Kunden wünschen sich, dass ihre Interessen und Ziele mit denjenigen ihres Bankberaters übereinstimmen. Doch dies ist immer weniger der Fall. Darum würden sie sich an Family Offices, Anwälte und an unabhängige Vermögensverwalter wenden, schreibt Peter Schmid in seinem Beitrag auf finews.first.
In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.
Unlängst berichtete finews.ch, dass Private Banker jahrzehntelang die erste Anlaufstelle für ihre Kunden gewesen seien und dies immer weniger der Fall sei. Diese Entwicklung hängt stark mit dem abnehmenden Vertrauen der Kunden sowie mit den Reputationsproblemen zahlreicher Finanzinstitute zusammen.
Tatsächlich stehen bei den Banken immer der nächste Monat sowie das aktuelle Quartal im Vordergrund. Die ganze Verkaufs- und Beratungsorganisation wird vor allem auf neue Kunden sowie auf Umsatzsteigerung mit der bestehenden Klientel ausgerichtet, was die besten Mitarbeiter bindet. Die «normalen» bestehenden Kunden kommen dabei oftmals zu kurz.
«In den vergangenen Jahren haben die Banken immer mehr Generalisten als Kundenberater ausgebildet»
Bei den Investmentspezialisten sowie den Kundenbetreuern werden die Ziele zur Akquisition neuer Kunden, die Effizienzsteigerung sowie die Anzahl der zu betreuenden Kunden laufend erhöht, was die effektive Betreuungszeit für bestehende «normale» Kunden zusätzlich reduziert. Dabei ist der Druck teilweise so gross, dass Kunden, die sich nicht melden, vielfach ignoriert oder nur dann kontaktiert werden, wenn die Bank ein bestimmtes Produkt unbedingt verkaufen will.
Noch etwas kommt hinzu: In den vergangenen Jahren haben die Banken immer mehr Generalisten als Kundenberater ausgebildet. Diese können zwar überall mitreden, sind aber in keinem Fachgebiet, wie im Portfolio-Management, in der Vorsorge oder in der Rechts-, Steuer- und Stiftungsberatung, wirklich genügend spezialisiert. Sie können zwar entsprechende Fachleute heranziehen – diese stehen aber vor allem für die wichtigsten Kunden zur Verfügung.
«Die Bank wird zunehmend auf die Rolle als Depot- und Transaktionsbank reduziert»
Dies haben die Banken mittlerweile erkannt, und zurzeit werden im Rahmen von offiziell anerkannten Zertifizierungsprogrammen grosse Ausbildungsanstrengungen für Berater unternommen. Viele Kunden, die ich in den vergangenen Jahren getroffen habe, wollen einen Haupt-Ansprechpartner, der in wichtigen Fachgebieten kompetent ist und wenn nötig schnell und unbürokratisch weitere Spezialisten hinzuziehen kann.
Für die Kunden ist die Gewissheit zentral, dass ihre Interessen und Zielsetzungen mit denjenigen des Betreuers übereinstimmen. Basierend auf diesen Entwicklungen trauen immer weniger Kunden ihren Kundenberatern und wenden sich an Family Offices, Anwälte und an unabhängige Vermögensverwalter.
Diese schirmen die Kunden gegenüber den Banken ab, so dass die Bank zunehmend ersetzbar wird. Vielfach werden dann durch die Finanzintermediäre die Konditionen neu verhandelt, was für die Bank in der Regel nichts Gutes verheisst. Die Bank wird dann zunehmend auf die Rolle als Depot- und Transaktionsbank reduziert, was natürlich zusätzliche negative finanzielle Implikationen hat.
«Zahlreiche Banken sind viel zu kompliziert aufgestellt und leisten sich überteuerte Prozesse»
Darüber hinaus nimmt der Margendruck in der Bankbranche laufend zu. Dies ist unter anderem der Zinsentwicklung und der zunehmenden Regulierung geschuldet. Aber nicht nur, zum Teil ist dies auch selbst verschuldet: Die neu von den Kunden involvierten Intermediäre beanspruchen einen nicht unerheblichen Teil der Marge. Ausserdem sind zahlreiche Banken weiterhin viel zu kompliziert aufgestellt und leisten sich überteuerte Prozesse.
Vielen Banken gelingt es auch nicht, ihre (zu) hohen Personal- und anderen Kosten an die sinkenden Margen anzupassen. Viele Wealth Manager fokussieren auf die reichsten aller Kunden, die sogenannten Ultra-High-Net-Worth-Individuals (UHNWI). Aber in diesem Segment sind die Margen noch tiefer.
«Hier müssten die Banken Gegensteuer geben»
Eigentlich ist eine erfolgreiche Tätigkeit in diesem Segment nur für Banken mit einer sehr starken Bilanz möglich, die sie auch dafür einsetzen können; ausserdem muss ein erstklassiges Risiko-Management installiert sein, verbunden mit den Dienstleistungen der jeweiligen Investmentbank-Abteilung.
