SNB rührt die Werbetrommel für Instant-Zahlungen

Die im Sommer eingeführte Methode wird im Zahlungsverkehr bislang nur zögerlich eingesetzt. Die Nationalbank ist trotzdem zufrieden. Sie hebt die Vorteile und Innovationsmöglichkeiten hervor. Und sie lanciert für Finanzinstitute eine neue Fazilität für jederzeitigen Bezug von Liquidität.  

Auch wenn es derzeit brennendere geldpolitische Fragen zuhauf gäbe – am Geldmarktapéro der Schweizerischen Nationalbank (SNB) in Zürich, seit Jahrzehnten die grösste Veranstaltung, zu der sie die Marktteilnehmer einlädt, stand das Thema Instant-Zahlungen (Instant Payments) im Mittelpunkt. Es handelt sich um Überweisungen, die im Unterschied zu den herkömmlichen Zahlungsverfahren sofort ausgeführt werden.

In ihrem gemeinsamen Referat blickten Petra Tschudin, Mitglied des Direktoriums und Vorsteherin des III. Departements, sowie ihr Stellvertreter Thomas Moser am Donnerstagabend auf die ersten Erfahrungen mit der Einführung von Sofortzahlungen zurück, unterstrichen die Vorteile des neuen Verfahrens, befassten sich mit den Herausforderungen sowie Weiterentwicklungsmöglichkeiten.

Bis Ende 2026 müssen alle Banken Sofortzahlungen im Sortiment haben

Ausserdem kündigten sie Lancierung einer neuen Liquiditätsfazilität für die Teilnehmer am Swiss Interbank Clearing (SIC) an, dem zentralen Rückgrat des bargeldlosen Zahlungsverkehrs.

Die Möglichkeit, Instant-Zahlungen vorzunehmen, steht Bankkunden seit dem Sommer 2024 offen – wobei die SNB selber treibende Kraft hinter dem Projekt war. Zehn Schweizer Banken, die rund die Hälfte aller Kundenzahlungen überhaupt abdecken, empfangen und verarbeiten heute Sofortüberweisungen. Bis Ende 2026 müssen alle Banken und Fintechs mit Kundenzahlungsverkehr die Dienstleistung Empfangen anbieten.

Warum der Anteil noch im Promillebereich ist

«Die ersten Erfahrungen seit der Einführung sind positiv», hielt das Führungs-Duo des III. Departements fest. Der Durchschnittswert pro Instant-Zahlung liegt mit über 100o Franken relativ hoch, und die Überweisungen finden oft unter der Woche statt, was die SNB als Zeichen dafür wertet, dass die Dienstleistung insbesondere für Firmen interessant ist.

Allerdings liegt Anteil der neuen Methode am gesamten Zahlungsverkehr zurzeit noch im Promillebereich. Tschudin und Moser geben zum einen zu bedenken, dass das ein typisches Muster für «komplexe Systeme mit starken Netzwerkeffekten» ist und erinnern daran, wie lange Checkbücher in den USA überlebt haben. Zum anderen verfügt die Schweiz bereits über ein hochentwickeltes bargeldloses Zahlungssystem.

Zurzeit würden zudem die teils noch hohen Preise für Instant-Zahlungen hemmend wirken, die SNB greife aber nicht in die Gebührengestaltung ein.

«Fester Platz in der Zahlungsverkehrslandschaft»

Die Nationalbank rechnet unverdrossen damit, dass die neue Methode «künftig einen festen Platz in der Zahlungsverkehrslandschaft» haben wird und will sich für Weiterentwicklungen engagieren. Ein Beispiel dafür sind Instant-Zahlungen im Laden oder bei Online-Transaktionen. «Die SIC AG hat zusammen mit der SNB eine Initiative lanciert, die darauf abzielt, Anbietern von Bezahlungslösungen die Nutzung der Infrastruktur für Instant-Zahlungen zu ermöglichen.»

Ein zweites Beispiel ist der heute noch oft teure grenzüberschreitende Zahlungsverkehr, wo sich die SNB vom Verbinden verschiedener Systeme einen grossen Mehrwert für Firmen und Haushalte verspricht.

Wenn die Pizza schneller kommt als das Geld: Was kümmert es den Besteller?

Tschudin und Moser nutzten die Gelegenheit, die Vorteile des neuen Verfahrens für alle Akteure hervorzuheben – und griffen dafür auf das eingängige Beispiel der Hauslieferung einer Pizza zurück. Diese hat man heute schneller auf dem Tisch, als das Geld übertragen wird (wenn bargeldlos bezahlt wird). «Bis das Geld auf dem Konto der Pizzeria angekommen ist, können mehrere Tage oder sogar Wochen vergehen.»

