Beruflich zieht er bei der Bank CIC in Zürich die Fäden, privat gibt er auf einer Harley-Davidson Gas: finews.ch hat Davide Castrini bei einer Motorrad-Tour ins Engadin getroffen.
Die Haut von der Sonne gebräunt, etwas müde, aber zufrieden: Diesen ersten Eindruck vermittelt Davide Castrini, als er an einem spätsommerlichen Freitagabend im Hotel Donatz in Samedan in Erscheinung tritt.
Beruflich blickt der 52-jährige auf eine erfolgreiche Banking-Karriere zurück. In den 1980er- und 1990er-Jahren wirkte er als Privatkundenberater bei der UBS in Biel und Grenchen.
Wurzeln in Umbrien und Solothurn
Der Sohn italienischer Einwanderer aus Umbrien ist im Solothurnischen aufgewachsen, was sein Dialekt bis heute verrät.
Seit bald dreizehn Jahren ist Castrini für die Bank CIC tätig, deren Zürcher Niederlassung mit rund 20 Mitarbeitern er leitet.
Ausfahrt mit Harley-Chef
Wir treffen ihn aber nicht, um über seinen Job zu sprechen, sondern über eine seiner privaten Leidenschaften, das Motorradfahren. Gemeinsam mit Iwan Steiner, dem Schweiz-Chef von Harley-Davidson, und einigen Fachjournalisten, unternimmt er gerade eine kleine Wochenend-Tour auf den neuesten Motorrädern des amerikanischen Herstellers aus Milwaukee.
Anlass für die Ausfahrt war die Grand Tour of Switzerland, ein von Schweiz Tourismus konzipiertes Konzept für erlebnisreiches Reisen auf Schweizer Strassen, das schönste Strecken mit Perlen der Schweizer Gastfreundschaft verbindet – in diesem Fall führte die Fahrt von Zürich über das Appenzellerland (mit Halt im Dorfhus Gupf) und nach Samedan im Engadin.
«Beinahe kitischige Kulisse»
Davide Castrini bestellt ein Panache und beginnt zu erzählen: «Die Fahrt über den Flüela-Pass war fantastisch. Wir hatten relativ wenig Verkehr und das grossartige Wetter hat für eine beinahe kitischig schöne Kulisse gesorgt.»
Dem Hobby des Motorradfahrens frönt er seit seinem 40. Geburtstag. An diesem Tag eröffnete der Banker seiner Familie und Freunden seinen Entschluss, unter die Biker zu gehen. Damit habe er sich einen Bubentraum erfüllt, sagt Castrini. «Ich wusste: Wenn ich es jetzt nicht mache, dann mache ich es nie.»
Töff-Prüfung vor zwölf Jahren
Die Töff-Prüfung stellte ihn vor keine ernsthaften Herausforderungen. «Ich habe es recht schnell gelernt.» Zupass kam ihm auch, dass er bereits bei der praktischen Prüfung eine Harley-Davidson fuhr. «Der Prüfungsexperte war sichtlich angetan von meiner Sportster Iron 883 – ein solches Motorrad begegne ihm nicht häufig», sagt Davide Castrini und lacht.
Für die amerikanische Traditionsmarke Harley-Davidson habe er sich auf das Zureden zweier Freunde hin entschieden. Sein Nachbar fuhr ebenfalls Harley, sowie sein damaliger Chef bei der Bank CIC. «Alle haben mir unisono gesagt: Für dich gibt es eigentlich nur Harley.» In einer Mittagspause ging er zusammen mit seinem Chef zu einer Zürcher Harley-Vertretung und kaufte seine Sportster.
Von Sportster 883 zu Breakout
In der Zwischenzeit hat er viele tausend Kilometer auf seinem Zweirad absolviert. Die Sportster 883 aus den Anfängerzeiten ist mittlerweile einer Breakout gewichen. Trotzdem bezeichnet sich Castrini als «Gelegenheits- und Schönwetterfahrer». Akribisch studiere er jeweils den Wetterbericht, bevor er sich auf sein Motorrad schwinge. Gerade auf mehrtägigen Touren lasse es sich aber doch nicht immer ganz vermeiden, etwas nass zu werden.
Iwan Steiner, Chef von Harley-Davidson Schweiz, mit Banker Castrini in St. Moritz. (Bild: zVg)
In erster Linie schätzt der Banker das «Gefühl von Freiheit» auf Rädern, verbunden mit einem unmittelbaren Naturerlebnis. «Beim Motorradfahren geht es nicht darum, möglichst schnell von A nach B zu kommen, sondern möglichst genussvoll.»
Neue Maschinen
Und wie bewähren sich dafür die beiden Modelle, die Castrini anlässlich der Harley-Ausfahrt ins Bündnerland gefahren ist? Er sei die Sportster S und die Pan America gefahren, erzählt er. Die kompakte Sportster S sei ihm recht vertraut vorgekommen, die Pan America hingegen eine Neuentdeckung: «Da es sich um einen Offroader handelt, sitzt man auf ihr ganz anders.» Für seinen eigenen Fahrstil sei sie vielleicht einen Zacken zu sportlich-brachial.
Das Töff-Fahren, sagt der Chef der Bank CIC in Zürich, sorge gerade in der oft hektischen Finanzbranche für Ausgleich. «Man muss sich dabei sehr stark konzentrieren und hat gar keine Kapazitäten, um berufliche Gedanken zu wälzen.» Gemeinsam mit Freunden habe er schon diverse mehrtägige «Ride, Wine & Dine»-Touren unternommen.
Auch Kunden fahren Töff
Nicht zuletzt aus diesem Grund kenne er viele Banker, die Motorrad fahren. Insbesondere Harley. «Und auch viele Private-Banking-Kunden jeden Alters.» Wenn es im Kundenkontakt bei diesem Thema funke, sei das «ein Glücksfall, denn es ergibt sich umgehend eine Bindung».
Eine Bindung wiederum, für die Harley-Davidson auch ausserhalb der Finanzbranche bekannt ist. Normalerweise grüssen sich Harley-Fahrer, wenn sich ihre Wege kreuzen. Wenn man irgendwo Station macht, kommt man sofort mit anderen Fahrern ins Gespräch.
Roastbeef und Wein
Etwas später am Abend – das Abendessen (Roastbeef) ist mittlerweile vorbei und auch die eine oder andere Flasche Wein ist über den Tisch gegangen – kommen wir noch auf die Schattenseiten von Davide Castrinis Töff-Leidenschaft zu sprechen.
Einmal, erzählt er, habe ihn an der Tankstelle ein sehr kräftig gebautes Mitglied eines berüchtigten Motorradclubs gezwungen, ihm den Vortritt zu lassen. «Obwohl ich zuerst da war, liess ich es lieber nicht auf eine Konfrontation ankommen», sagt Castrini lachend.
Teil der Töff-Faszination
Und bei anderer Gelegenheit sei die Wetterprognose falsch gewesen, sodass er auf der Fahrt von St. Tropez nach Hause völlig durchgenässt und unterkühlt wurde.
Solche Erlebnisse seien zwar im gegebenen Moment sehr unerfreulich, bilanziert der Motorradfahrer. Aber in der Rückschau seien sie eben auch ein Bestandteil der Töff-Faszination.