Das Asset Management in der Schweiz hat sich stark verändert. Von einem eher traditionellen, bankenorientierten Markt habe es sich zu einem dynamischen, technologisch fortgeschrittenen und international vernetzten Sektor entwickelt, ist Karsten-Dirk Steffens, der Chef von Abrdn Investments Switzerland überzeugt.
In einem Porträt heisst es über Sie, sie sammeln Gitarren und eiferten in einer Hardrock Band Metallica nach. Bis zum Länderchef von abrdn ist das ein langer Weg. Welche Abzweigungen haben Sie in Richtung Asset Management genommen?
Die Musik hat mich Zeit meines Lebens in allen Facetten fasziniert und bis zum heutigen Tag nicht losgelassen. Besonders die drei Jahre in London haben mich diesbezüglich sehr geprägt. Während ich in dieser Zeit die wesentlichen Fundamente für meine heutige Karriere im Asset Management beruflich festigen konnte, war die Zeit auch musikalisch eine Herausforderung, zumal wegen der vielen Bands, in denen ich spielen konnte. Die Herausforderung auf der anderen, der beruflichen Seite, die mich schon immer gereizt hat, ist es, einen «foreign brand» in der Schweiz inhaltlich sowie exklusiv zu platzieren und aufzubauen. Während meines ganzen Werdeganges haben mich die Parallelen zwischen Musik und Beruf immer fasziniert: Letztlich sind Asset Management und Hardrock-Musik trotz ihrer Unterschiede durch ein gemeinsames Streben nach Spitzenleistung, Risikomanagement und Teamarbeit miteinander verbunden. Bei beiden ist eine ausgeprägte Leidenschaft nötig sowie die Bereitschaft, sich ständig zu verbessern und Herausforderungen zu meistern.
«Die Branche hat sich erfolgreich angepasst.»
Sie sind seit fünf Jahren Länderchef: Was hat sich bei abrdn Schweiz in dem Zeitraum verändert?
Das Asset Management in der Schweiz hat sich von einem eher traditionellen, bankenorientierten Markt zu einem dynamischen, technologisch fortgeschrittenen und international vernetzten Sektor entwickelt. Diese Tatsache erforderte stetige Anpassungen und barg zum Teil grosse strukturelle Herausforderungen. Regulierungsänderungen, neue Technologien, ein wachsender ESG-Trend und ein stetig wachsender Wettbewerb aus dem Ausland haben den Markt umgestaltet. Die Branche hat sich aber erfolgreich angepasst und bietet heute eine Vielzahl von massgeschneiderten Lösungen, die den unterschiedlichen Bedürfnissen von vermögenden Privatkunden und institutionellen Anlegern gerecht werden. Wir haben unser Produktportfolio leicht modifiziert und auch die Art und Weise, wie wir mit unseren Kunden zusammenarbeiten, hat sich verändert. Ich bin sehr stolz auf unser kleines, feines und stabiles Team sowie auf das, was wir zusammen erreicht haben.
Das institutionelle Geschäft in der Schweiz spielt eine wichtige Rolle – inzwischen auch bei abrdn. Was trug dazu bei, den Bereich zu stärken?
Wir hatten schon immer ein leichtes Bias zum institutionellen Geschäft und die passenden Bausteine vor allem im Bereich der Obligationen. Speziell im institutionellen Geschäft hat sich die Zusammenarbeit dahingehend verändert, dass man wesentlich enger und massgeschneiderter kooperiert, sprich der Beratungsaspekt ist enorm wichtig geworden. Zudem ist auch das klassische Wholesale-Geschäft ein gutes Stück weit institutioneller und damit anspruchsvoller geworden. Massgebend ist hierbei die Vielfalt der Anlagestrategien. Und hier kann die Schweiz mit mannigfachen spezialisierten Anlagestrategien, die auf die unterschiedlichen Bedürfnisse von institutionellen Investoren zugeschnitten sind, punkten. Dazu gehören nicht nur traditionelle Anlageklassen wie Aktien und Anleihen, sondern auch Private Equity, Hedgefonds, Immobilien und Infrastruktur. Glücklicherweise ist es uns gelungen, unsere breite Spezialisierung und Expertise unter Beweis zu stellen.
«Die CS-Übernahme hat die Wettbewerbslandschaft erschüttert.»
Wie hat sich der Schweizer Asset Management Markt durch die Credit-Suisse-Übernahme verändert?
