Warum tut sich die Finanzbranche so schwer, neue digitale Kanäle zu nutzen? Antworten liefert Birte Orth-Freese in ihrem Beitrag auf finews.first.
In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen
Exakt 71 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer nutzen Social-Media-Kanäle in der Schweiz, so eine repräsentative Umfrage von Xeit 2020. Vor zehn Jahren waren gerade jeder zweite Schweizer und jede zweite Schweizerin auf Social-Media-Kanälen unterwegs.
Schaut man allerdings etwas genauer hin, klafft eine grosse Lücke zwischen der Generation Z und der «durchschnittlichen Bevölkerung». Instagram zum Beispiel liegt mit 84 Prozent vor allen anderen Kanälen bei den heute 21- bis 34-jährigen. Aber auch die «Gesamtheit» nutzt diesen Kanal immerhin zur Hälfte.
Facebook hält sich bei den «Mid-Agern», hat allerdings in Europa sinkende Zahlen. LinkedIn wird dagegen eher von den Berufstätigen genutzt, hier «netzwerken» die jüngeren anscheinend erst später, denn die Wachstumsrate ist hoch (vgl. nachstehende Grafik).
(Zum Vergrössern, Grafik anklicken)
Was die Zahlen klar zeigen: Es gibt kein Giesskannen-Prinzip bei Social Media, sondern auch hier müssen Inhalte und Formate altersgerecht ausgespielt werden. Das bedeutet aber nicht, dass zum Beispiel eine Privatbank nicht neben LinkedIn, YouTube und eventuell Twitter sowohl Instagram als auch TikTok nutzen kann oder vielmehr sollte.
Denn bei Marken gilt nach wie vor, dass sie frühzeitig ein Teil des Lebens werden sollten und ausreichend Touchpoints bereithalten. Sind sie erst einmal etabliert, entscheiden sich wenig Konsumenten um, da sie den Aufwand scheuen oder sich an die Marke gebunden fühlen.
«Der richtige Unternehmens-Account der UBS wird gar nicht erst gefunden»
Woran kann es also liegen, dass die digitalen Kanäle für Brand Awareness oder als Vertriebskanal bisher teilweise wenig genutzt werden? Gibt es vielfach eine Kommunikationsstrategie in den Unternehmen, ist es bei Social Media oftmals ein weisses Blatt. Ein, zwei Kanäle werden von der Kommunikationsabteilung mitbetrieben. Warum manchmal so halbherzig? Die Spielregeln erscheinen anders.
Die Angst, die Kanäle nicht steuern zu können, ist gross, es werden mehr Risiken als Chancen gesehen. Auch wichtige Details werden zum Teil nicht berücksichtig. Wie ist es anders zu erklären, dass – gibt man auf Instagram #UBS Schweiz ein – genau drei Beiträge auftauchen. Denn der richtige Unternehmens-Account UBS wird gar nicht gefunden, da er diesen Hashtag anscheindend nicht berücksichtigt hat.
«Das zeigt die Luft nach oben»
Schaut man sich den Instagram-Account der Credit Suisse an, finden sich 301 Posts und knapp 10’000 Abonnenten. Dass sie seit Juni 2018 bei Instagram sind und gerade mal 100 Posts pro Jahr ihrer Community präsentieren und dies nahezu ausschliesslich im Sportbereich, zeigt die Luft nach oben. Auch die Redaktionsplanung scheint noch zulegen zu können. Dauerte es nach dem Post vom 15. April dieses Jahres fast sechs Wochen bis zum nächsten.
Führend auf diesem Gebiet sind – keine Überraschung – eher die Neobanken. Die Direktbank N26 setzt mit über 100’000 Abonnenten auf Instagram Massstäbe. Ob mit den Beiträgen der Nerv der User getroffen wurde, zeigt unter anderem das Ausmass an Interaktionen. Aber auch einige wenige grosse Schweizer Privatbanken sind schon recht weit in ihren digitalen Aktivitäten, gerade was das Trendthema Nachhaltigkeit angeht.
«Azubis sind Teil der Redaktion – Junge treffen den Nerv ihrer Generation.»
Wie steht es um den neuen Kanal TikTok? Auch hier trauen sich viele Finanzinstitute nicht wirklich, etwas zu machen. Schick ist es, auf Flyern oder Website das Icon zu haben – allerdings werden die Accounts meist nicht bespielt. Ein positives Beispiel aus Deutschland ist die Sparkasse Düsseldorf mit 169’300 «Followern».
Ihr Geheimnis: Inhalte mit kuriosen Nachrichten aus aller Welt, die wie ein Nachrichtenvideo aufgemacht sind und Fragen beantworten wie «Wie viel verdient man eigentlich in Deutschland?» und «3 Tipps, um im Supermarkt Geld zu sparen». Azubis sind Teil der Redaktion – Junge treffen den Nerv ihrer Generation.
