Chinesische Aktien figurieren ab sofort im MSCI-Index. Der Schritt sei ein Test für die Liberalisierung des Finanzmarkts im Reich der Mitte und eine Chance für Anleger, schreibt Nicholas Yeo auf finews.first.
Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.
Es hat lange gedauert, aber seit dem 1. Juni 2018 werden insgesamt bis zu 234 in Yuan kotierte Aktien chinesischer Unternehmen in die globalen und regionalen MSCI-Indizes aufgenommen. Die in Shanghai oder Shenzhen kotierten Vermögenswerte kommen in zwei Phasen, im Juni und September, in die jeweiligen Indizes. Für die chinesische Finanzwelt ist dies nur ein erster kleiner Schritt, aber es ist ein konkretes Ergebnis nach fünf Jahren und vier Runden dauernden Diskussionen mit dem Indexlieferanten MSCI.
Den globalen Investoren eröffnen sich langfristig noch viel grössere Gelegenheiten, denn die 234, überwiegend von Grossunternehmen stammenden Aktien sind nur ein kleiner Teil des chinesischen Universums: Der gesamte A-Aktienmarkt Chinas ist mit 3'500 Aktien einer der grössten der Welt und hat einen Wert von 8,5 Billionen Dollar. Der Anteil am «MSCI Asia ex Japan Index» sowie am «MSCI Emerging Markets Index; wird anfänglich nur 0,9 Prozent betragen. Mittel- bis langfristig könnte 14 bis 18 Prozent ausmachen .
«Dieser Schritt zeigt, wie weit China bei seinen Kapitalmarktreformen fortgeschritten ist»
Mit über 1,9 Billionen Dollar an Vermögenswerten, die in den «MSCI EM Index» investiert sind, müssen Anlagefonds, die diesen abbilden, ab September rund 15 Milliarden Dollar in chinesische A-Aktien investieren, um Abweichungen vom Index zu vermeiden. Dieser Zufluss wird auf den Markt angesichts des gesamten Streubesitzes von 3,4 Billionen Dollar und des Tagesumsatzes von 75 Milliarden Dollar keinen unmittelbaren Einfluss haben.
Dennoch zeigt dieser Schritt, wie weit China bei seinen Kapitalmarktreformen fortgeschritten ist, insbesondere bei der Internationalisierung des Yuan und der Verknüpfung seines Handels mit dem Rest der Welt.
«Für risikofreudige Anleger besteht ein beachtliches Gewinnpotenzial»
Grundsätzlich bietet der A-Aktienmarkt die grösste Auswahl an Unternehmen auf dem chinesischen Festland. Dazu gehören Qualitätsfirmen in Sektoren wie der traditionellen chinesischen Medizin. Solche Sektoren sind in Offshore-Märkten nicht üblich und einige der Unternehmen haben das Potenzial, Marktführer zu werden, nicht nur im Inland, sondern weltweit.
Zwar ist die Streuung der Renditepotenziale bei chinesischen A-Aktien deutlich höher als in vielen anderen Märkten. Aber es besteht für risikofreudige Anleger eben auch ein beachtliches Gewinnpotenzial. Darüber hinaus korrelierte der A-Aktienmarkt in der Vergangenheit weniger stark mit globalen Aktien als die H-Aktien, was institutionellen Anlegern Diversifikationsvorteile bietet.
«Reiseveranstalter bieten einen guten Zugang zur wachsenden Mittelschicht»
Chinas Konsum von allem und jedem ist sicherlich einer der am meisten beobachteten Trends unter den Anlegern, die in Schwellenländer-Aktien investieren. Unternehmen, die vom wachsenden Inlandskonsum profitieren können, geht es gut. Reiseveranstalter und Hersteller von Smart Appliances (intelligente Haushaltsgeräte) bieten beispielsweise einen guten Zugang zur wachsenden Mittelschicht und dem Streben nach Qualität. Die Versicherungs- und Gesundheitsbranche wird von einer alternden Bevölkerung und dem zunehmenden Wunsch nach einem gesünderen und besseren Lebensstil profitieren.
Wenn sich China weiterhin für die Liberalisierung der Aktien- und Kapitalmärkte einsetzt, werden die Investoren wahrscheinlich nicht allzu lange warten müssen, bis die Qualität weiter steigt und mehr investitionsfähige Unternehmen auftauchen.
Nicholas Yeo ist Director and Head of Chinese and Hong Kong Equities bei Aberdeen Standard Investments.
Bisherige Texte von: Rudi Bogni, Oliver Berger, Rolf Banz, Samuel Gerber, Werner Vogt, Walter Wittmann, Alfred Mettler, Robert Holzach, Craig Murray, David Zollinger, Arthur Bolliger, Beat Kappeler, Chris Rowe, Stefan Gerlach, Marc Lussy, Nuno Fernandes, Richard Egger, Dieter Ruloff, Marco Bargel, Steve Hanke, Urs Schoettli, Maurice Pedergnana, Stefan Kreuzkamp, Oliver Bussmann, Michael Benz, Albert Steck, Andreas Britt, Martin Dahinden, Thomas Fedier, Alfred Mettler, Brigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Thorsten Polleit, Kim Iskyan, Stephen Dover, Denise Kenyon-Rouvinez, Christian Dreyer, Kinan Khadam-Al-Jame, Robert Hemmi, Anton Affentranger, Yves Mirabaud, Hans-Martin Kraus, Gérard Guerdat, Didier Saint-Georges, Mario Bassi, Stephen Thariyan, Dan Steinbock, Rino Borini, Bert Flossbach, Michael Hasenstab, Guido Schilling, Werner E. Rutsch, Dorte Bech Vizard, Adriano B. Lucatelli, Katharina Bart, Maya Bhandari, Jean Tirole, Hans Jakob Roth, Marco Martinelli, Beat Wittmann, Thomas Sutter, Tom King, Werner Peyer, Thomas Kupfer, Peter Kurer, Arturo Bris, Michel Longhini, Frédéric Papp, James Syme, Peter Hody, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Ralph Ebert, Marionna Wegenstein, Armin Jans, Nicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio Quirighetti, Claire Shaw, Michael A. Welti, Peter Fanconi, Alex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Claude Baumann, Sandro Occhilupo, Claudia Kraaz, Will Ballard und Michael Bornhäusser.