Wenn die Zunahme von Fintechs ein Indiz dafür sei, dann seien die Konsumenten bereit, für zusätzliche Services zu zahlen, die ihren Bedürfnissen entsprechen würden, schreibt Roman Balzan in seinem Beitrag auf finews.first.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen


Der Übergang zu einer bargeldlosen Gesellschaft ist ein seit Jahrzehnten andauerndes Phänomen. Die Pandemie war ein Katalysator für diese Bewegung. Denn immer mehr Kunden verlassen sich auf mobile Zahlungen und Banklösungen. Es sieht danach aus, dass die Abhängigkeit von digitalen Bankdienstleistungen die Covid-19-Krise überdauern wird.

Daher werden traditionelle Bankanbieter und aufstrebende Fintechs ihre aktuellen digitalen Dienstleistungen überarbeiten oder neue Anwendungen entwickeln, um die sich verändernden Kundenbedürfnisse zu erfüllen. Die kommenden Jahre sehen für Lösungen vielversprechend aus, die auf einer Grundlage von künstlicher Intelligenz, cloudbasierten Plattformen sowie Daten- und Analysekompetenz bauen.

«Es geht um den ultimativen Wert, den die Kunden aus ihrer Erfahrung ziehen»

Es tauchen immer mehr Apps mit reibungslosen Onboarding-Prozessen, intuitiven Oberflächen und weniger Gebühren auf. Daher sollte sich die Branche daran erinnern, dass es bei der Verschiebung in Richtung Kundenzentrierung nicht nur um Technologie oder Transaktionen geht. Es geht um den ultimativen Wert, den die Kunden aus ihrer Erfahrung ziehen. Da die Kundenbedürfnisse in Zeiten grösserer Unsicherheit tendenziell nuancierter werden, eröffnen sich interessante Möglichkeiten, die Kundenbeziehungen zu erweitern und zu stärken.

Ein Abo-Modell wird es ihnen ermöglichen, massgeschneiderte Finanz-Concierge-Services, die normalerweise vermögenden Privatpersonen vorbehalten sind, einer grösseren Zahl von Konsumenten anzubieten. Wenn der Anstieg von Fintech-Startups und reinen Digitalbanken ein Indiz dafür ist, dann sind die Konsumenten bereit, für den Zugang zu zusätzlichen Dienstleistungen zu zahlen, die ihren Bedürfnissen entsprechen und ein ganzheitlicheres Erlebnis bieten.

«Daraus ergibt sich die Chance für Unternehmen, mutige, sichtbare Versprechen abzugeben»

Der globale Bewusstseinswandel in Richtung Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung und Gerechtigkeit erstreckt sich auch auf die Art und Weise, wie Kunden über Geld denken und die Rolle ihrer Bankpartner. Kunden erwarten, dass ihre Banken mehr als nur transaktionsorientierte Dienstleister sind. Daraus ergibt sich die Chance für Unternehmen, mutige, sichtbare Versprechen abzugeben, sich um die Bedürfnisse ihrer Communities zu kümmern und dem auch mutige Taten folgen zu lassen.

Eine grosse Herausforderung besteht darin, klare Parameter festzulegen, um positive Veränderungen zu messen und nachhaltiges Handeln zu gewährleisten. Das bedeutet auch, dass viele etablierte Akteure ihre internen Praktiken überdenken und zukunftsorientiertere Prozesse einführen müssen. Wenn Finanzdienstleister diese Hürden überwinden, können sie das Vertrauen einer wachsenden Basis von sozial bewussten Konsumenten gewinnen und ihre Marke zu langfristigem, nachhaltigem Erfolg führen.

«Wir können uns auf ein Jahrzehnt freuen, in dem sich die Finanzbranche bewusst auf Veränderungen einlässt»

Da die meisten Mitarbeiter in der Finanzbranche in den 2020er-Jahren zu einem grossen Teil von zu Hause aus arbeiten werden, überdenken immer mehr Unternehmen die Notwendigkeit, dass Mitarbeitende jemals wieder in physische Büroräume zurückkehren müssen. Während die Finanzbranche aufgrund von Sicherheitsbedenken eine Rückkehr zur alten Normalität bevorzugen könnte, denkt das Personal mit zusätzlichen Flexibilitäts- und Sicherheitsbedenken möglicherweise anders.

Immer mehr Angestellte stellen fest, dass ihre heimischen Internetverbindungen, VPNs und Homeoffice-Infrastrukturen die Arbeit erledigen können. So wird es an den Finanzdienstleistungsunternehmen liegen, das Arbeits-Ökosystem zu überdenken, um die Zusammenarbeit zu verbessern, technologische Einschränkungen zu lösen und eine ansprechende Umgebung zu schaffen. Diese soll die Mitarbeitenden unterstützen, die von zu Hause aus arbeiten – ebenso wie diejenigen, die ins Büro zurückkehren wollen.

Während diese Faktoren eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung des nächsten Jahrzehnts im Bank- und Finanzwesen spielen können, ist die Zukunft wie immer unvorhersehbar. Angesichts des sich ständig verändernden Weges, der vor uns liegt, können wir uns jedoch auf ein Jahrzehnt freuen, in dem sich die Finanzbranche bewusst auf Veränderungen einlässt.


Roman Balzan ist seit September 2020 Head Marketing, Brand & Communication bei der Schweizer Digitalbank Alpian. Er studierte an der Hochschule St. Gallen (HSG) und arbeitete in der Folge für Google, Mavin sowie zuletzt für das Silicon-Valley-Startup Lime.


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