Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Inflation und die Börsen im Abwärtstrend. Die schwierigen Zeiten für Investments sind auch eine Chance für Mutige, schreibt Michael Bornhäusser in seinem Beitrag für finews.first.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.


Geht die Börse kräftig nach unten, legt man einen Stop-Loss und bekommt einen Teil seines Investments zurück. Dann wartet man ab, bis der «vermeintliche» Boden erreicht ist und steigt wieder ein. Bingo!

Das geht bei Private-Market-Investments leider nicht. Ob direkt oder via VC-, oder PE-Fonds, ohne Exits gibt es keine Rückzahlung des Kapitals. Eine Verlustbremse existiert also nicht.

Ein kurzer Rückblick! Vor rund zwölf Monaten war die Welt noch in Ordnung – und dies trotz Corona. Die Börsen gingen nur «aufwärts», die Zinsen waren negativ und private Unternehmen, speziell Firmen aus dem Online-Sektor sahen Rekordbewertungen. Da wurden Börsengänge (Initial Public Offerings, IPOs), Verkäufe, Secondary-Transaktionen und Investment-Runden geplant, und auch durchgeführt.

Kurzum, es war Exit-Time. Für die Firmen, die etwas später dran waren, sind die IPOs inzwischen abgesagt, die Deals verschoben, und das Fundraising tut sich sehr schwer – freundlich ausgedrückt.

«Das neue Zauberwort heisst Profitabilität»

Spricht man mit den «Grossen» in der Branche, reichen die Aussagen zur Marktsituation in den Private Markets und die Erwartungen in den nächsten zwölf Monaten von «katastrophal» bis «in zwölf Monaten ist alles wieder ok». Die US-Investmentbank J.P. Morgen ist in dieser Hinsicht die grosse Anführerin der «Negativen». «Man gehe nicht von einer Erholung in den nächsten 24 bis 36 Monaten aus; die Unternehmen müssten im Venture-Capital- und Private-Equity-Bereich bei Finanzierungen oder Übernahmen bis 60 Prozent tiefere Bewertungen in Kauf nehmen», so ein J.P. Morgan-Banker unlängst.

Das neue Zauberwort heisst «Profitabilität», ein Parameter, der im Technologiebereich, beim E-Commerce oder bei E-Services, den Gewinnern in der Coronakrise notabene, nur eine sehr untergeordnete Rolle gespielt hat. Speziell mit Venture Capital finanzierte Startups sind betroffen und sollten erst gar nicht auf die Idee kommen, eine grössere Finanzierungsrunde anzustossen oder gar einen Exit ins Auge zu fassen.

«Externes Geld ist nur zu einer massiv tieferen Bewertung als vor zwölf Monaten zu bekommen»

Für Investoren ist die Situation jetzt wie ein Tanz auf einer Rasierklinge. «Reduce the money burn», schreibt Sequoia, einer der grössten Venture-Capital-Fonds der USA. Personalkosten und Marketing werden reduziert, Wachstumsziele nach unten revidiert und Investitionen verschoben. Reichen diese Massnahmen nicht, und das Unternehmen braucht trotzdem frisches Geld, muss man «Bridgen»; das heisst, die Firma am Leben erhalten bis diese und vielleicht auch die nächste Krise ausgestanden sind. Externes Geld ist nur zu einer massiv tieferen Bewertung als vor zwölf Monaten zu bekommen, wenn überhaupt. Einziger Vorteil ist in diesem Fall natürlich auch, dass sich bei einer tieferen Bewertung auch der Einstandspreis für den Investor reduziert.

Für Fonds und Investoren mit Mut, Liquidität und einem flexiblen Investmenthorizont bietet der aktuelle Markt, wie immer in Krisen, jedoch Einstiegschancen. Nach Einschätzung vieler Marktteilnehmer muss der Mut allerdings sehr gross sein. Die Gemengenlage mit Inflation, Krieg in Europa, Lieferengpässen, Logistikproblemen und der immer noch anhaltenden Corona-Pandemie ist schwer einzuschätzen und birgt daher grosse Risiken für Investments in Private Markets – denn eine Verlustnotbremse gibt’s eben nicht.


Michael Bornhäusser ist Chairman and Managing Partner der 2019 gegründeten Schweizer Venture-Capital-Firma Bulb Capital. Zuvor leitete er den Private-Equity- und Produktebereich der Schweizer Privatbank Sallfort. In den 1990er-Jahren betätigte er sich als Unternehmer in der IT-Branche, unter anderem als Mitgründer der Firma Pixelpark, die 1999 an die Börse ging. Seit dem Start im Jahr 2012 hat Bulb mehr als 180 Millionen Dollar bei 17 Finanzierungsrunden in 14 Startups in den USA, England und Lateinamerika investiert und acht erfolgreiche Exits erzielt.


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