Langlebigkeit hat sich von einem rein biologischen Phänomen zu einem bedeutenden Megatrend entwickelt, der die ganze Gesellschaft prägt, schreibt Maryann Umoren Selfe in ihrem Essay für finews.first.
In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.
Weltweit leben die Menschen länger. Im Laufe des veergangenen Jahrhunderts hat sich die durchschnittliche globale Lebenserwartung mehr als verdoppelt – von 32 Jahren im Jahr 1900 auf etwas mehr als 70 Jahre im Jahr 2021. Durch medizinischen Fortschritt, verbesserte Gesundheitssysteme und höheren Wohlstand und eine grössere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln hat die Menschheit ihre Lebenserwartung erheblich verlängert.
Diese Verschiebung hin zu einer höheren durchschnittlichen Lebenserwartung und einer längeren Lebenserwartung bringt sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich, die sich in verschiedener Hinsicht auf die Gesellschaft auswirken.
Mit zunehmender Lebenserwartung kommt es beispielsweise zu einem kulturellen Wandel in der Einstellung zum Altern. In der Modebranche sind ältere Modelle keine Seltenheit mehr. Sie haben im Mainstream durchgesetzt und sogar einen Kult-Status erreicht. Nehmen wir etwa Daphne Selfe, das britische Model, das ihre Karriere in den 1950er-Jahren begann.
Ihr Wiederaufleben im Alter von 70 Jahren in den 1990er-Jahren sorgte für Aufsehen. Seitdem ist sie zu einer Ikone in der Modebranche avanciert und ziert Laufstege, Magazincover und hochkarätige Kampagnen. Oder nehmen wir die 57-jährige Mikrobiologin, die zur Stilikone wurde, Greece Ghanem, die innerhalb weniger Jahre über 1,7 Millionen Follower auf Instagram gewonnen hat.
«Diese kulturelle Bewegung stellt Stereotypen des Alterns in Frage»
Das Konzept des «würdevollen Alterns» hat an Zugkraft gewonnen und ermutigt den Einzelnen, seine späteren Jahre anzunehmen und zu geniessen. Diese kulturelle Bewegung stellt Stereotypen des Alterns in Frage, indem sie einen aktiven Lebensstil, Hobbys und sinnvolles Engagement für ältere Erwachsene fördert. Diese Verschiebung bringt mehrere Vorteile mit sich.
Erstens erweitert es die gesellschaftlichen Perspektiven auf Schönheit und Erfolg und ermöglicht vielfältigere Vorbilder in Branchen wie Mode, Unterhaltung und darüber hinaus. Zweitens ermutigt es ältere Erwachsene, ein erfülltes, aktives Leben zu führen, was zu einem besseren körperlichen und geistigen Wohlbefinden beiträgt.
Darüber hinaus können ältere Erwachsene, indem sie ihre späteren Jahre annehmen, ihre Weisheit und Erfahrungen mit jüngeren Generationen teilen und so die Beziehungen zwischen den Generationen fördern.
Dies fördert eine Kultur des Lernens und der Mentorenschaft, die für das persönliche und berufliche Wachstum von unschätzbarem Wert ist. Schliesslich kann dieser Wandel auch wirtschaftliche Chancen schaffen, indem Märkte und Branchen für ältere Konsumentinnen und Konsumenten erweitert werden, was sowohl dem Einzelnen als auch der Gesellschaft insgesamt zugutekommt.
«Die Vorsorgesysteme spüren die erhöhte Lebenserwartung»
Eine längere Lebensdauer bietet zwar Chancen, stellt aber auch wirtschaftliche Herausforderungen dar. Die Belastung der Gesundheitssysteme ist besonders bemerkenswert, da eine längere Lebensdauer zu einer Zunahme chronischer Krankheiten wie Diabetes, Herzerkrankungen und Arthritis führt. Zwischen 1960 und 2022 haben sich die Gesundheitsausgaben in den USA als Prozentsatz des Bruttoinlandsprodukts (BIP) mehr als verdreifacht, und bis 2031 werden die Gesundheitsausgaben in den USA voraussichtlich fast 25 Prozent des BIP des Landes ausmachen, gegenüber 17 Prozent im Jahr 2022.
In der Schweiz prognostiziert die Konjunkturforschungsstelle KOF, dass der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP bis 2025 stabil bei 11,5 Prozent bleiben wird, wobei die Kosten für Prävention, Verwaltung und Rehabilitation zwischen 2022 und 2025 deutlich stärker steigen dürften.
