In einer von Unsicherheit geprägten Welt denken mehr und mehr Privatbank-Kunden über eine Umsiedlung oder eine Zweitresidenz im Ausland nach. Die jüngst weltweit verschärfte geopolitische Situation hat diese Entwicklung noch verstärkt, schreibt Bertrand Binggeli in seinem Beitrag auf finews.first.
In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.
Neben dem Wunsch, Risiken zu vermeiden, die Leben und Vermögen gefährden könnten, haben manche Menschen noch andere Gründe, einen Umzug ins Ausland zu erwägen – etwa eine neue Arbeitsstelle, die Expansion der eigenen Firma, familiäre Gründe oder die Suche nach besseren medizinischen Einrichtungen. Gewisse Kundinnen und Kunden haben auch die internationale Mobilität zu ihrem Lifestyle erhoben.
Viele europäische Länder – Griechenland, Italien, Malta, Portugal, Spanien – und in anderen Regionen Israel, Singapur, Thailand oder die Vereinigten Arabischen Emirate – haben die Vorteile erkannt, wenn sich vermögende (High-Net-Worth-)Familien in ihrem Land niederlassen.
«Grenzüberschreitende Richtlinien dürfen nicht auf die leichte Schulter genommen werden»
Dementsprechend bemühen sie sich, ihnen vorteilhafte Bedingungen zu bieten, die sich grob in drei Kategorien unterteilen lassen, und die mit unterschiedlichen Vorteilen einhergehen: das «Golden Visa», das mit einem Einreise- und Aufenthaltsrecht verbunden ist; die «Residence by investment» (RBI), bei der die Verlegung von Wohnsitz und steuerlichem Domizil gegen Investitionen im Land gewährt wird, und die «Citizenship by investment» (CBI), bei der eine Immobilienanlage oder eine Spende an Wohltätigkeitsorganisationen mit einem Pass «belohnt» wird.
So attraktiv solche Programme auch scheinen mögen, grenzüberschreitende Richtlinien dürfen nicht auf die leichte Schulter genommen werden, da sie mit vielen rechtlichen und steuerlichen Folgen behaftet sind. Vor einer endgültigen Entscheidung ist daher eine ausführliche Analyse durchzuführen. Jeder Aspekt sollte nicht nur aus rechtlicher und steuerlicher Perspektive, sondern auch im Hinblick auf seine Vereinbarkeit mit der Situation und den Zielen der gesamten Familie erwogen werden.
«Jedes Land schreibt eigene, spezifische Bedingungen vor»
Die Anforderungen sind komplex, und da jedes Land für das jeweilige Programm eigene, spezifische Bedingungen vorschreibt, ist die Prioritätensetzung ein wichtiger Schritt, um potenzielle Probleme, die zu einem späteren Zeitpunkt schwer lösbar sein könnten, von vorneherein auszuschliessen.
In diesen Fällen ist der persönliche Kundenberater der Bank der natürliche Partner, dem die zentrale Rolle zufällt, die Durchführbarkeit des Vorhabens zu erörtern, und seine Kundinnen und Kunden zu beraten. Dabei gilt es, in enger Zusammenarbeit, den Güterstand der Ehepartner und ihren Nachlassplan durchzuleuchten und herauszufinden, ob und welche potenziellen Steuersenkungen das Zielland bieten könnte.
Auch ist dabei die Einschätzung des bankeigenen Vermögensplanungs-Teams von grundlegender Bedeutung, da diese Experten dank ihres Know-hows einen Überblick haben und gewährleisten können, dass kein Aspekt vernachlässigt wird.
«In gewissen Fällen wird nach einer Ausstiegsstrategie gesucht»
Entgegen der gängigen Meinung steht das Steuersystem eines Landes nicht an erster Stelle der Faktoren, die es zu berücksichtigen gilt. Sicherheit, geopolitische Stabilität, Gesundheitsversorgung, Sprache, Wohnsituation und Zugang zu öffentlichen Einrichtungen und Schulen sowie Lebenshaltungskosten und Lebensqualität sind als sehr wichtig einzustufen – steuerliche und rechtliche Bestimmungen sind nachrangiger.
