in seinem Beitrag für finews.first.
In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.
Die digitale Innovation hat sich in den vergangenen 25 Jahren rasant beschleunigt. Die Technologie hat Geschäftsmodelle, Betriebsplattformen und die breitere Kundenbindung grundlegend verändert. Sie ist mittlerweile zu einem kritischen Erfolgsfaktor für die Finanzbranche geworden.
Dies war nicht immer der Fall, da sich Finanzinstitute (FIs) nur langsam an technologische Innovationen angepasst haben. FIs sind globale, grosse Organisationen mit komplexen geschäftlichen und betrieblichen Anforderungen. Ihre Systeme, die in vielen Fällen vor über 30 Jahren entwickelt wurden, erfordern Stabilität und lassen sich nur mit erheblichem Aufwand verändern. Erst in den vergangenen Jahren hat die Finanzbranche in der Breite als Reaktion auf sinkende Umsätze und dramatisch gestiegene Kosten-Ertrags-Verhältnisse begonnen mehrjährige Transformationsprogramme mit Investitionen in Milliardenhöhe umzusetzen.
Fintech wurde zu einem Synonym für die Initiativen einer engagierten Startup-Community, die neue Technologie- und Dienstleistungslösungen ausserhalb etablierter Finanzinstitute (FI) entwickelt. Diese aufstrebenden Akteure sind zur innovativen Kraft in drei Schlüsseltechnologien geworden, die die Bausteine der digitalen Transformationsagenda im Finanzbereich bilden.
Die erste ist die Künstliche Intelligenz (KI), die mit ihren Komponenten Big Data, Machine Learning und Datenvisualisierung die Entscheidungsfindung verbessert. Die zweite, definiert durch Softwarelösungen wie Application Programme Interface (API), Cloud Computing und die Integration des User Interface, steigert die betriebliche Effizienz durch Automatisierung, offene Architektur und Interoperabilität.
Die dritte, Distributed-Ledger-Technologien mit Blockchain als die zentrale industrielle Lösung, ist daran die heutige finanzielle und rechtliche Infrastruktur grundlegend zu verändern.
Value Creation ist eine Managementmethode, die sich auf institutionelles Wachstum und Leistung konzentriert. Es wird durch das Konzept des inneren Werts definiert, der den finanziellen Beitrag der Umsetzung von strategischen und operativen Initiativen misst. Die veränderte Regulierungs- und Wettbewerbslandschaft in der Finanzbranche fordert etablierte Geschäftsmodelle mit ihren Renditeanforderungen heraus. Aus Sicht der Value Creation bleibt ein neues Target Operating Modell im Mittelpunkt der Transformationsagenda.
«Der neue Betriebsrahmen beruht auf den Designprinzipien der offenen Zusammenarbeit»
Es ersetzt alte durch neue Systeme und integriert gleichzeitig neue Technologien in einen breiteren Betriebsrahmen. Das Ziel der etablierten Marktführern ist es, ihre Position zu verteidigen und gleichzeitig nach Startups Ausschau zu halten, die ihre Geschäfts- und Betriebsmodelle erneuern. Innovative Fintech-Startups haben zwar die traditionellen Modelle der Finanzbranche herausgefordert, bekunden jedoch Mühe, profitable Kunden zu gewinnen und die regulatorische Komplexität effektiv zu bewältigen. Beide Seiten müssen zusammenarbeiten, um die Veränderungs- und Wachstumsagenda effektiv umsetzen zu können.
Der neue Betriebsrahmen beruht auf den Designprinzipien der offenen Zusammenarbeit, Integration von Drittanbietern und Interoperabilität. Dieses wird durch ein Ökosystem von etablierten Betreibern und Innovatoren bereitgestellt. Eine offene Architektur ermöglicht es etablierten FIs, sich auf ihre Kernkompetenz zu spezialisieren und erstklassige Dienste von Drittanbietern einzubetten, indem sie universelle Plattformangebote für ihre Kunden bereitstellen.
