Seit die Private Markets in den 1990er-Jahren in Mode gekommen sind, haben sie noch nie einen so starken Zulauf erlebt wie jetzt, schreibt Nicolas Faller in seinem Beitrag für finews.first.
In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen
«Privat» sind diese Märkte insofern, als sie nicht wie Börsen öffentlich zugänglich sind. Im Gegensatz zu börsennotierten Wertpapieren sind Private Assets naturgemäss illiquide. Das Spektrum reicht von Private Equity und Private Debt über Immobilienanlagen bis hin zu Real Assets und Infrastrukturanlagen.
Dieser Markt, der es nach Zahlen des Marktdatenanbieters Preqin in der Schweiz mittlerweile auf ein Volumen von 72 Milliarden Euro bringt, hat in seiner bisherigen Entwicklung von verschiedenen strukturellen und konjunkturellen Faktoren profitiert. Dies gilt insbesondere für die neuen aufsichtsrechtlichen Vorschriften nach der Finanzkrise 2008.
«Im Jahr 2006 gab es erst sechs solcher Unicorns»
Durch die strengeren aufsichtsrechtlichen Vorgaben sahen sich die grossen Finanzinstitute gezwungen, die Unternehmensfinanzierung zurückzufahren. Somit mussten sich die Unternehmen nach anderen Finanzierungsquellen umsehen.
Exemplarisch wird dies an den sogenannten Unicorns deutlich, auch wenn diese Gruppe nur einen Teil des enormen Potenzials kapitalsuchender Unternehmen an den privaten Märkten verkörpert. Einer aktuellen Zählung von Goldman Sachs zufolge konnten 392 nicht börsennotierte Unternehmen nur durch Private-Market-Finanzierung eine Marktkapitalisierung von mehr als einer Milliarde Dollar erreichen. Im Jahr 2006 gab es erst sechs solcher Unicorns.
«Diese Prämie ist im aktuellen Umfeld ein besonders attraktiver Rendite-Boost»
Die Renditeschmelze an den Obligationenmärkten hat ihren Teil dazu beitragen, dass die Anleger das Renditepotenzial an den privaten Märkten genauer unter die Lupe genommen haben. Einmal abgesehen von grossen Positionen in Emerging Market Debt oder High-Yield-Anleihen und erhöhter Volatilität als Kehrseite der Medaille, schneiden die illiquiden Anlagen in diesem Vergleich gut ab.
Die Illiquiditätsprämie, die der Anleger als Entschädigung für das Risiko verlangt, seine Anlage für einen bestimmten Zeitraum nicht verkaufen zu können, ist jedenfalls nicht gesunken. Diese Prämie bewegt sich in einer Spanne von 2,5 Prozent im Private-Debt-Segment bis 4 Prozent im Bereich Private Equity beispielsweise – im aktuellen Niedrigzinsumfeld ein besonders attraktiver Rendite-Boost.
In ihrem Bemühen um eine Optimierung des Risiko-/Rendite-Verhältnisses ist den Anlegern dieses Renditepotenzial nicht entgangen. Der Kapitalstrom an die Private Markets spricht Bände. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen.
«Ausser bei einem sprunghaften Inflationsanstieg dürften die Anleiherenditen dauerhaft niedrig bleiben»
Eine zu starke oder zu schnelle Straffung der Zinszügel durch die Zentralbanken dürfte der Weltwirtschaft zu schaffen machen. Und auch die Staaten, die sich zur Abfederung des Rezessionseffekts der Pandemie hoch verschuldet haben, können einen zu starken Anstieg der Zinslast nicht verkraften. Ausser bei einem sprunghaften Inflationsanstieg dürften die Anleiherenditen dauerhaft niedrig bleiben.
War das Interesse an dieser Anlageklasse bislang auf den Kreis der institutionellen Anleger beschränkt, steht sie plötzlich auch bei Privatanlegern hoch im Kurs. Institutionelle Anleger nutzen tatsächlich schon lange das Renditepotenzial und den Diversifizierungseffekt der Private Markets.
«Für Privatanleger sind Immobilien- oder Infrastrukturanlagen häufig eine Alternative»
Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass dieser illiquide Teil des Portfolios in der Regel nicht tagauf den Tag genau bewertet werden muss, so dass bei einer temporären Marktschwäche zum Jahresende keine Wertberichtigungen vorgenommen werden müssen.
Für Privatanleger sind Immobilien- oder Infrastrukturanlagen häufig eine Alternative zu den renditeschwachen Obligationenmärkten, aber auch eine echte Absicherung gegen die seit Ausbruch der Coronakrise herrschende Unsicherheit an den Börsen sowie gegen Inflationsrisiken.
Dennoch nimmt sich der Portfolioanteil von Privatmarktanlagen in der Schweiz nach wie vor relativ bescheiden aus. Die Schweizer Altersvorsorgeeinrichtungen unterliegen im Hinblick auf alternative Anlagen regulatorischen Beschränkungen. Durch eine zur Finanzierung der Energiewende erforderlich gewordene Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen sind diese Beschränkungen nun allerdings zum Teil hinfällig geworden.
«Damit steigt die Anlagegrenze für Infrastrukturanlagen»
Infolge der letzten Änderungen an der Verordnung über die berufliche Altersvorsorge (BVV 2) sind Infrastrukturanlagen nun auch als direkte Anlagen zulässig. Damit steigt die Anlagegrenze für Infrastrukturanlagen von Altersvorsorgeeinrichtungen auf einen Portfolioanteil von 10 Prozent.
