Die Schweizer Banken befinden sich im Endspurt für die Umsetzung von «Basel III final» per 1. Januar 2025. Dabei handelt es sich um eine anspruchsvolle und kostspielige Angelegenheit, wie Andreas Ita in seinem Beitrag für finews.first feststellt. Aber sind die Banken auch darauf vorbereitet, dass sich dadurch die Spielregeln im inländischen Kreditmarkt verändern werden?
In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.
Bereits seit geraumer Zeit sind im Markt Preisanpassungen zu beobachten. Firmenkunden beschweren sich seit der Credit-Suisse-Übernahme durch die UBS über schlechtere Konditionen. Der Wegfall der CS ist aber nicht der einzige Grund. Auch «Basel III final» hat bereits jetzt Auswirkungen auf das Pricing von Krediten.
Grössere Banken wie die UBS, die Zürcher Kantonalbank (ZKB) oder Raiffeisen setzen zur Bestimmung ihrer regulatorischen Kapitalerfordernis eigene Kreditrisikomodelle ein. Die unter dem Internal Ratings-based (IRB) Ansatz verwendeten Modelle zur Berechnung der risikogewichteten Aktiven (RWA) müssen durch die Finma genehmigt werden. Im Vergleich zum Standard-Ansatz führt der IRB-Ansatz zu deutlich tieferen Kapitalanforderungen.
Bei erstklassigen Wohnbau-Hypotheken beträgt das Risikogewicht unter dem Standard-Ansatz momentan 35 Prozent. Die IRB-Modelle der erwähnten Banken führen jedoch für die besten Hypotheken zu einem durchschnittlichen Risikogewicht lediglich rund 5 Prozent. Die Kapitaleinsparung ist somit erheblich. Banken, die sich trotz hoher Kosten für den IRB-Ansatz entschieden, profitierten über Jahre von einem Wettbewerbsvorteil.
«Potenziell betroffen sind rund 25 Prozent des gesamten Hypothekarvolumens»
Mit «Basel III final» geht diese Kapitalersparnis weitgehendst verloren. Grund dafür ist der Output-Floor. Dieser legt bei der Verwendung von IRB-Modellen fest, dass die gesamten RWA einer Bank mindestens 72,5 Prozent der unter dem Standard-Ansatz berechneten RWA entsprechen müssen. Für UBS, ZKB und Raiffeisen bedeutet dies, dass ihre erstklassigen Wohnbauhypotheken ab dem 1. Januar 2025 faktisch ein Risikogewicht von 14,5 Prozent haben. Die Eigenmittelunterlegung erhöht sich dadurch um das Dreifache.
In einer kürzlich veröffentlichen Orbit36-Analyse kommen wir zum Schluss, dass «Basel III final» bei systemrelevanten IRB-Banken um bis zu 20 Basispunkte höhere Kosten für erstklassige Wohnbauhypotheken verursacht. Potenziell betroffen sind rund 25 Prozent des gesamten Hypothekarvolumens.
«Springen Regional- und Kantonalbanken in die Lücke?»
Bei Regional- und Kantonalbanken hängen die Auswirkungen von Basel III final davon ab, in welchen Geschäftsbereichen sie aktiv sind. Bei Instituten mit einem hohen Anteil an Renditeliegenschaften kann sich der Eigenmittelbedarf ab 2025 erhöhen. Für Institute, die hauptsächlich vom Eigentümer selbst bewohnte Liegenschaften mit tiefen Belehnungswerten finanzieren, dürfte Basel III final dagegen zu einer tieferen Eigenmittelerfordernis führen.
Die Risikogewichte reduzieren sich unter dem Standardansatz für solche Objekte deutlich, auf bis zu 20 Prozent. Dadurch verschwindet der bisherige Kapitalkosten-Nachteil der nicht-IRB Banken grösstenteils und es besteht wieder ein «even level playing field».
«Dies führt für die nicht-IRB Banken zu einen tieferen Eigenmittelbedarf»
Das Basel Framework stützt unter dem Standard-Ansatz bei Unternehmenskrediten stark auf externe Ratings ab. Solche sind jedoch oft nur für grössere Unternehmen verfügbar. Liegt kein Rating vor, kommt eine Default-Risikogewicht von 100 Prozent zur Anwendung. IRB-Banken verwenden dagegen ihre eigenen Modelle.
