Finance Circle: Warum Traditionsbanken so stark auf Krypto setzen

Das Thema Kryptowährungen und deren Integration in traditionelle Banken-Geschäftsmodelle zieht enormes Interesse auf sich. So fanden sich vor wenigen Tagen knapp 300 Teilnehmende zu einem Anlass in einem vollen Vorlesungssaal in Zürich ein.

Vor einem grossen Publikum am jüngsten Finance-Circle-Event befassten sich Marcus Wunsch, Dozent der ZAHW/SML, Stephan A. Zwahlen, CEO der Privatbank Maerki Baumann, und Alexandra Scriba, Head Institutional Clients & Multinationals bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB), mit den aktuellen Entwicklungen im Bereich Kryptowährungen.

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Marcus Wunsch, Dozent der ZHAW/SML (Bild: zvg)

Marcus Wunsch erklärte, wie sich Liquiditätsbereitsteller:innen auf dezentralen Börsen wirksam gegen Marktschwankungen absichern und die Bereitstellung von Liquidität somit als eigenständige Einkommensstrategie nutzen können. Darüber hinaus zeigte er, dass dezentrale Handelsplätze die Möglichkeit bieten, Portfolios automatisiert zu verwalten, ohne auf die Verwahrung durch Banken oder andere Finanzintermediäre angewiesen zu sein.

Zürcher Privatbank als Krypto-Pionierin

Ein bemerkenswertes Praxisbeispiel lieferte Stephan Zwahlen, der den schrittweisen Aufbau der Bank als Krypto-Pionierin seit 2019 skizzierte. Angefangen bei Geschäftskonten für Blockchain-Unternehmer, über den Ausbau des Anlageuniversums auf mittlerweile über 25 Kryptowährungen, bis hin zur Bereitstellung von Mandatslösungen, verfolgte Maerki Baumann eine klare und konsequente Strategie.

Vorläufiger Höhepunkt dieser langfristigen Ausrichtung war die Lancierung der hauseigenen Krypto-Marke ARCHIP im vergangenen Jahr. Diese Innovation erforderte intensive Vorarbeiten, trug jedoch Früchte: Die Kundenbasis der Bank liess sich im Durchschnitt um zwölf Jahre verjüngen, und es konnten dank der geschickten Besetzung dieser Nische über 500 Firmen als Neukunden gewonnen werden.

Strikte Compliance-Vorschriften

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Stephan Zwahlen, CEO der Privatbank Maerki Baumann (Bild: zvg)

Die Aufnahme von Kryptowährungen erwies sich als gelungene Strategie, um gezielt die nächste Generation anzusprechen und Neukunden zu gewinnen, insbesondere jene, die frühzeitig in Bitcoin investierten und nun vermehrt auch in traditionelle Anlageklassen investieren möchten, um ihr Portfolio zu diversifizieren.

Um diesen Kunden den Übergang von Krypto in die «Fiat-Welt» (traditionelles Finanzsystem) zu ermöglichen, müssen jedoch strikte Compliance-Vorschriften eingehalten werden, wie Zwahlen betonte.

Grünes Licht von der Finma

Alexandra Scriba zeigte im Rahmen eines Praxisberichts auf, wie die ZKB Kryptowährungen in ihre Digital-Assets-Strategie integriert. Seit mehreren Jahren beschäftigt sich das Zürcher Staatsinstitut mit der «Distributed Ledger Technologie» und treibt im Rahmen des Projekts «Digital Asset Hub» sowohl Infrastrukturentwicklungen wie auch Services rund um Kryptowährungen voran.

Anfang 2024 erhielt die ZKB von der Finma die Genehmigung, sowohl ein B2C wie auch ein B2B Serviceangebot für Kryptowährungen zu lancieren. Seit vergangenem September sind die Angebote live und ermöglichen Kundinnen und Kunden der ZKB wie auch Drittbanken den Handel sowie die Verwahrung von Bitcoin und Ether.

Klare Grundvoraussetzungen

Eine Erweiterung um weitere Kryptowährungen ist gemäss Scriba möglich, dabei würden aber klare Grundvoraussetzungen gelten: Robustheit, ausreichende Marktgrösse und langfristige Stabilität.

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Die Diskussionsteilnehmenden mit Moderator Mark Dittli (ganz rechts; Bild: zvg)

In der Podiumsdiskussion waren sich die Experten einig, dass sowohl private als auch institutionelle Anleger, die bisher nur in traditionellen Anlageklassen investiert waren, nach wie vor zurückhaltend sind gegenüber Kryptowährungen, das Interesse jedoch stetig wächst.

Breite Anerkennung

Hinsichtlich der Frage, ob institutionelle Anleger angesichts des fehlenden intrinsischen Wertes in Krypto investieren sollten, herrschte ebenfalls Konsens: Zum einen sei es aus Portfoliosicht sinnvoll, Assets einzubinden, die potenziell eine signifikante Mehrrendite ermöglichen, ohne das Risiko erheblich zu erhöhen, zum anderen wurde hierzu die Schweizer 1000-Franken-Note vergleichend erwähnt: Ihr Wert basiert letztlich auf Vertrauen – ähnlich verhält es sich mit Bitcoin, dessen Wert durch einen kollektiven Konsens und eine dezentrale Struktur entsteht.

Das dezentrale Prinzip von Bitcoin findet gerade in der Schweiz, deren politisches System ebenfalls föderal und dezentral organisiert ist, breite Anerkennung und Vertrauen. Letztlich muss sich jedoch jeder Anleger selbst entscheiden, welchem System und welchem Wert er vertraut.


  • Der nächste Finance Circle findet am Montag, dem 16. Juni 2025 ab 18 Uhr online statt und beschäftigt sich mit der Frage: «Was bedeutet Trump für die Schweizer Wirtschaft und die Finanzmärkte?»