Social Media-Kanäle sollten in der Finanzbranche nicht länger stiefmütterlich behandelt werden. Zu gross ist das Potenzial. Natürlich ist Compliance hier als Faktor nicht zu unterschätzen, aber diese Hürde gilt es zu überspringen. Ausserdem braucht es Mut und Kreativität, aussergewöhnliche Stories zu erdenken und umzusetzen.
Und dies vor allem über die eigenen hausinternen Themen (Sponsoring, Jubiläum, Erfolgsmeldungen) hinaus. Essenziell ist sicherlich auch, wenn die Führungsmannschaft Teil der Community ist und nicht nur Zielvorgaben ausruft!
Birte Orth-Freese stiess vor drei Jahren zur Kommunikationsagentur TE Communications, zunächst als Managing Director; seit April 2020 ist sie CEO des in Frankfurt am Main und in St. Gallen ansässigen Unternehmens. Zuvor arbeitete sie in verschiedenen Funktionen in der Beratung. Zwischen 1985 und 1995 studierte sie Publizistik- und Kommunikationswissenschaft sowie Germanistik und Politikwissenschaften an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster, an der Lueger-Universität in Wien sowie an der Gutenberg-Universität in Mainz. Sie schloss als Magisterin Artium ab.
Bisherige Texte von: Rudi Bogni, Rolf Banz, Werner Vogt, Walter Wittmann, Alfred Mettler, Robert Holzach, Craig Murray, David Zollinger, Arthur Bolliger, Beat Kappeler, Chris Rowe, Stefan Gerlach, Marc Lussy, Nuno Fernandes, Richard Egger, Dieter Ruloff, Marco Bargel, Steve Hanke, Urs Schoettli, Maurice Pedergnana, Stefan Kreuzkamp, Oliver Bussmann, Michael Benz, Albert Steck, Martin Dahinden, Thomas Fedier, Alfred Mettler, Brigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Kim Iskyan, Stephen Dover, Denise Kenyon-Rouvinez, Christian Dreyer, Kinan Khadam-Al-Jame, Robert Hemmi, Anton Affentranger, Yves Mirabaud, Hans-Martin Kraus, Gérard Guerdat, Mario Bassi, Stephen Thariyan, Dan Steinbock, Rino Borini, Bert Flossbach, Michael Hasenstab, Guido Schilling, Werner E. Rutsch, Dorte Bech Vizard, Adriano B. Lucatelli, Maya Bhandari, Jean Tirole, Hans Jakob Roth, Marco Martinelli, Thomas Sutter, Tom King, Werner Peyer, Thomas Kupfer, Peter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Marionna Wegenstein, Armin Jans, Nicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio Quirighetti, Claire Shaw, Peter Fanconi, Alex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro Occhilupo, Will Ballard, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul, Markus Winkler, Konrad Hummler, Thomas Steinemann, Christina Böck, Guillaume Compeyron, Miro Zivkovic, Alexander F. Wagner, Eric Heymann, Christoph Sax, Felix Brem, Jochen Möbert, Jacques-Aurélien Marcireau, Ursula Finsterwald, Claudia Kraaz, Michel Longhini, Stefan Blum, Nicolas Ramelet, Søren Bjønness, Lamara von Albertini, Andreas Britt, Gilles Prince, Darren Williams, Shanu Hinduja, Salman Ahmed, Stéphane Monier, Peter van der Welle, Ken Orchard, Christian Gast, Jürgen Braunstein, Jeffrey Vögeli, Fiona Frick, Stefan Schneider, Matthias Hunn, Andreas Vetsch, Mark Hawtin, Fabiana Fedeli, Marionna Wegenstein, Kim Fournais, Carole Millet, Swetha Ramachandran, Brigitte Kaps, Thomas Stucki, Neil Shearing, Claude Baumann, Tom Naratil, Oliver Berger, Robert Sharps, Tobias Müller, Florian Wicki, Jean Keller, Niels Lan Doky, Karin M. Klossek, Ralph Ebert, Johnny El Hachem, Judith Basad, Katharina Bart, Thorsten Polleit, Bernardo Brunschwiler, Peter Schmid, Karam Hinduja, Zsolt Kohalmi, Raphaël Surber, Santosh Brivio, Gérard Piasko, Mark Urquhart, Olivier Kessler, Bruno Capone, Peter Hody, Andrew Isbester, Florin Baeriswyl, Agniszka Walorska, Thomas Müller, Ebrahim Attarzadeh, Marcel Hostettler, Hui Zhang, Michael Bornhäusser, Reto Jauch, Angela Agostini, Guy de Blonay, Tatjana Greil Castro, Jean-Baptiste Berthon, Dietrich Grönemeyer, Mobeen Tahir, Didier Saint-Georges, Serge Tabachnik, Rolando Grandi, Vega Ibanez, Beat Wittmann, David Folkerts-Landau, Andreas Ita, Teodoro Cocca, Michael Welti, Mihkel Vitsur, Fabrizio Pagani, Roman Balzan, Todd Saligman, Christian Kälin, Stuart Dunbar, Fernando Fernández, Lars Jaeger und Carina Schaurte.