Die Vorsorgesysteme spüren die Auswirkungen der erhöhten Lebenserwartung, wobei erweiterte Auszahlungen erforderlich sind, um eine wachsende ältere Bevölkerung zu unterstützen. Diese Belastung erfordert Reformen und strategische Anpassungen, da sich die Rentensysteme an längere Renten anpassen. Auch Versicherungsunternehmen stehen vor Herausforderungen, da sie ihre Prämien anpassen müssen, um der verlängerten Lebensdauer und dem daraus resultierenden Anstieg der Anforderungen an die Gesundheitsversorgung Rechnung zu tragen.
«Der Aufstieg von Biohacking spiegelt einen kulturellen Wandel wider»
Der Trend zur Langlebigkeit hat zu einer Welle von Innovationen geführt, die darauf abzielen, die Gesundheitskosten zu senken und ein gesünderes Leben zu fördern. Unternehmen entwickeln neue Produkte und Dienstleistungen, um chronische Krankheiten zu behandeln, das Wohlbefinden zu verbessern und ältere Erwachsene dabei zu unterstützen, ein längeres und gesünderes Leben zu führen. Telemedizin, digitale Gesundheitstools und personalisierte Gesundheitsansätze sind entstanden und bieten Lösungen, die den Zugang zur Versorgung verbessern und die Kosten senken.
Gleichzeitig spiegelt der Aufstieg des Biohacking einen kulturellen Wandel hin zu einem proaktiven Gesundheitsmanagement wider, das den Einzelnen in die Lage versetzt, aktiv ein längeres und gesünderes Leben zu führen. Diese Bewegung überschneidet sich mit Innovationen in Wissenschaft und Technologie und bietet neue Werkzeuge und Ansätze, die das Potenzial für Langlebigkeit weiter verbessern. Da dieser Trend an Dynamik gewinnt, beeinflusst er nicht nur den individuellen Lebensstil, sondern treibt auch umfassendere Veränderungen im Gesundheitswesen, in der Wellnessbranche und in der Gesellschaft voran.
«Die Vorteile eines längeren Lebens müssen mit den Herausforderungen in Einklang gebracht werden»
Langlebigkeit hat sich von einem rein biologischen Phänomen zu einem bedeutenden Megatrend entwickelt, der die gesamte Gesellschaft prägt. Moderne Fortschritte in Wissenschaft und Technologie haben zu einer höheren Lebenserwartung beigetragen und kulturelle Veränderungen, wirtschaftliche Herausforderungen und neue Möglichkeiten katalysiert.
Um sich an diesen Trend anzupassen, müssen die Vorteile eines längeren Lebens mit den damit verbundenen Herausforderungen in Einklang gebracht und eine Gesellschaft gefördert werden, die nicht nur Langlebigkeit feiert, sondern auch eine längere Lebensdauer mit nachhaltigen Systemen und innovativen Lösungen unterstützt.
Maryann Umoren Selfe ist Head Investment Solutions bei der Banque Internationale à Luxembourg Suisse. Ihr Beitrag reflektiert nicht die Meinung der BIL oder der BIL Suisse.
Bisherige Texte von: Rudi Bogni, Rolf Banz, Werner Vogt, Walter Wittmann, Alfred Mettler, Robert Holzach, Craig Murray, David Zollinger, Arthur Bolliger, Beat Kappeler, Chris Rowe, Stefan Gerlach, Marc Lussy, Nuno Fernandes, Richard Egger, Dieter Ruloff, Marco Bargel, Steve Hanke, Urs Schoettli, Maurice Pedergnana, Stefan Kreuzkamp, Oliver Bussmann, Michael Benz, Albert Steck, Martin Dahinden, Thomas Fedier, Alfred Mettler, Brigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Kim Iskyan, Stephen Dover, Denise Kenyon-Rouvinez, Christian Dreyer, Kinan Khadam-Al-Jame, Robert Hemmi, Anton Affentranger, Yves Mirabaud, Hans-Martin Kraus, Gérard Guerdat, Mario Bassi, Stephen Thariyan, Dan Steinbock, Rino Borini, Bert Flossbach, Michael Hasenstab, Guido Schilling, Werner E. Rutsch, Dorte Bech Vizard, Maya Bhandari, Jean