Der Dschungel der Bankenregulierung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten derart verdichtet, dass Bankangestellte und Kunden vor lauter Bäumen oft den Wald nicht mehr sehen. Es wäre sinnvoll, einen Teil der Kontrolle vom Regulator auf die Kunden zurückzuverlagern, schreibt Marc Lussy in seinem Beitrag für finews.first.

Seit den 1990er-Jahren, die man als «Wilden Westen» des Anlagegeschäfts bezeichnen könnte, hat sich im Bereich der Regulierung viel getan. Zufriedenheit herrscht jedoch kaum. Kundenberater verlieren heute aufgrund der umfangreichen Compliance-Anforderungen viel Zeit, die ihnen wiederum bei der Beratung fehlt. Kunden unterschreiben oft schwer verständliche Dokumente, welche die Bank absichern, aber Unsicherheit hinterlassen.

Bei jeder Finanzkrise zeigt sich immer wieder dasselbe Muster: Anleger verlieren Geld, Regulierungen nehmen zu. Diese Vorschriften orientieren sich an der Vergangenheit, wodurch bei neuen Crashs für den Kunden erneut unerwartete Verluste entstehen. Es wird deutlich, dass der wachsende Paragraphenkatalog die Wiederholung solcher Ereignisse nicht verhindert, sondern sie sogar eher befeuert.

Steigende Kosten führen dazu, dass Banken weniger vermögenden Kunden Dienstleistungen verweigern. Die Regulierungsdichte und die Illusion von vollständiger Sicherheit verleiten die Kunden dazu, ihre Verantwortung gänzlich abzugeben und das eigene Denken einzustellen. Gleichzeitig wächst jedoch die Bereitschaft, bei Marktverwerfungen gegen Banken zu klagen, was diese zu noch mehr Absicherungen treibt. Kundenberater werden zur «First Line of Defense» – eine Rolle, die den Kunden zum Gegner macht. Doch technologische Entwicklungen könnten diesen Teufelskreis durchbrechen.

«Die exponenzielle Entwicklung der Künstlichen Intelligenz verstärkt diesen Trend dramatisch»

Was vor zwanzig Jahren für Banken noch utopisch erschien – die tägliche Bereitstellung detaillierter Portfolio-Auswertungen für jeden Kunden – ist heute durch Fortschritte in der Rechenleistung Realität geworden. Die exponenzielle Entwicklung der Künstlichen Intelligenz verstärkt diesen Trend dramatisch. Parallel dazu hat die Fintech-Revolution zahlreiche Startups hervorgebracht, die sich der Regulierung und Transparenz verschrieben haben, so dass Kunden heute genauer überprüfen können, ob ihre Bank in ihrem besten Interesse handelt.

Voraussetzung dafür ist die Bereitschaft der Banken, ihre Daten mit diesen Start-ups zu teilen. Open Banking spielt dabei eine zentrale Rolle, auch wenn es noch in den Kinderschuhen steckt. Dadurch können Daten vergleichbar gemacht und ein einfaches Online-Cockpit erstellt werden, welches die Situation des Kunden unvoreingenommen, schnell und übersichtlich darstellt und einschätzt – ähnlich einem Bluttest in der Medizin. Bei Bedarf kann der Kunde Rücksprache mit seinem Berater halten und gar tiefergehende Auswertungen einfordern.

Einige IT-Lösungen sind bereits im Einsatz und werden unter dem Begriff «Regtech» zusammengefasst. Diese Startups bieten Banken Lösungen an, um ihre internen Compliance-Prozesse zu unterstützen. Apiax hat eine Software entwickelt, die neue Regulierungen direkt in die Systeme der Banken einspeist und dabei Kundendaten wie Transaktionen und Positionen berücksichtigt. Diese Informationen könnten potenziell auch direkt an die Kunden weitergegeben und online in vereinfachter grafischer Form dargestellt werden.

«Durch mehr Transparenz und Eigenverantwortung der Kunden könnte der Regulierungsdruck abnehmen»

Ein weiteres Beispiel ist Norsia, ein Start-up, das sich auf Transparenz im Bereich nachhaltiger Investitionen spezialisiert hat. Kunden können hier ihre eigenen Nachhaltigkeitskriterien definieren und überprüfen, ob diese eingehalten werden.

Performance Watcher, seit über zehn Jahren aktiv, bietet eine intuitive Wetterkarte, die durch Vergleich mit Kundenportfolios von anderen Banken die Qualität des eigenen Portfolios bewertet. Grün und Sonnenschein signalisieren keinen Handlungsbedarf. Rot und Sturm hingegen fordern eine Klärung mit dem Berater und allenfalls sogar einen Wechsel der Bank. So bleibt der Kunde stets am Steuer seiner finanziellen Entscheidungen.

Durch mehr Transparenz und Eigenverantwortung der Kunden könnte der Regulierungsdruck abnehmen. So deuten Rückmeldungen von Banken, die ihren Kunden das Portfolio-Wetterradar von Performance Watcher bereits anbieten, darauf hin, dass so die Kundenbeziehung verbessert und das Vertrauen in den Finanzsektor nachhaltig gestärkt werden könnte.


Marc Lussy startete seine Karriere in der Finanzbranche als Sales Manager für Traded Options und Futures bei der UBS, später war er als Project & Product Manager im Private Banking der Credit Suisse tätig und Senior Product Manager für Investmentprodukte bei der Graubündner Kantonalbank. Seit 2015 ist er Head Business Development für den deutschsprachigen Raum bei der Firma Performance Watcher. Das Unternehmen bietet Performance-Vergleiche für individuelle Kunden-Portfolios an. Seit April 2024 ist er zudem Adjunct Expert an der Zhejiang University International Business School in Haining (Zhejiang Province).


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