Allerdings darf nicht vergessen gehen, dass man beim Aufbau einer Residenz im Ausland nicht zwangsläufig sein Wohnsitzland verlassen muss. Statt nach einem neuen Zuhause in einem anderen Land, wird in gewissen Fällen nach einer Ausstiegsstrategie gesucht, falls es im eigenen Land zu politischen und sozialen Umwälzungen kommt. In einem solchen Fall werden das Betreiben eines Zweitwohnsitzes und die steuerlichen Folgen sowie der Zugang zum Wohnmarkt zu zentralen Kriterien.
«Grösse und Reichweite einer Bank sind ausschlaggebende Faktoren»
Ein weiterer wichtiger Aspekt, ist die Frage, ob es sich lohnt, Vermögenswerte in einem anderen als seinem Wohnsitzland zu halten. Lebt eine Familie in der Schweiz, so macht es angesichts des Rechts- und Steuersystems sowie der Datenvertraulichkeit Sinn, sein gesamtes Vermögen in der Schweiz zu lassen. Bei Ländern wie Grossbritannien, Israel oder Thailand könnte sich die Wahl als schwieriger erweisen.
Da international tätige Kunden oft eine zunehmend komplexere, auf mehrere Länder verteilte Vermögenssituation aufweisen, gehören die Grösse und Reichweite einer Bank zu den ausschlaggebenden Faktoren. Dies ist umso wichtiger, weil inländische Regulierungsbehörden es Banken nur erlauben, im Namen ihrer Kunden zu handeln, wenn das Finanzinstitut selbst ein gewisses Mass an technischen, operativen und rechtlichen Kenntnissen vorweisen kann.
«Alles in Allem sind sowohl grosse Investitionen als auch Agilität gefragt»
Für den Vermögensverwalter bringt die Betreuung von zunehmend mobilen Kunden eine Festigung der Kundenbeziehung mit sich. Auch gibt sie ihm Einblick in die künftigen Etappen der Lebens- und letztlich der Nachlassplanung des Kunden, um das Vermögen der nächsten Generation zu übergeben.
Diese Art von Service erfordert eine solide Expertise, die wiederum eine heute strategische Eigenschaft für die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzsektors ist. Um Kunden einen professionellen Umsiedlungsservice zu bieten, bedarf es neben rechtlichem und steuerlichem Know-how auch ein IT-System und eine Betriebsorganisation auf dem neusten Stand der Technologie.
Alles in Allem sind sowohl grosse Investitionen als auch Agilität gefragt, eine Kombination von Eigenschaften, die nur wenige Vermögensplanungs-Akteure bieten können.
Bertrand Binggeli ist Group Co-Head of Wealth Planning bei der in Genf ansässigen Union Bancaire Privée (UBP). Er stiess im Dezember 2011 zum Unternehmen. Zuvor war er mehr als zehn Jahre für die ABN Amro Bank (Schweiz) in Genf als Director International Estate Planning tätig.