Tirole, Hans Jakob Roth, Marco Martinelli, Thomas Sutter, Tom King, Werner Peyer, Thomas Kupfer, Peter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Armin Jans, Nicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio Quirighetti, Claire Shaw, Peter Fanconi, Alex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro Occhilupo, Will Ballard, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul, Markus Winkler, Thomas Steinemann, Christina Böck, Guillaume Compeyron, Miro Zivkovic, Alexander F. Wagner, Eric Heymann, Christoph Sax, Felix Brem, Jochen Möbert, Jacques-Aurélien Marcireau, Ursula Finsterwald, Michel Longhini, Stefan Blum, Nicolas Ramelet, Søren Bjønness, Gilles Prince, Shanu Hinduja, Salman Ahmed, Peter van der Welle, Ken Orchard, Christian Gast, Jürgen Braunstein, Jeffrey Vögeli, Fiona Frick, Stefan Schneider, Matthias Hunn, Andreas Vetsch, Mark Hawtin, Fabiana Fedeli, Kim Fournais, Carole Millet, Swetha Ramachandran, Thomas Stucki, Neil Shearing, Tom Naratil, Oliver Berger, Robert Sharps, Tobias Müller, Florian Wicki, Jean Keller, Niels Lan Doky, Johnny El Hachem, Judith Basad, Katharina Bart, Thorsten Polleit, Peter Schmid, Karam Hinduja, Zsolt Kohalmi, Raphaël Surber, Santosh Brivio, Mark Urquhart, Olivier Kessler, Bruno Capone, Peter Hody, Agniszka Walorska, Thomas Müller, Ebrahim Attarzadeh, Marcel Hostettler, Hui Zhang, Angela Agostini, Guy de Blonay, Tatjana Greil Castro, Jean-Baptiste Berthon, Dietrich Grönemeyer, Mobeen Tahir, Didier Saint-Georges, Serge Tabachnik, Vega Ibanez, David Folkerts-Landau, Andreas Ita, Michael Welti, Mihkel Vitsur, Roman Balzan, Todd Saligman, Christian Kälin, Stuart Dunbar, Carina Schaurte, Birte Orth-Freese, Gun Woo, Lamara von Albertini, Ramon Vogt, Andrea Hoffmann, Niccolò Garzelli, Darren Williams, Benjamin Böhner, Mike Judith, Jared Cook, Henk Grootveld, Roman Gaus, Nicolas Faller, Anna Stünzi, Thomas Höhne-Sparborth, Fabrizio Pagani, Guy de Blonay, Jan Boudewijns, Sean Hagerty, Alina Donets, Sébastien Galy, Roman von Ah, Fernando Fernández, Georg von Wyss, Stefan Bannwart, Andreas Britt, Frédéric Leroux, Nick Platjouw, Rolando Grandi, Philipp Kaupke, Gérard Piasko, Brad Slingerlend, Dieter Wermuth, Grégoire Bordier, Thomas Signer, Gianluca Gerosa, Michael Bornhäusser, Christine Houston, Manuel Romera Robles, Fabian Käslin, Claudia Kraaz, Marco Huwiler, Lukas Zihlmann, Sherif Mamdouh, Harald Preissler, Taimur Hyat, Philipp Cottier, Andreas Herrmann, Camille Vial, Marcus Hüttinger, Serge Beck, Alannah Beer, Stéphane Monier, Ashley Semmens, Lars Jaeger, Shanna Strauss-Frank, Bertrand Binggeli, Marionna Wegenstein, George Muzinich, Jian Shi Cortesi, Razan Nasser, Nicolas Forest, Jörg Rütschi, Reto Jauch, Bernardo Brunschwiler, Charles-Henry Monchau, Nicolas Ramelet, Philip Adler, Ha Duong, Teodoro Cocca, Beat Wittmann, Jan Brzezek, Florin Baeriswyl, Nicolas Mousset, Beat Weiss, Pascal Mischler, Andrew Isbester, Konrad Hummler, Jan Beckers, Martin Velten, Katharine Neiss, Claude Baumann, Daniel Roarty, Kubilaqy Yalcin, Robert Almeida, Karin M. Klossek, Marc Taverner, Charlie T. Munger, Daniel Kobler, Patrick Stauber, Colin Vidal, Anna Rosenberg, Judith Wallenstein, Adriano Lucatelli, Daniel Goleman, Val Olson, Brice Prunas, Frances Weir, Luis Maldonado, Francesco Magistra, Nadège Lesueur-Pène, Massimo Pedrazzini, Eric Sarasin, Dina Ting, Christopher Gannatti, Shaniel Ramjee, Mihkel Vitsur, Nannette Hechler-Fayd'herbe, Ralph Ebert, Brigitte Kaps, Mark Denham, Francesco Mandalà und Mariolina Esposito.