Die Übernahme der Credit Suisse (CS) durch die UBS hat den Schweizer Asset Management-Markt erheblich beeinflusst und wird weiterhin Auswirkungen auf die Branche haben. Diese historische Fusion hat nicht nur die Struktur des Schweizer Finanzmarktes verändert, sondern auch das Vertrauen der Investoren und die Wettbewerbslandschaft in der Branche erschüttert. Besonders im Asset Management, wo langfristige Kundenbeziehungen von zentraler Bedeutung sind, hat dieser Vertrauensverlust möglicherweise negative Auswirkungen. Diese neu entstandene Marktmacht kann unter Umständen dazu führen, dass kleinere und mittlere Asset Manager sowie unabhängige Vermögensverwalter möglicherweise noch stärker unter Druck geraten. Ich persönlich bedaure dies sehr. Wir hatten eine sehr geschätzte, gute und strategische Zusammenarbeit mit der CS.
Abrdn ist nun ein spezialisierter globaler Asset Management-Anbieter: Welche Spezialitäten sind das?
In der Tat ergibt sich die Notwendigkeit zur Spezialisierung für globale Asset Manager immer mehr. Dies entspringt einer Vielzahl von Faktoren, die durch die zunehmende Komplexität der Märkte, die sich verändernden Kundenbedürfnisse und die wachsende Wettbewerbsintensität in der Finanzindustrie bedingt sind. Unsere Expertise erstreckt sich von traditionellen Anlagen wie Aktien und Anleihen bis hin zu alternativen Investments wie z. B. Private Credit, Hedgefonds, Immobilien, Infrastruktur oder aktive ETFs. Ich würde sagen, dass speziell unsere globalen Anleihen (EMD), unser Aktien Small-Cap Angebot sowie die globalen Aktien (EM) mit einer Dividendenkomponente zu unseren Flaggschiffen gehören. Allem vorangestellt jedoch, ist es die Expertise und Fähigkeit, massgeschneiderte Angebote (Mandate oder managed accounts) entsprechend den individuell gesteckten Zielen unserer Kundschaft erstellen zu können.
Abrdn ist auch im Bereich Digital Assets tätig: Wie ist die Resonanz unter Schweizer Institutionellen Kunden?
Wir machen hier die ersten Schritte und haben zum Beispiel gerade unseren ersten Geldmarktfonds tokenisiert. Im Grunde geht es vor allem darum, Innovation und den Zeitgeist bzw. Zug nicht zu verpassen. Die Resonanz unter schweizerischen institutionellen Kunden gegenüber Digital Assets ist von einer Mischung aus wachsendem Interesse, Skepsis und Zurückhaltung geprägt. Während das Interesse an innovativen Blockchain-Technologien und Tokenisierung zunimmt, sind viele institutionelle Investoren noch zurückhaltend, insbesondere aufgrund von Volatilität, Regulierungsunsicherheiten und Nachhaltigkeitsbedenken. Dennoch wächst die Akzeptanz langsam, da die Infrastruktur und das regulatorische Umfeld sich in der Schweiz positiv entwickeln und zunehmend auf die Bedürfnisse dieser Anleger ausgerichtet werden. In den kommenden Jahren könnte eine breitere Akzeptanz von Digital Assets bei institutionellen Investoren erreicht werden, vor allem, wenn sich der Markt weiter stabilisiert und massgeschneiderte, ESG-konforme Produkte und Lösungen angeboten werden.
Sie besitzen eine Sammlung von Gitarren. Würden Sie diese tokenisieren?
Ich ziehe es vor, auf meinen Gitarren zu spielen und verstehe die Sammlung auch nicht als Asset an sich, sondern mehr als treue und wohlklingende Begleiter, die alle für mich in erster Linie eine Erinnerung haben und eine Geschichte in sich tragen.
Bis jetzt kenne ich auch niemanden, der seine Gitarre in eine Blockchain stecken wollte. Die Gitarre bekommt ja dann nur noch eine stringente Vergangenheit, hat aber keine Seele mehr. Und am Ende kannst du die Sammlung nicht mehr spielen, sondern nur noch staken.
Karsten-Dirk Steffens ist als Länderchef Schweiz seit Oktober 2019 für den schottischen Asset Manager Abrdn tätig. Seit rund 20 Jahren ist er in Deutschland, Grossbritannien und in der Schweiz in leitenden Funktionen in der Branche tätig, darunter Threadneedle, AXA Investment und Aviva. Steffens ist Experte für Geschäftsentwicklung in der Vermögensverwaltung für den Wholesale-Bereich und institutionelle Kunden. In Deutschland geboren und aufgewachsen, hat er seinen Lebensmittelpunkt 2007 in die Schweiz verlegt und ist mittlerweile eingebürgert. Karsten-Dirk Steffens hat eine Ausbildung an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie in Frankfurt am Main durchlaufen und gezielt Weiterbildungen, u.a. im Managementbereich, absolviert.
Dieser Beitrag erscheint in Zusammenarbeit mit der Asset Management Association Switzerland.