Betroffen sind von diesen rechtlichen Änderungen Energieinfrastruktur, Verkehrsinfrastruktur, Versorgungs- und Gesundheitsinfrastruktur. Damit soll Pensionskassen und anderen Altersvorsorgeeinrichtungen die Möglichkeit gegeben werden, stärker in ökologisch nachhaltige Projekte in der Schweiz oder im Ausland zu investieren.
«Die G20 beziffern den globalen Infrastrukturbedarf auf rund 3’700 Milliarden Dollar»
Wenn also heute ein Drittel des Kapitals in Private Equity fliesst, dürften die stärksten Wachstumsimpulse von den Infrastrukturanlagen kommen. Aus der letzten europaweiten Studie von Preqin ergibt sich ein Anstieg des Bestands an Infrastrukturanlagen von 30 Prozent im Jahr 2020. Diese Entwicklung steht im Zusammenhang mit den beträchtlichen Ausgaben zur Wachstumsbelebung nach der Coronakrise sowie dem Übergang zu einer nachhaltigen und sozial gerechten Welt (die G20 beziffern den globalen Infrastrukturbedarf auf 3’700 Milliarden Dollar).
Die privaten Märkte dürften also eine wichtige Rolle spielen, und es sieht ganz danach aus, als würden die neuesten rechtlichen Änderungen dauerhaft für starkes Anlegerinteresse an dieser Anlageklasse sorgen.
Nicolas Faller ist Co-CEO Asset Management bei der Union Bancaire Privée (UBP).
Bisherige Texte von: Rudi Bogni, Rolf Banz, Werner Vogt, Walter Wittmann, Alfred Mettler, Robert Holzach, Craig Murray, David Zollinger, Arthur Bolliger, Beat Kappeler, Chris Rowe, Stefan Gerlach, Marc Lussy, Nuno Fernandes, Richard Egger, Dieter Ruloff, Marco Bargel, Steve Hanke, Urs Schoettli, Maurice Pedergnana, Stefan Kreuzkamp, Oliver Bussmann, Michael Benz, Albert Steck, Martin Dahinden, Thomas Fedier, Alfred Mettler, Brigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Kim Iskyan, Stephen Dover, Denise Kenyon-Rouvinez, Christian Dreyer, Kinan Khadam-Al-Jame, Robert Hemmi, Anton Affentranger, Yves Mirabaud, Hans-Martin Kraus, Gérard Guerdat, Mario Bassi, Stephen Thariyan, Dan Steinbock, Rino Borini, Bert Flossbach, Michael Hasenstab, Guido Schilling, Werner E. Rutsch, Dorte Bech Vizard, Adriano B. Lucatelli, Maya Bhandari, Jean Tirole, Hans Jakob Roth, Marco Martinelli, Thomas Sutter, Tom King, Werner Peyer, Thomas Kupfer, Peter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Marionna Wegenstein, Armin Jans, Nicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio Quirighetti, Claire Shaw, Peter Fanconi, Alex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro Occhilupo, Will Ballard, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul, Markus Winkler, Konrad Hummler, Thomas Steinemann, Christina Böck, Guillaume Compeyron, Miro Zivkovic, Alexander F. Wagner, Eric Heymann, Christoph Sax, Felix Brem, Jochen Möbert, Jacques-Aurélien Marcireau, Ursula Finsterwald, Claudia Kraaz, Michel Longhini, Stefan Blum, Nicolas Ramelet, Søren Bjønness, Andreas Britt, Gilles Prince, Shanu Hinduja, Salman Ahmed, Stéphane Monier, Peter van der Welle, Ken Orchard, Christian Gast, Jürgen Braunstein, Jeffrey Vögeli, Fiona Frick, Stefan Schneider, Matthias Hunn, Andreas Vetsch, Mark Hawtin, Fabiana Fedeli, Marionna Wegenstein, Kim Fournais, Carole Millet, Swetha Ramachandran, Brigitte Kaps, Thomas Stucki, Neil Shearing, Claude Baumann, Tom Naratil, Oliver Berger, Robert Sharps, Tobias Müller, Florian Wicki, Jean Keller, Niels Lan Doky, Karin M. Klossek, Ralph Ebert, Johnny El Hachem, Judith Basad, Katharina Bart, Thorsten Polleit, Bernardo Brunschwiler, Peter Schmid, Karam Hinduja, Zsolt Kohalmi, Raphaël Surber, Santosh Brivio, Mark Urquhart, Olivier Kessler, Bruno Capone, Peter Hody, Andrew Isbester, Florin Baeriswyl, Agniszka Walorska, Thomas Müller, Ebrahim Attarzadeh, Marcel Hostettler, Hui Zhang, Michael Bornhäusser, Reto Jauch, Angela Agostini, Guy de Blonay, Tatjana Greil Castro, Jean-Baptiste Berthon, Dietrich Grönemeyer, Mobeen Tahir, Didier Saint-Georges, Serge Tabachnik, Rolando Grandi, Vega Ibanez, Beat Wittmann, David Folkerts-Landau, Andreas Ita, Teodoro Cocca, Michael Welti, Mihkel Vitsur, Fabrizio Pagani, Roman Balzan, Todd Saligman, Christian Kälin, Stuart Dunbar, Fernando Fernández, Lars Jaeger, Carina Schaurte, Birte Orth-Freese, Gun Woo, Lamara von Albertini, Philip Adler, Ramon Vogt, Gérard Piasko, Andrea Hoffmann, Niccolò Garzelli, Darren Williams, Benjamin Böhner und Mike Judith, Grégoire Bordier, Jared Cook, Henk Grootveld und Roman Gaus.