«Basel III final» erlaubt nun für KMU-Kredite ohne Rating ein tieferes Default-Risikogewicht von 85 Prozent. Dies führt für die nicht-IRB Banken zu einen tieferen Eigenmittelbedarf. Für IRB-Banken kommt dagegen erneut der Output-Floor ins Spiel. Angewandt auf die KMU-Kredite führt er zu einem faktischen Risikogewicht von 61,6 Prozent (72,5 Prozent von 85 Prozent).
«Das Thema ist für die Banken von strategischer Bedeutung und gehört in den Verwaltungsrat»
Er dürfte daher für die meisten Kredite mit guten internen Ratings bindend sein. Unsere Analyse schätzt, dass sich der Output-Floor auf KMU-Kredite ohne Rating mit bis zu 65 Basispunkten auswirkt. Im Markt sind auch bereits Repricings in dieser Grössenordnung zu beobachten.
Basel III final verändert die Wettbewerbssituation im inländischen Kreditmarkt grundlegend. Für Banken ist es wichtig, ihre Pricing-Methodik im Kreditgeschäft anzupassen. Wer seine Kredite nicht richtig kalkuliert, verpasst mögliche Chancen und setzt sich dem Risiko aus, am Ende des Tages die falschen Kredite auf der Bilanz zu haben. Das Thema ist deshalb für die Banken von strategischer Bedeutung und gehört in den Verwaltungsrat.
Andreas Ita ist Mitgründer und Managing Partner von Orbit36, einem Beratungsunternehmen, das Banken und andere Finanzinstitute in den Bereichen strategische Planung, Treasury, Risiko- und Kapitalmanagement unterstützt. Der Schweizer Banker begann seine Karriere im Handel mit Aktienderivaten und arbeitete 22 Jahre lang bei UBS. Bis Mitte 2019 war er Leiter der Abteilung für wirtschaftliche Gesamtleistung und Kapitaloptimierung der Schweizer Bank. Er ist Mitglied eines Bankverwaltungsrats und promovierte in Banking und Finance an der Universität Zürich.
Bisherige Texte von: Rudi Bogni, Rolf Banz, Werner Vogt, Walter Wittmann, Alfred Mettler, Robert Holzach, Craig Murray, David Zollinger, Arthur Bolliger, Beat Kappeler, Chris Rowe, Stefan Gerlach, Nuno Fernandes, Richard Egger, Dieter Ruloff, Marco Bargel, Steve Hanke, Urs Schoettli, Maurice Pedergnana, Stefan Kreuzkamp, Oliver Bussmann, Michael Benz, Albert Steck, Martin Dahinden, Thomas Fedier, Alfred Mettler, Brigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Kim Iskyan, Stephen Dover, Denise Kenyon-Rouvinez, Christian Dreyer, Kinan Khadam-Al-Jame, Robert Hemmi, Anton Affentranger, Yves Mirabaud, Hans-Martin Kraus, Gérard Guerdat, Mario Bassi, Stephen Thariyan, Dan Steinbock, Rino Borini, Bert Flossbach, Michael Hasenstab, Guido Schilling, Werner E. Rutsch, Dorte Bech Vizard, Maya Bhandari, Jean Tirole, Hans Jakob Roth, Marco Martinelli, Thomas Sutter, Tom King, Werner Peyer, Thomas Kupfer, Peter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Armin Jans, Nicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio Quirighetti, Claire Shaw, Peter Fanconi, Alex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro Occhilupo, Will Ballard, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul, Markus Winkler, Thomas Steinemann, Christina Böck, Guillaume Compeyron, Miro Zivkovic, Alexander F. Wagner, Eric Heymann, Christoph Sax, Felix Brem, Jochen Möbert, Jacques-Aurélien Marcireau, Ursula Finsterwald, Michel