Bisherige Texte von: Rudi Bogni, Rolf Banz, Werner Vogt, Walter Wittmann, Alfred Mettler, Robert Holzach, Craig Murray, David Zollinger, Arthur Bolliger, Beat Kappeler, Chris Rowe, Stefan Gerlach, Marc Lussy, Nuno Fernandes, Richard Egger, Dieter Ruloff, Marco Bargel, Steve Hanke, Urs Schoettli, Maurice Pedergnana, Stefan Kreuzkamp, Oliver Bussmann, Michael Benz, Albert Steck, Martin Dahinden, Thomas Fedier, Alfred Mettler, Brigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Kim Iskyan, Stephen Dover, Denise Kenyon-Rouvinez, Christian Dreyer, Kinan Khadam-Al-Jame, Robert Hemmi, Anton Affentranger, Yves Mirabaud, Hans-Martin Kraus, Gérard Guerdat, Mario Bassi, Stephen Thariyan, Dan Steinbock, Rino Borini, Bert Flossbach, Michael Hasenstab, Guido Schilling, Werner E. Rutsch, Dorte Bech Vizard, Adriano B. Lucatelli, Maya Bhandari, Jean Tirole, Hans Jakob Roth, Marco Martinelli, Thomas Sutter, Tom King, Werner Peyer, Thomas Kupfer, Peter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Marionna Wegenstein, Armin Jans, Nicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio Quirighetti, Claire Shaw, Peter Fanconi, Alex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro Occhilupo, Will Ballard, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul, Markus Winkler, Konrad Hummler, Thomas Steinemann, Christina Böck, Guillaume Compeyron, Miro Zivkovic, Alexander F. Wagner, Eric Heymann, Christoph Sax, Felix Brem, Jochen Möbert, Jacques-Aurélien Marcireau, Ursula Finsterwald, Michel Longhini, Stefan Blum, Nicolas Ramelet, Søren Bjønness, Gilles Prince, Shanu Hinduja, Salman Ahmed, Peter van der Welle, Ken Orchard, Christian Gast, Jürgen Braunstein, Jeffrey Vögeli, Fiona Frick, Stefan Schneider, Matthias Hunn, Andreas Vetsch, Mark Hawtin, Fabiana Fedeli, Marionna Wegenstein, Kim Fournais, Carole Millet, Swetha Ramachandran, Thomas Stucki, Neil Shearing, Tom Naratil, Oliver Berger, Robert Sharps, Tobias Müller, Florian Wicki, Jean Keller, Niels Lan Doky, Karin M. Klossek, Johnny El Hachem, Judith Basad, Katharina Bart, Thorsten Polleit, Bernardo Brunschwiler, Peter Schmid, Karam Hinduja, Zsolt Kohalmi, Raphaël Surber, Santosh Brivio, Mark Urquhart, Olivier Kessler, Bruno Capone, Peter Hody, Florin Baeriswyl, Agniszka Walorska, Thomas Müller, Ebrahim Attarzadeh, Marcel Hostettler, Hui Zhang, Reto Jauch, Angela Agostini, Guy de Blonay, Tatjana Greil Castro, Jean-Baptiste Berthon, Dietrich Grönemeyer, Mobeen Tahir, Didier Saint-Georges, Serge Tabachnik, Vega Ibanez, David Folkerts-Landau, Andreas Ita, Michael Welti, Mihkel Vitsur, Roman Balzan, Todd Saligman, Christian Kälin, Stuart Dunbar, Carina Schaurte, Birte Orth-Freese, Gun Woo, Lamara von Albertini, Philip Adler, Ramon Vogt, Andrea Hoffmann, Niccolò Garzelli, Darren Williams, Benjamin Böhner, Mike Judith, Jared Cook, Henk Grootveld, Roman Gaus, Nicolas Faller, Anna Stünzi, Thomas Höhne-Sparborth, Fabrizio Pagani, Ralph Ebert, Guy de Blonay, Jan Boudewijns, Sean Hagerty, Alina Donets, Sébastien Galy, Roman von Ah, Fernando Fernández, Georg von Wyss, Beat Wittmann, Stefan Bannwart, Andreas Britt, Frédéric Leroux, Nick Platjouw, Rolando Grandi, Philipp Kaupke, Gérard Piasko, Brad Slingerlend, Dieter Wermuth, Grégoire Bordier, Thomas Signer, Brigitte Kaps, Gianluca Gerosa, Michael Bornhäusser, Christine Houston, Manuel Romera Robles, Fabian Käslin, Claudia Kraaz, Marco Huwiler, Lukas Zihlmann, Nadège Lesueur-Pène, Sherif Mamdouh, Harald Preissler, Taimur Hyat, Philipp Cottier, Andreas Herrmann, Camille Vial, Marcus Hüttinger, Ralph Ebert, Serge Beck, Alannah Beer, Stéphane Monier, Ashley Semmens, Lars Jaeger, Ha Duong, Claude Baumann, Andrew Isbester, Shanna Strauss-Frank und Teodoro Cocca.