Über eine Kernplattform können versorgungsähnliche Dienste von den etablierten Akteuren in grossem Umfang und effizient bereitgestellt werden, während gleichzeitig sichergestellt wird, dass die regulatorischen Anforderungen erfüllt werden. Gleichzeitig besteht einen inhärenten Wert in spezialisierter Technologie, Risikotransfer und Vertriebskapazitäten, die von Fintech-Startups bereitgestellt werden.
«Ursprünglich lag der Schwerpunkt auf Payments»
Die Kombination von operativer Umstrukturierung und technologischer Innovation treibt die strategische Roadmap der Branche voran. Open Finance ist das kommerzielle und regulatorische Gerüst, das den operationelle Blueprint definiert, indem verschiedene Serviceebenen in ein Customer Experience integriert werden. Der Rahmen wurde ursprünglich von den Open-Banking-Standards definiert, welche APIs verwenden, die es Drittentwicklern ermöglicht, Leistungen und Dienste rund um die etablierten Anbieter anzubieten.
Ursprünglich lag der Schwerpunkt auf Payments. Open-Source-Technologien spielen jedoch eine viel größere Rolle beim Aufbau eines universellen kommerziellen Angebots für Kredite, Investitionen und andere Finanzdienstleistungen. Open Finance integriert dabei alle erforderlichen Fähigkeiten in einen breiteren operationellen Rahmen, indem Standards und Best Practices festgelegt werden. Diese sind die zentrale Säule, die Innovation integrieren und den Wandel der Geschäftsmodelle der Finanzdienstbranche vorantreiben.
Jörg Rütschi ist Unternehmensberater mit einem Fokus auf Wachstum und die Transformation von Unternehmen durch neue Technologien. Seine Karriere umfasst Investmentbanking, Beratung und Technologie in Europa, den USA, dem Nahen Osten, Afrika und Asien. Als Investmentbanker bei Goldman Sachs leitete er mehrere Transformations-Mandate mit Finanzinstituten. Ausserdem war er bei Booz & Company sowie bei Strategy& tätig. Er ist der Gründer von Evolve Enterprise Solutions (EES), einer unabhängigen Plattform für operatives Risikokapital und privates Beteiligungskapital, die sich auf innovative Wertschöpfung spezialisiert hat. Als Chief Operating Officer leitete er den Aufbau von Cosaic, einem US Softwareunternehmen, mit den beiden Produkten ChartIQ (Datenvisualisierung) und Finsemble (Interoperabilitätsarme). Er hat einen Doktortitel in Finanzwissenschaften von der Universität Zürich und ist ausserdem Certified Turnaround Professional (CTP), Chartered Financial Analyst (CFA) und Financial Risk Manager (FRM). Sein Buch «Transforming Financial Institutions» erschien 2022 bei Wiley.
