Venture-Capital-Investoren sollten Verkäufe, Börsengänge und SPACs-Exits ins Auge fassen und versuchen, von den hohen Bewertungen zu profitieren. Wir hätten historische Höchstwerte erreicht, und nach dem Platzen der Blase im Jahr 2000 habe man lange auf eine solche Gelegenheit warten müssen, schreibt er seinem Gastbeitrag für finews.ch.
Ja, natürlich sind wir in einer Blase! Und das nicht nur bei Venture Capital finanzierten Startups, sondern auch bei den Bewertungen börsennotierter Technologieunternehmen. Die Gründe liegen auf der Hand.
Die Mischung aus Negativzinsen, Stimulus-Paketen der meisten Regierungen in der Corona-Pandemie und die explodierenden Userzahlen bei Internet-, Homeworking-, Gaming und Online- Unterhaltungsfirmen haben die Aktienkurse und damit auch die Bewertungen von privaten Tech-Firmen in ungeahnte Höhen getrieben.
Erste Seitwärts-Tendenzen erkennbar
Investoren sehen Tech-Startups aktuell immer noch als Wachstumstreiber, auch wenn erste Seitwärtstendenzen erkennbar sind.
Vor allem im Venture-Capital-Markt sind die Auswirkungen dieser expansiven Bewertungsentwicklung deutlich zu sehen. So haben die durchschnittlichen Bewertungen von VC-finanzierten Firmen in der USA die bisherigen Höchstwerte aus dem legendären Bubble-Jahr 2000 bereits überschritten.
Mit neuen Finanzinstrumenten wie SPACs winken schnelle und günstige Exits durch SPACs-IPOs, und Unicorns entstehen reihenweise: Erstmalig nicht in erster Linie in den USA, sondern auch in der Schweiz. Das ist toll für jene Investoren, die in den vergangenen Jahren Venture-Capital-Investments getätigt haben. Aber Vorsicht, was auf dem Papier wertvoll ist, muss nicht unbedingt wertvoll bleiben.
Den Exit suchen
Ich gehe davon aus, dass die Inflation und der China-Effekt die Tech-Aktien noch volatiler werden lassen. Die immer noch anhaltende, aber sich abschwächende Pandemie, die Probleme der Lieferketten werden für ein Nachlassen des Hypes sorgen. Das tiefe Zinsniveau, sowie der immer noch schwache Dollar führen dazu, dass eine massive Korrektur in den nächsten Monaten noch nicht zu erwarten ist.
Trotzdem: «It's Exit Time.» Venture-Capital-Investoren sollten Verkäufe, IPOs oder SPACs-Exits ins Auge fassen und versuchen, von den hohen Bewertungen zu profitieren. Es sind historische Höchstwerte und nach dem Platzen der Blase im Jahr 2000 mussten wir lange auf eine solche Gelegenheit warten.
Selektive Neuinvestitionen
Nun ist es ja so, dass auch in einer Hochpreis-Phase interessante Startups entstehen. Was also tun, wenn man trotz der aktuellen Bewertungssituation ein Startup evaluiert, das investitionswürdig ist? Da ist eine stringente Selektion gefragt, da der Gewinn, wie immer, auch im Einkauf liegt. Investoren müssen noch stärker als vor ein paar Jahren die richtigen Parameter anlegen.
Hat die Firma ein Produkt, das am Markt eingeführt und akzeptiert ist? Seed-Investments haben in diesen Zeiten ein noch höheres Risiko als vor der aktuellen Entwicklung. Investiert man sehr früh, kann es passieren, dass die Blase platzt und die Firma weiteres Geld braucht. Nach einem Crash ist es aber sehr schwierig, dieses zu bekommen, und eine Post-Crash Finanzierungsrunde findet meistens zu einer deutlich tieferen Bewertung statt.
Der alte Seglerspruch
Ist die Firma führend in ihrem Markt und hat dieser internationales Wachstumspotenzial? «There is no second», so der alte Seglerspruch, und das gilt vor allem in Zeiten hoher Bewertungen. In diesem Fall kann man einen hohen Preis akzeptieren und in den Marktführer investieren. Das Risiko bleibt dann überschaubar.
Hat die Firma ein Top-Management? Es ist wichtig, dass die Führung eines Startups auch mit schwierigen Situation, in diesem Fall volatilen Märkten, umgehen kann. Hier kann etwas Erfahrung nicht schaden und ein guter Mix aus jungen Dynamikern und erfahrenen Lenkern hilft ungemein.
Eins ist auf jeden Fall sicher: Der Venture-Capital-Markt bleibt spannend, bringt aber in diesen Zeiten Volatilität, und damit auch Herausforderungen mit sich.
Michael Bornhäusser ist Chairman and Managing Partner der 2019 gegründeten Schweizer Venture-Capital-Firma Bulb Capital. Zuvor leitete er den Private-Equity- und Produktebereich der Schweizer Privatbank Sallfort. In den 1990er-Jahren betätigte er sich als Unternehmer in der IT-Branche, unter anderem als Mitgründer der Firma Pixelpark, die 1999 an die Börse ging. Seit dem Start im Jahr 2012 hat Bulb rund 180 Millionen Dollar bei 17 Finanzierungsrunden in 15 Startups in den USA, England und Lateinamerika investiert und acht erfolgreiche Exits erzielt. Damit gehört das Bulb-Capital-Venture-Investment-Team gemäss eigenen Aussagen zu den erfolgreichsten in der Schweiz.