Allerdings illustriert das Beispiel auch, dass die Vorteile der neuen Methode insbesondere Privaten nicht einfach zu vermitteln sind. Denn was kümmert es den Besteller einer Pizza, wenn es einige Tage dauert, bis der Betrag der Pizzeria gutgeschrieben wird?

Das beste aus allen Welten?

Dass dies so lange dauert, liegt daran, dass nach einer Kartenzahlung eine lange Abwicklungskette mit verschiedenen Finanzintermediären aktiv wird. Diese nehmen der Pizzeria das Risiko ab, dass die Zahlung nicht erfolgt – entsprechend ist der Betrag meist limitiert. Grosse Beträge wiederum lassen sich über Banküberweisungen transferieren, wobei zwischen Auftrag und Ausführung auch hier Tage vergehen können.

Instant-Zahlungen vereinen gemäss der SNB für Haushalte und Unternehmen die Vorteile der bisherigen bargeldlosen Zahlungsarten, aber ohne deren Nachteile. Wie Banküberweisungen erlauben Instant-Zahlungen die Begleichung höherer Beträge, die Gutschrift auf das Konto des Empfängers erfolgt aber sofort und rund um die Uhr. Die aktuelle Limite von 20'000 Franken pro Transaktion soll längerfristig aufgehoben werden.

Hohe Sicherheitsstandards und risikolose Abwicklung in Zentralbankgeld

Konkret sollen Zahlungsempfänger durch die sofortige Gutschrift «ihr Liquiditätsmanagement effizienter gestalten» und «Prozesse wie den Versand von Waren oder die Freischaltung von Diensten automatisieren» können.

Aber die SNB, die neben der Geldpolitik die Aufgabe hat, zur Stabilität des Finanzsystems beizutragen und das Funktionieren des bargeldlosen Zahlungsverkehrs zu sichern und zu erleichtern, denkt auch in grösseren Dimensionen. Mit Instant-Zahlungen, die direkt über das SIC laufen, profitierten die Teilnehmer von hohen Sicherheitsstandards und der risikolosen Abwicklung in Zentralbankgeld. Zudem seien die Transaktionskosten dank der Skaleneffekte gering.

Besser als Stablecoins und CBDC

Private digitale Geldformen wie Stablecoins könnten nicht das gleiche Sicherheitsniveau bieten. Und bei digitalem Zentralbankgeld (Central Bank Digital Currency, CBDC) für Firmen und Haushalte (Retail CBDC) werde die Innovationskraft des Privatsektors nicht ausgeschöpft.

Als – mit technischen Mitteln lösbare –Herausforderungen betrachten Tschudin und Moser die nötigen Anpassungen bei der IT-Infrastruktur der Banken und Betrugsfälle, stehen doch nicht mehr wie heute Stunden oder Tage zur Verfügung , um verdächtige Transaktionen zu stoppen.

Liquiditätsbedürfnisse rund um die Uhr – SNB schafft neue Fazilität

Eine aktive Rolle spielt die SNB, wenn es darum geht, die Herausforderung für das Liquiditätsmanagement der Finanzinstitute zu meistern. «Woher kommt die Liquidität, wenn wir alle gleichzeitig am Sonntagabend vom Sofa aus mit Instant-Zahlungen grosse Einkäufe tätigen?» umreisst das Leitungsduo die Problematik.

Zwar werden die Betriebszeiten des zentralen SIC-Systems, das die Banken im Zahlungsverkehr untereinander verwenden, just an diesem Donnerstagabend auch auf die Wochenenden ausgeweitet. Aber der Repomarkt, wo sich Finanzinstitute kurzfristig zusätzliche Liquidität beschaffen können, bleibt dann weiterhin geschlossen.

Auch den Markt für tokenisierte Vermögenswerte im Blick

Damit die Banken die kurzfristigen Liquiditätsbedürfnisse jederzeit decken können, führt die SNB eine neue «Fazilität zur Unterstützung des Zahlungsverkehrs» (FZV) ein. Sie wird zwei bisherige Instrumente, die Innertagsfazilität und die Engpassfinanzierungsfazilität, ersetzen. Wie bisher vergibt die SNB die Liquidität nur gegen Sicherheiten, neu werden diese aber nicht mehr im Depot hinterlegt, sondern dauerhaft verpfändet. Zur Umsetzung wird auch kein Repogeschäft mehr abgeschlossen, sondern es handelt sich um ein gedecktes Darlehen.

Gemäss der SNB wird die Übergangsfrist für die Umstellung auf die FZV ausreichend lang sein. Ein willkommener Nebeneffekt der neuen Fazilität ist, dass die SNB damit «auch flexibel auf Entwicklungen an den Märkten für tokenisierte Vermögenswerte reagieren» kann.