Häufig unterschätzt wird vor diesem Hintergrund die Bedeutung der sogenannten High-Net-Worth-Kunden (HNWI) mit investierbaren Vermögen von drei bis zehn Millionen Franken. Diese Kunden fühlen sich nicht genügend gut betreut. Hier müssten die Banken Gegensteuer geben.
Denn gerade in dem Segment besteht die Gefahr, dass sie diese Kunden an Anbieter mit einem fokussierten Anlageangebot sowie mit hervorragenden digitalen Lösungen verlieren. Das Argument des kostengünstigeren Angebotes verbunden mit einer mindestens so guten Performance stösst bei Kunden zunehmend auf Interesse.
«Aus meiner Erfahrung scheitert dies oftmals weniger an der Strategie als an der inkonsequenten Umsetzung»
Eine klare strategische Ausrichtung gewinnt dadurch noch mehr an Bedeutung. Für zahlreiche Institute kommt dies jedoch zu spät: Sie werden übernommen oder geben über kurz oder lang ihre Geschäftstätigkeit auf. Das wird auch in den nächsten Jahren nicht anders sein.
Verwaltungsräte und Geschäftsleitungen sind gefordert, in Bezug auf ihre Strategie, Marktpräsenz, Segmentierung, ihrer angebotenen Leistungen, der kritische Grösse, Logistik und dem Risikomanagement angepasste und auch harte strategische Entscheidungen zu treffen – und diese auch konsequent umzusetzen. Aus meiner Erfahrung scheitert dies oftmals weniger an der Strategie als an der inkonsequenten Umsetzung.
Peter Schmid ist langjähriger Senior Executive, CEO und Verwaltungsrat unter anderem bei der Deutschen Bank, der UBP und bei Merrill Lynch gewesen. Heute arbeitet er als unabhängiger Verwaltungsrat sowie als Berater für Firmen und vermögende Privatpersonen.
Bisherige Texte von: Rudi Bogni, Rolf Banz, Werner Vogt, Walter Wittmann, Alfred Mettler, Robert Holzach, Craig Murray, David Zollinger, Arthur Bolliger, Beat Kappeler, Chris Rowe, Stefan Gerlach, Marc Lussy, Nuno Fernandes, Richard Egger, Dieter Ruloff, Marco Bargel, Steve Hanke, Urs Schoettli, Maurice Pedergnana, Stefan Kreuzkamp, Oliver Bussmann, Michael Benz, Albert Steck, Martin Dahinden, Thomas Fedier, Alfred Mettler, Brigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Kim Iskyan, Stephen Dover, Denise Kenyon-Rouvinez, Christian Dreyer, Kinan Khadam-Al-Jame, Robert Hemmi, Anton Affentranger, Yves Mirabaud, Hans-Martin Kraus, Gérard Guerdat, Mario Bassi, Stephen Thariyan, Dan Steinbock, Rino Borini, Bert Flossbach, Michael Hasenstab, Guido Schilling, Werner E. Rutsch, Dorte Bech Vizard, Adriano B. Lucatelli, Maya Bhandari, Jean Tirole, Hans Jakob Roth, Marco Martinelli, Thomas Sutter, Tom King, Werner Peyer, Thomas Kupfer, Peter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Marionna Wegenstein, Armin Jans, Nicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio Quirighetti, Claire Shaw, Peter Fanconi, Alex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro Occhilupo, Will Ballard, Michael Bornhäusser, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul, Markus Winkler, Konrad Hummler, Thomas Steinemann, Christina Böck, Guillaume Compeyron, Miro Zivkovic, Alexander F. Wagner, Eric Heymann, Christoph Sax, Felix Brem, Jochen Möbert, Jacques-Aurélien Marcireau, Peter Hody, Ursula Finsterwald, Claudia Kraaz, Michel Longhini, Stefan Blum, Zsolt Kohalmi, Nicolas Ramelet, Søren Bjønness, Lamara von Albertini, Andreas Britt, Gilles Prince, Darren Williams, Shanu Hinduja, Salman Ahmed, Stéphane Monier, Peter van der Welle, Ken Orchard, Christian Gast, Didier Saint-Georges, Jürgen Braunstein, Jeffrey Vögeli, Gérard Piasko, Fiona Frick, Stefan Schneider, Matthias Hunn, Andreas Vetsch, Teodoro Cocca, Mark Hawtin, Fabiana Fedeli, Marionna Wegenstein, Kim Fournais, Carole Millet, Lars Jaeger, Swetha Ramachandran, Brigitte Kaps, Thomas Stucki, Teodoro Cocca, Neil Shearing, Claude Baumann, Guy de Blonay, Tom Naratil, Oliver Berger, Robert Sharps, Santosh Brivio, Tobias Müller, Florian Wicki, Jean Keller, Fabrizio Pagani, Niels Lan Doky, Michael Welti, Karin M. Klossek, Ralph Ebert, Johnny El Hachem, Judith Basad, Katharina Bart, Thorsten Polleit, Beat Wittmann und Bernardo Brunschwiler.