Die Finanzbranche leidet unter anhaltenden Skandalen. Gelänge es, die einstige Reputation wieder herzustellen, hätte dies einen enorm positiven Einfluss aufs Geschäft, schreibt Dennis Larsen auf finews.first.
Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.
«Ein einmal gebrochener Ruf kann vielleicht repariert werden, aber die Welt wird immer ihre Augen stets auf die Stelle richten, wo der Riss war.» – Joseph Hall, englischer Bischof (1574-1656)
Seit der Finanzkrise hat eine ganze Reihe von weiteren Skandalen die Glaubwürdigkeit der Banken enorm dezimiert; dazu gehören die Zinsmanipulationen, der unlautere Verkauf von Finanzprodukten, Geldwäscherei, Steuerflucht und erst kürzlich die Machenschaften, die in den Paradise Papers zum Ausdruck kamen.
Vor diesem Hintergrund ist es kaum überraschend, dass die Branche nicht aus ihrem Reputationstief herauskommt. Als Folge davon ist das Vertrauen der Bevölkerung in Finanzinstitutionen generell gering – ganz besonders bei jungen Menschen.
Doch wie können die Banken in diesem feindlich gesinnten Umfeld ihren Ruf wieder herstellen? Eine schnelle Lösung gibt es nicht. Der Aufbau von Reputation, und auch dessen Wiederherstellung, ist ein langwieriges Unterfangen, das weit über reine Kommunikations-Anstrengungen hinausreicht. Reputation muss letztlich ein Teil der Unternehmenskultur sein. Doch wie soll das gehen?
1. Reputation muss von innen kommen
Reputation ist das Ergebnis dessen, was wir tun und ausdrücken, und was andere über uns sagen. Daher ist es wichtig, dass Banken ihren Ruf von innen heraus aufbauen. Das bedeutet, dass sie sich korrekt verhalten und die Erwartungen ihrer Stakeholder (Interessensgruppen) erfüllen oder gar übertreffen.
2. Reputation ist Teil der Strategie
Den Anfang macht der Konzernleiter selber, indem er einen reputationsorientierten Ansatz in «sein» Unternehmen einbringt. Parallel dazu begleiten Kommunikations-Fachleute als strategische Berater das Top-Management bei dieser Integration.
Angesichts des rasch wachsenden und sich verändernden Netzes von Interessengruppen (Stakeholders) und der sich rasant verändernden Rahmenbedingungen brauchen Banken eine klare Strategie, die hilft, genau zu wissen, was jeweils genau zu sagen respektive zu tun ist.
3. Reputation hilft weiter
Reputation zu messen, ist für jedes Unternehmen nicht eine Option, sondern ein Muss. Erkenntnisse aus Mitarbeiterumfragen, Medien- und Sozialforschung sowie aus Kundenbefragungen lassen sich dabei mit der Erfassung von Reputationsinformationen kombinieren. So sind auch die Chancen und Risiken besser identifizierbar.
Als Beispiel: Kryptowährungen stellen für Banken sowohl ein Risiko als auch eine Chance dar. Einerseits bedrohen sie das Geschäftsmodell der Banken, andererseits ist das Vertrauen der Öffentlichkeit in Kryptowährungen nach wie vor sehr bescheiden.
Das ist eine Chance für die Banken, die mit ihrer Stabilität ein Gegengewicht setzen und sich so als vertrauenswürdige Institutionen respektive als wichtige Stimme in der Gesellschaft profilieren können.
4. Mitarbeiter sind Reputationsbotschafter
Langjährige Kaderleute geniessen in der Öffentlichkeit oftmals ein grösseres Vertrauen als offizielle Firmensprecher. Das sollten sich Unternehmen zu Nutze machen, um eine glaubwürdige Kommunikation zu etablieren.
Denn so werden sie authentisch, überzeugend und im positiven Sinn fassbar. Dies erfordert allerdings Investitionen in die Schulung der Mitarbeiter, namentlich im digitalen Storytelling.
