Die fortschreitende Digitalisierung in der Finanzwelt hat in diesem Jahr nicht nur Bitcoin in ungeahnte Höhen katapultiert, sondern auch das Arbeitsumfeld stark beeinflusst. Das Personalwesen ist umso mehr gefordert. Hier sind fünf Trends, mit denen sich die HR-Abteilungen der Banken 2025 auseinandersetzen sollten.  

Kaum ein anderes Thema hat die Finanzbranche in diesem Jahr mehr geprägt als der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI – Artificial Intelligence, AI). Unter diesen Prämissen haben namhafte Banken wie Morgan Stanley, die Bank of Montreal (BMO) oder die Lloyds Banking Group die Funktion eines «Group Head of AI» eingeführt. Ein Trend, der sich im nächsten Jahr fortsetzen und vor allem auch noch verfeinern wird, wie Talentspäher Chris Rowe (Bild oben) im Gespräch mit finews.ch erklärt.

Neben der KI gibt es noch eine ganze Reihe von weiteren Entwicklungen in der Finanzbranche, die 2025 einen grossen Einfluss auf das Personalwesen und im Besonderen auf die Nachfrage nach Kaderleuten haben werden. Hier sind fünf Trends.

1. Trend: Der Künstlichen Intelligenz Leitplanken setzen

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(Bild: Shutterstock)

Chris Rowe, Mitgründer der in London und Zürich ansässigen Execeutive-Search-Firma Pltfrm, geht davon aus, dass es 2025 vor allem in den Bereichen Risiko, Recht und Compliance noch mehr KI-Fachleute brauchen wird.

«Ähnlich wie beim Mandat des Chief Data Officer (CDO) wird ein grosser Teil der Arbeit von KI-Heads mit Governance zu tun haben, also mit der Bereitstellung der Leitplanken, um sicherzustellen, dass KI auf ethische und gesetzeskonforme Weise eingesetzt wird und nicht zu einem führerlosen Zug wird», sagt er im Gespräch weiter.

  • Fazit: KI wird anspruchsvoller benutzt

Daten werden auch in Zukunft auf Ebene der CDOs aggressiv rekrutiert, da die Unternehmen eine «Single Source of Truth» (SSOT) bei den Kundendaten anstreben. Doch das wiederum wird die Anforderungen an die KI-Verantwortlichen sowie an den Einsatz von Daten massgeblich erhöhen respektive anspruchsvoller werden lassen.

2. Trend: Alle wollen Private Credits

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Canary Wharf, London (Bild: Shutterstock)

Noch cooler als Private Equity war 2024 bloss noch Private Credit, also hochmargige Kredite, die nicht von Banken vergeben werden. Tatsächlich ist es nicht schwierig, die Faszination eines Geschäfts zu verstehen, dessen Volumen sich seit 2007 verzehnfacht hat.

Private Credits wurden 2024 zudem durch eine weniger strenge Regulierung als in der Finanzbranche sonst üblich begünstigt. Das hat dazu geführt, dass zuvor unbekannte alternative Investmentmanager aufgrund ihres Erfolgs in den Mainstream rückten – zum Beispiel die Firma Apollo, die sogar in den S&P 500 aufgenommen, oder HPS, die von Blackrock übernommen wurde.

«Die Nachfrage nach erfahrenen Leuten, die diese Deals nicht nur auflegen, sondern auch überwachen, abrechnen und das Risikomanagement übernehmen können, wird 2025 sprunghaft ansteigen», ist Rowe überzeugt, «zumal in absehbarer Zeit noch zahlreiche Vermögensverwalter in dieses Geschäft einsteigen wollen. Denn so hoffen sie, dem Margenzerfall in traditionellen Sparten begegnen zu können.»

  • Fazit: Bloss nicht zu spät kommen

Angesichts des derzeitigen Booms fragen sich allerdings immer mehr Akteure, ob Private Credit wirklich ein Geschenk des Himmels ist, oder ob der Markt vor einer grösseren Korrektur stehen könnte. Es ist durchaus möglich, dass jene Experten, die zu spät zur Party gelangen, die ersten sein werden, die den Markt verlassen müssen – sollte die Musik 2025 aufhören zu spielen.

3. Trend: Das Büro schlägt zurück

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(Bild: Kate Sade, Unsplash)

Der Online-Händler Amazon war 2024 vielleicht das bekannteste Beispiel für ein Unternehmen, das seine Mitarbeitenden massenweise wieder zurück ins Büro beordert hat. Aber mittlerweile ist klar, dass auch andere Grossunternehmen daran sind, die hybride Arbeit zugunsten der Büropräsenz einzuschränken.