Longhini, Stefan Blum, Nicolas Ramelet, Søren Bjønness, Gilles Prince, Shanu Hinduja, Salman Ahmed, Peter van der Welle, Ken Orchard, Christian Gast, Jürgen Braunstein, Jeffrey Vögeli, Fiona Frick, Stefan Schneider, Matthias Hunn, Andreas Vetsch, Mark Hawtin, Fabiana Fedeli, Kim Fournais, Carole Millet, Swetha Ramachandran, Thomas Stucki, Neil Shearing, Tom Naratil, Oliver Berger, Robert Sharps, Tobias Müller, Florian Wicki, Jean Keller, Niels Lan Doky, Johnny El Hachem, Judith Basad, Katharina Bart, Thorsten Polleit, Peter Schmid, Karam Hinduja, Zsolt Kohalmi, Raphaël Surber, Santosh Brivio, Mark Urquhart, Olivier Kessler, Bruno Capone, Peter Hody, Agniszka Walorska, Thomas Müller, Ebrahim Attarzadeh, Marcel Hostettler, Hui Zhang, Angela Agostini, Guy de Blonay, Tatjana Greil Castro, Jean-Baptiste Berthon, Dietrich Grönemeyer, Mobeen Tahir, Didier Saint-Georges, Serge Tabachnik, Vega Ibanez, David Folkerts-Landau, Andreas Ita, Michael Welti, Mihkel Vitsur, Roman Balzan, Todd Saligman, Stuart Dunbar, Carina Schaurte, Birte Orth-Freese, Gun Woo, Lamara von Albertini, Ramon Vogt, Andrea Hoffmann, Niccolò Garzelli, Darren Williams, Benjamin Böhner, Mike Judith, Jared Cook, Henk Grootveld, Roman Gaus, Nicolas Faller, Anna Stünzi, Thomas Höhne-Sparborth, Fabrizio Pagani, Guy de Blonay, Jan Boudewijns, Sean Hagerty, Alina Donets, Sébastien Galy, Roman von Ah, Fernando Fernández, Georg von Wyss, Stefan Bannwart, Andreas Britt, Frédéric Leroux, Nick Platjouw, Rolando Grandi, Philipp Kaupke, Gérard Piasko, Brad Slingerlend, Dieter Wermuth, Grégoire Bordier, Gianluca Gerosa, Michael Bornhäusser, Christine Houston, Manuel Romera Robles, Fabian Käslin, Claudia Kraaz, Marco Huwiler, Lukas Zihlmann, Sherif Mamdouh, Harald Preissler, Taimur Hyat, Philipp Cottier, Andreas Herrmann, Camille Vial, Marcus Hüttinger, Serge Beck, Alannah Beer, Stéphane Monier, Ashley Semmens, Lars Jaeger, Shanna Strauss-Frank, Bertrand Binggeli, Marionna Wegenstein, George Muzinich, Jian Shi Cortesi, Razan Nasser, Nicolas Forest, Jörg Rütschi, Reto Jauch, Bernardo Brunschwiler, Charles-Henry Monchau, Nicolas Ramelet, Ha Duong, Teodoro Cocca, Jan Brzezek, Nicolas Mousset, Beat Weiss, Pascal Mischler, Andrew Isbester, Konrad Hummler, Jan Beckers, Martin Velten, Katharine Neiss, Claude Baumann, Daniel Roarty, Kubilaqy Yalcin, Robert Almeida, Karin M. Klossek, Marc Taverner, Charlie T. Munger, Daniel Kobler, Patrick Stauber, Anna Rosenberg, Judith Wallenstein, Adriano Lucatelli, Daniel Goleman, Val Olson, Brice Prunas, Frances Weir, Luis Maldonado, Francesco Magistra, Nadège Lesueur-Pène, Massimo Pedrazzini, Eric Sarasin, Dina Ting, Christopher Gannatti, Shaniel Ramjee, Mihkel Vitsur, Nannette Hechler-Fayd'herbe, Ralph Ebert, Mark Denham, Francesco Mandalà, Mariolina Esposito, Maryann Umoren Selfe, Dominique Gerster, Christian Kälin, Nadège Dufossé, Benjamin Melman, Brigitte Kaps, Florin Baeriswyl, Marc Reinhardt, Thomas Holderegger, Beat Wittmann, Bruno Cavalier, Gary Burnison, Louise Curran, Adrian Cox, Philip Adler, Serge Fehr, Marc Lussy, Axel Brosey, Colin Vidal, Vivien Jain, Ralf Zellweger, Maria Vassalou, Nico Fiore, Gary Burnison, Thomas Signer und Brigitte Kaps.