5. Reputation ist heute auch digital
Gerade weil es wichtig ist, digitale Kanäle laufend zu überwachen und sich stets der Risiken bewusst zu sein, die damit einher gehen, besteht gleichzeitig die Möglichkeit, Interessengruppen direkt anzusprechen.
Oder anders ausgedrückt: Die Zunahme der verfügbaren digitalen Kanäle bedeutet für die Banken, dass sie immer besser in der Lage sind, Ideen und Inhalte den entsprechenden Interessengruppen zu vermitteln, und zwar ohne dass Finanzintermediäre und andere Vermittler – darunter auch die Medien – dazwischen liegen.
6. Der CEO lebt Reputation vor
Kultur fördert den Ruf – so einfach ist das. Darum müssen Unternehmen sicherstellen, dass sie in Krisenzeiten stark sind. Dabei spielen Bankchefs die wichtigste Rolle im Vorleben einer Firmenkultur. Wenn CEOs intransparent oder gar unehrlich sind, werden sie auch intern keinen Rückhalt haben.
7. Wofür steht Reputation?
Mit der fortschreitenden Digitalisierung wird es für jedes Unternehmen immer wichtiger zu definieren, wofür es steht und dies auch gut zu vermitteln. Mit einem klaren Ziel können Banken emotionale Verbindungen zu Interessengruppen herstellen und als Katalysatoren für positive Veränderungen in der Gesellschaft agieren.
Der Schlüssel zur richtigen Reputation liegt dann vor, wenn Firmenchefs erkennen, dass das Ansehen ihrer Unternehmung das Geschäft vorantreibt. Während Joseph Hall feststellte, dass der Blick der Gesellschaft auf die Stelle fällt, wo der Riss entstanden ist, hat Leonard Cohen eine weitaus positivere Botschaft, von der die Bankenbranche enorm profitieren könnte.
«Es gibt einen Riss in allem. So kommt Licht herein.» – Leonard Cohen, Singer und Songwriter (1934-2016)
Dennis Larsen ist geschäftsführender Partner des Osloer Büros der britischen Firma Reputation Inc. Bevor er 2004 zum Unternehmen stiess, arbeitete er für verschiedene Firmen als Reputationsberater. Der in Holland geborene Larsen ist zudem Dozent für Unternehmenskommunikation und Reputation an der BI Norwegian Business School, Europas zweitgrösster Business School.
Bisherige Texte von: Rudi Bogni, Oliver Berger, Rolf Banz, Samuel Gerber, Werner Vogt, Walter Wittmann, Alfred Mettler, Robert Holzach, Craig Murray, David Zollinger, Arthur Bolliger, Beat Kappeler, Chris Rowe, Stefan Gerlach, Marc Lussy, Nuno Fernandes, Richard Egger, Dieter Ruloff, Marco Bargel, Steve Hanke, Urs Schoettli, Maurice Pedergnana, Stefan Kreuzkamp, Oliver Bussmann, Michael Benz, Albert Steck, Andreas Britt, Martin Dahinden, Thomas Fedier, Alfred Mettler, Brigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Nicolas Roth, Thorsten Polleit, Kim Iskyan, Stephen Dover, Denise Kenyon-Rouvinez, Christian Dreyer, Kinan Khadam-Al-Jame, Robert Hemmi, Anton Affentranger, Yves Mirabaud, Hans-Martin Kraus, Gérard Guerdat, Didier Saint-Georges, Mario Bassi, Stephen Thariyan, Dan Steinbock, Rino Borini, Bert Flossbach, Michael Hasenstab, Guido Schilling, Werner E. Rutsch, Dorte Bech Vizard, Adriano B. Lucatelli, Katharina Bart, Maya Bhandari, Jean Tirole, Hans Jakob Roth, Marco Martinelli, Beat Wittmann, Thomas Sutter, Tom King, Werner Peyer, Thomas Kupfer, Peter Kurer, Arturo Bris, Michel Longhini, Frédéric Papp, Claudia Kraaz, James Syme, Peter Hody und Claude Baumann.