Vieles deutet darauf hin, dass die Firmen 2025 von «3&2» (3 Tage im Büro) zu «4&1» wechseln werden. «Es ist ebenso klar, dass die «Telearbeit» das Misstrauen auf beiden Seiten der Kluft zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern fördert», sagt Rowe und sieht kein baldiges Ende dieser Debatte.

  • Fazit: Mittleres Kader will hybride Modelle

Die Gestaltung der Bürozeit wird sich künftig wie eine «umgekehrte Glockenkurve», präsentieren: Die jüngsten und die ältesten Mitarbeiter (ungeachtet der Reisetätigkeit) werden am Arbeitsplatz im Büro am sichtbarsten sein, während das mittlere Kader umso mehr von den Hybrid-Modellen profitieren wird.

4. Trend: Sicherheit wieder zuoberst

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(Bild: Shutterstock)

Der Superzyklus bei der Rekrutierung von Chief Information Security Officers (CISO), der ungefähr 2010 begann, hat sich in den vergangenen Jahren deutlich abgekühlt. Das könnte sich 2025 ändern, und zwar mit der Kreation von Chief Security Officers (CSO).

Während die beiden Funktionen in einigen Organisationen ineinander verwoben sind, hatte der CSO als Einzelperson in der Vergangenheit ein geringeres Profil als der CISO. Denn der CSO behandelte weniger glamouröse Themen wie die physische Sicherheit von Gebäuden, Reisen und Veranstaltungen, einschliesslich des Personenschutzes für Führungskräfte.

«In jüngster Zeit hat das Profil des CSO einen zusätzlichen digitalen Aspekt erhalten», stellt Rowe fest. «Jeder, der in einem modernen, «vernetzten» Gebäude arbeitet, wird bestätigen, dass allein schon das Anpassen der Raumtemperatur heutzutage einer komplexen «Mission Control»-Übung gleicht.

  • Fazit: Der CSO steigt auf in der Hackordnung

Angesichts der jüngsten tragischen Ereignisse in Zusammenhang mit dem CEO von United Healthcare, Brian Thompson, wird die Rolle des CSO sicherlich in den Köpfen von Verwaltungsräten und CEOs im nächsten Jahr einen wesentlich höheren Stellenwert geniessen.

5. Productization: Das neue Agile

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(Image created by ChatGPT)

Der Einfluss des Silicon Valley auf die Geschäftswelt ist enorm – er reicht von Smartphones über Suchmaschinen bis hin zu Schlafkapseln. «Seien Sie nicht überrascht, wenn Sie nächstes Jahr von Kolleginnen und Kollegen den Begriff der «Productization» vernehmen», sagt Rowe. Was ist damit gemeint?

Kurz gesagt geht es darum, «Produkte und Dienstleistungen» so zu definieren, dass man sie auch intern entsprechend anbieten und einpreisen kann. Genauso, wie man es nach aussen macht. Das hat zum Ziel, die internen Prozesse zu verfeinern und zu beschleunigen. Beispiele: Das interne «Produkt» der Personalabteilung ist die Beschäftigung, und dasjenige des Finanzchefs sind die Finanzinformationen.

  • Fazit: Der «Fordismus» vor dem Comeback

«Man sagt, dass es in der Musik und in der Wirtschaft keine wirklich neuen Ideen gibt, und aufmerksame Leserinnen und Leser werden in der obigen Beschreibung Elemente von Lean, Design Thinking und Agile entdecken», erklärt Rowe. Er sieht darin auch Parallelen zum «Fordismus», also der industriellen (Waren-)Produktion, wie sie nach dem ersten Weltkrieg in den USA entwickelt und nach der Weltwirtschaftskrise von 1929 etabliert wurde. Einiges deutet darauf hin, dass sich dieses Phänomen in unserer Dienstleistungsgesellschaft wieder breitmachen wird.


Die in Zürich und London ansässige Firma Pltfrm ist eine technologieorientierte Personalberatung, die Chris Rowe (Bild links) 2023 zusammen mit dem ehemaligen Global Head of Recruiting der UBS, Will Lahaise (Bild rechts), gegründet hat. Sie ist auf die Besetzung von Führungspositionen auf C-Level für Kundinnen und Kunden aus den Bereichen Finanzdienstleistungen und Technologie spezialisiert. Rowe ist in Zürich ansässig und verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung im Bereich «Executive Search».