Finanzplatz Schweiz steht vor neuer Kündigungswelle
In den kommenden Monaten dürfte es auf dem Finanzplatz Schweiz zu einer spürbaren Zunahme an Personalbewegungen kommen – nicht nur aufgrund der Integration der Credit Suisse in die UBS. Auch unabhängig davon mehren sich die Zeichen, dass eine neue Kündigungswelle bevorsteht.
Johannes Schickentanz registriert eine auffällige Dynamik: «In letzter Zeit melden sich viele Fachkräfte bei uns, die aktiv nach neuen Perspektiven suchen», sagt der Managing Partner von Rehwald Associates Switzerland. Besonders im Asset Management herrsche derzeit eine erhöhte Wechselbereitschaft.
Ein zentraler Treiber dieser Entwicklung ist der zunehmende Margendruck in der Branche. «Wer nicht liefert, hat ein Problem», sagt er. Immer mehr Mitarbeitende spürten nun, was bislang vor allem auf strategischer Ebene diskutiert wurde.
«Die Nervosität am Markt ist gross»
Hinzu kommt, dass in zahlreichen Asset-Management-Gesellschaften die Führungsetagen neu besetzt wurden – und neue Chefs beginnen, ihre Teams neu aufzustellen. «Die Nervosität am Markt ist gross», sagt Schickentanz.
Diese Beobachtung können die Zürcher Headhunter BiermannNeff nicht ganz bestätigen. «Zwar ist auch im Asset Management der Kostendruck riesig und die Trennung in Aktiv, Passiv und Private Markets wird immer dynamischer, eine Entlassungswelle oder Potenziale für Kündigungen sehen wir aber eher im Wealth Management und in Bereichen, die weder direkt am Produkt noch auf der Kundenseite liegen. Im Middle & Back Office gehen wir in diesem Jahr sogar von mehreren Kündigungswellen aus», sagt Partner Jonas Neff.
Auch kulturelle Spannungen
Insbesondere bei der UBS zeichne sich Handlungsbedarf im operativen Bereich ab. «Sobald die Datenmigration in der Schweiz abgeschlossen ist, wird es zu einer Bereinigung kommen.»
Doch nicht nur Restrukturierungen führen zu Bewegung am Markt. Auch kulturelle Spannungen im Zuge der Bankenfusion wirken sich aus. «Bei der Integration der Credit Suisse treffen zwei sehr unterschiedliche Unternehmenskulturen aufeinander. Es überrascht nicht, dass sich manche Mitarbeitende in der neuen Struktur nicht wohlfühlen und frühzeitig eine neue Opportunität suchen – das Stellenangebot in dem Bereich ist schlichtweg sehr klein», erklärt Klaus Biermann, ebenfalls Partner bei BiermannNeff.
Folgen der US-Zölle wirken mittelfristig
Auch jene, die der UBS oder der Credit Suisse bereits frühzeitig den Rücken gekehrt haben, sind nicht zwingend angekommen: «Ganze Teams wurden abgeworben – nicht alle reüssieren an ihrem neuen Ort», beobachtet Schickentanz. Bleibt der Geschäftserfolg aus, steige die Bereitschaft zum erneuten Wechsel.
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor liegt im geopolitischen Umfeld: Zwar spielten jüngste Entwicklungen wie neue US-Zölle aktuell noch keine zentrale Rolle, doch mittelfristig könnten sie sich negativ auswirken. «Sollte sich die Lage an den Aktienmärkten nicht stabilisieren, dürften viele Expansionspläne, die nicht strategisch notwendig sind, auf Eis gelegt werden», so Biermann.
Auch Projekte im Bereich Private Markets könnten dann hiervon betroffen sein.
Der aktuelle Abbau beim Traditionshaus Julius Bär ist laut Biermann nicht in einer generellen Marktthematik begründet: «Jahrelang wurden Strukturen und Funktionen geschaffen, die dem wirklichen Geschäft nicht mehr entsprachen – eine ähnliche Entwicklung wie ehemals bei der Credit Suisse und es ist absolut richtig, dass der neue CEO den Moment nutzt, um hier <aufzuräumen> und Speck abzubauen. Wenn nicht jetzt, wann dann?»