Bisherige Texte von: Rudi Bogni, Rolf Banz, Werner Vogt, Walter Wittmann, Alfred Mettler, Robert Holzach, Craig Murray, David Zollinger, Arthur Bolliger, Beat Kappeler, Chris Rowe, Stefan Gerlach, Marc Lussy, Nuno Fernandes, Richard Egger, Dieter Ruloff, Marco Bargel, Steve Hanke, Urs Schoettli, Maurice Pedergnana, Stefan Kreuzkamp, Oliver Bussmann, Michael Benz, Albert Steck, Martin Dahinden, Thomas Fedier, Alfred Mettler, Brigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Kim Iskyan, Stephen Dover, Denise Kenyon-Rouvinez, Christian Dreyer, Kinan Khadam-Al-Jame, Robert Hemmi, Anton Affentranger, Yves Mirabaud, Hans-Martin Kraus, Gérard Guerdat, Mario Bassi, Stephen Thariyan, Dan Steinbock, Rino Borini, Bert Flossbach, Michael Hasenstab, Guido Schilling, Werner E. Rutsch, Dorte Bech Vizard, Adriano B. Lucatelli, Maya Bhandari, Jean Tirole, Hans Jakob Roth, Marco Martinelli, Thomas Sutter, Tom King, Werner Peyer, Thomas Kupfer, Peter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Armin Jans, Nicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio Quirighetti, Claire Shaw, Peter Fanconi, Alex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro Occhilupo, Will Ballard, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul, Markus Winkler, Konrad Hummler, Thomas Steinemann, Christina Böck, Guillaume Compeyron, Miro Zivkovic, Alexander F. Wagner, Eric Heymann, Christoph Sax, Felix Brem, Jochen Möbert, Jacques-Aurélien Marcireau, Ursula Finsterwald, Michel Longhini, Stefan Blum, Nicolas Ramelet, Søren Bjønness, Gilles Prince, Shanu Hinduja, Salman Ahmed, Peter van der Welle, Ken Orchard, Christian Gast, Jürgen Braunstein, Jeffrey Vögeli, Fiona Frick, Stefan Schneider, Matthias Hunn, Andreas Vetsch, Mark Hawtin, Fabiana Fedeli, Kim Fournais, Carole Millet, Swetha Ramachandran, Thomas Stucki, Neil Shearing, Tom Naratil, Oliver Berger, Robert Sharps, Tobias Müller, Florian Wicki, Jean Keller, Niels Lan Doky, Karin M. Klossek, Johnny El Hachem, Judith Basad, Katharina Bart, Thorsten Polleit, Bernardo Brunschwiler, Peter Schmid, Karam Hinduja, Zsolt Kohalmi, Raphaël Surber, Santosh Brivio, Mark Urquhart, Olivier Kessler, Bruno Capone, Peter Hody, Florin Baeriswyl, Agniszka Walorska, Thomas Müller, Ebrahim Attarzadeh, Marcel Hostettler, Hui Zhang, Reto Jauch, Angela Agostini, Guy de Blonay, Tatjana Greil Castro, Jean-Baptiste Berthon, Dietrich Grönemeyer, Mobeen Tahir, Didier Saint-Georges, Serge Tabachnik, Vega Ibanez, David Folkerts-Landau, Andreas Ita, Michael Welti, Mihkel Vitsur, Roman Balzan, Todd Saligman, Christian Kälin, Stuart Dunbar, Carina Schaurte, Birte Orth-Freese, Gun Woo, Lamara von Albertini, Philip Adler, Ramon Vogt, Andrea Hoffmann, Niccolò Garzelli, Darren Williams, Benjamin Böhner, Mike Judith, Jared Cook, Henk Grootveld, Roman Gaus, Nicolas Faller, Anna Stünzi, Thomas Höhne-Sparborth, Fabrizio Pagani, Ralph Ebert, Guy de Blonay, Jan Boudewijns, Sean Hagerty, Alina Donets, Sébastien Galy, Roman von Ah, Fernando Fernández, Georg von Wyss, Beat Wittmann, Stefan Bannwart, Andreas Britt, Frédéric Leroux, Nick Platjouw, Rolando Grandi, Philipp Kaupke, Gérard Piasko, Brad Slingerlend, Dieter Wermuth, Grégoire Bordier, Thomas Signer, Brigitte Kaps, Gianluca Gerosa, Michael Bornhäusser, Christine Houston, Manuel Romera Robles, Fabian Käslin, Claudia Kraaz, Marco Huwiler, Lukas Zihlmann, Nadège Lesueur-Pène, Sherif Mamdouh, Harald Preissler, Taimur Hyat, Philipp Cottier, Andreas Herrmann, Camille Vial, Marcus Hüttinger, Ralph Ebert, Serge Beck, Alannah Beer, Stéphane Monier, Ashley Semmens, Lars Jaeger, Ha Duong, Claude Baumann, Andrew Isbester, Shanna Strauss-Frank, Teodoro Cocca, Bertrand Binggeli, Marionna Wegenstein, George Muzinich, Jian Shi Cortesi, Razan Nasser und Nicolas Forest.