In der Schweiz sei das Kapital, das in vielversprechende Startups fliesse, viel zu lange gebunden, erklärt der Venture-Capital-Investor Michael Bornhäusser im Gespräch mit finews.ch. Das sei nicht nur eine fundamentale Schwäche unseres Systems, sondern verhindere auch die Förderung von weiteren Jungunternehmen.
Die in Basel ansässige Private-Equity-Boutique Bulb Capital hat ihre Anteile im Rahmen einer Gesamttransaktion im dreistelligen Millionenbetrag an Rocket Lawyer veräussert, wie Recherchen von finews.ch ergaben. Bei dem US-Unternehmen handelt es sich um eine Online-Rechtsberatung. Dieser Exit markiert bereits den achten Aussteig aus einem sogenannten Club Deal von Bulb Capital in den vergangenen neun Jahren.
Verkauft hat Bulb Capital seine Anteile an einen anderen Private-Equity-Investor in den USA. Solche «Secondary Transactions», bei denen Investoren, die an späteren Investmentphasen eines Startups interessiert sind, Aktien bestehender Investoren zu übernehmen und weitere Phasen des Unternehmens zu begleiten, sind in den Vereinigten Staaten gang und gäbe.
Mitgegangen – mitgefangen
In der Schweiz ist eine Strategie in der Grössenordnung eines dreistelligen Millionenbetrags unmöglich, wie Bulb-Capital-Gründer Michael Bornhäusser im Gespräch mit finews.ch feststellt. «Wer würde in unseren Gefilden früheren Investoren einen lukrativen Ausstieg ermöglichen und dann mit eigenem Geld den letzten Schritt finanzieren?», fragt Bornhäusser und findet, hierzulande gelte eher: «Mitgegangen – mitgefangen».
Genau in einem solchen Fall wie jetzt mit Rocket Lawyer zeige sich die fundamentale Schwäche der hiesigen Finanzierungsstruktur im Venture-Capital-Bereich. Der Schweizer Investor gebe Geld und müsse bis zum finalen Exit, also bis zum Verkauf oder dem Börsengang, im Unternehmen investiert bleiben, erklärt Bornhäusser.
Fehlende Investoren
«Will er vorher aussteigen, hat er keine Chance. Viel wurde getan, um mehr Geld in Schweizer Startups zu pumpen. Allerdings fehlen Investoren, die auf die verschiedenen Entwicklungsphasen eines Jungunternehmens spezialisiert sind und die Bereitschaft mitbringen, im Rahmen einer Finanzierungsrunde auch bestehende Investoren herauszukaufen», sagt der Bulb-Gründer.
Damit besteht nach den Worten Bornhäussers für das Schweizer Venture-Capital-System» ein fundamentales Problem. Das Kapital der Investoren, speziell der Investoren, die in einer frühen Unternehmensphase investierten, werde viel zu lange gebunden und könne nicht in den Finanzierungskreislauf zurückgeführt werden, um weiteren Startups als Wachstumskapital zur Verfügung gestellt zu werden.
Kurzere Haltedauer in den USA
«Geht man davon aus, dass ein erfolgreiches Startup nach acht bis zehn Jahren verkauft wird und Early-Stage-Investoren im ersten Jahr einsteigen, kann der Investor frühestens nach acht Jahren wieder mit dem Geld rechnen», erklärt Bornhäusser.
Im Gegensatz dazu liege die Haltedauer in USA im Durchschnitt bei drei bis fünf Jahren. Ganz egal, zu welchem Zeitpunkt der Investor einsteige, er hat (fast) immer die Möglichkeit, in einer der nachfolgenden Investmentrunden an neue Investoren zu verkaufen, sofern das Startup erfolgreich ist, und kann dann das Kapital neu investieren und in den Kreislauf zurückführen.
Gestaffelte Invesititionsstruktur notwendig
Promoter des Schweizer Startup-Ökosystems wie Digital Switzerland und andere Förderinstitutionen müssten daher nicht nur das grundsätzliche Finanzieren von Wachstumsunternehmen fördern, sondern auch für eine nach Phasen gestaffelte Investorenstruktur werben, betont Bornhäusser weiter. Nur so lasse ich ein echter Finanzierungs-Kreislauf mit überschaubaren Investmentperioden für Venture-Capital-Investoren etablieren.
So gewinnen die Investoren, da sie schneller Gewinne realisieren und das Kapital zügig in den Kreislauf zurückführen können – und es gewinnen die Startups, da das Kapital kürzer gebunden ist, und daher viel mehr Kapital zur Verfügung steht.