Laurent Gagnebin: «Rothschild akquirierte rekordhohe Neugelder»

Die Rothschild & Co Bank in Zürich hat unlängst ein Büro in Dubai eröffnet und rechnet sich dort enorme Chancen aus. Gleichwohl bleibt der Standort Schweiz wichtig: «Falls es einen passenden Vermögensverwalter zum Übernehmen gibt, werden wir uns das sicher gut überlegen», sagt CEO Laurent Gagnebin im Interview mit finews.ch.


Laurent Gagnebin, die Rothschild & Co Bank konnte im vergangenen Jahr ihre verwalteten Vermögen um 17,3 Prozent auf 35,1 Milliarden Franken steigern. Was waren die wichtigsten Gründe für dieses Wachstum? 

Wir konnten im vergangenen Jahr rekordhohe Neugelder akquirieren. Zudem stehen wir bezüglich Marktperformance auf den verwalteten Vermögen ebenfalls sehr gut da. Allerdings veröffentlichen wir keine detaillierten Zahlen pro Markt. Die Schweiz hat aber einen Grossteil zu den Neugeldern beigetragen.

Das Neugeld belief sich im vergangenen Jahr auf 1,3 Milliarden Franken. Wie muss man sich den typischen Rothschild-Kunden vorstellen?

Mit unserem Fokus auf einen langfristigen Vermögensaufbau und -erhalt ziehen wir tatsächlich eine bestimmte Art von Kunden an. Dazu gehören Familien, die ihr Vermögen optimal strukturieren und über Generationen hinweg weitergeben möchten. Aber auch Leute mit Vorsorgebedürfnisse kommen immer häufiger zu uns.

«Die höheren Kosten sind zu einem Grossteil auf Neueinstellungen zurückzuführen.»

Eine weitere wachsende Kundengruppe sind Unternehmerpersönlichkeiten. Dank unserer engen Zusammenarbeit mit der Division Global Advisory, die Firmen bei Finanzierungsfragen berät, konnten wir unsere Positionierung bei Letzteren weiter ausbauen.

Ein Wermutstropfen bleibt: Der konsolidierte Gewinn der Bank fiel im vergangenen Jahr um 20 Prozent. Warum?

Der Vorjahresgewinn fiel aufgrund von Einmaleffekten höher aus, die im Zusammenhang mit der Akquisition der Bank Pâris Bertrand angefallen waren. Was sich ebenfalls verändert hat, ist die Zusammensetzung des Umsatzes.

Den zu erwartenden Rückgang bei den Zinserträgen konnten wir beinahe durch das deutlich gestiegene Kommissionseinkommen auffangen.

Aber auch die Erträge gingen zurück (-1,8 Prozent), während die Kosten stärker anstiegen (2,9 Prozent). Wie gedenkt die Bank im laufenden Jahr Effizienz und Profitabilität zu steigern?

Die höheren Kosten sind zu einem Grossteil auf Neueinstellungen zurückzuführen. Wir haben im vergangenen Jahr zahlreiche neue Kundenberater und weitere Mitarbeitende im Kundensupport eingestellt, und zwar in der Schweiz, aber auch in Deutschland, Spanien, Israel und in Dubai.

«Als nicht mehr börsenkotiertes Unternehmen können wir langfristig denken und handeln»

Dies verdeutlicht unsere klaren Wachstumsabsichten in allen unseren Kernmärkten. Wir konnten schon in diesem Jahr von den zusätzlichen Kundenbetreuungs-Kapazitäten profitieren.

Last but not least fiel auch die Betriebsmarge von 25,4 Prozent auf 20,4 Prozent. Rechnen Sie mit einem weiteren Rückgang 2025?

Über den Zyklus streben wir eine Marge von 20 Prozent an. Dass diese schwankt, ist normal, da, wir abhängig von externen Faktoren, unter anderem der Zinssituation sowie der Volatilität auf den Märkten, sind.

Die Personalkosten stiegen 2025 um 3,4 Prozent, während der Gewinn zurückging. Muss die Bank nun sparen?

Nein. Der Hauptgrund der gestiegenen Personalkosten beruht auf den diversen Neueinstellungen. Wer wachsen will, muss investieren. Als familiengeführtes Unternehmen in der 7. Generation und nicht mehr börsenkotiertes Unternehmen können wir langfristig denken und handeln.

Ihre Expansion in den Nahen Osten verbunden mit der Eröffnung eines Büros in Dubai gilt für die Bank als strategisch wichtiger Schritt. Welche Opportunitäten erkennen Sie in dieser Region?

Der Nahe Osten ist eine wirtschaftlich äusserst dynamische Region. Wir glauben, dass wir für lokale Familien, die unternehmerisch tätig sind und von dieser Wirtschaftsdynamik profitieren, ein sehr attraktives Angebot haben.

«Falls es einen passenden Vermögensverwalter zum Übeernehmen gibt, werden wir uns das sicher gut überlegen.»

Mit dem Global Advisory sind wir zudem schon länger dort und gut etabliert. Davon werden wir auch profitieren.

Trotz der hohen Wachstumserwartungen im Nahen Osten ist die Schweiz als Wealth-Management-Standort nach wie vor führend. Was unternimmt die Rothschild & Co Bank, um in diesem Umfeld wettbewerbsfähig zu bleiben?

Ich bin überzeugt, dass wir als familiengeführtes Unternehmen mit einem klaren Profil eine sehr gute Ausgangslage haben. Gerade in unsicheren Zeiten schätzen die Kunden – auch viele jüngere – unsere Stabilität und den langfristig ausgerichteten Investmentansatz. Diesen haben wir in den vergangenen Jahren mit umfassenden Beratungsleistungen im Bereich der Vorsorge ergänzt.

Abgerundet wird er durch zusätzliches Know-how im Zusammenhang mit Erbschaften, Nachlässen und Vermögensübertragungen. Schliesslich überzeugt auch unsere überdurchschnittliche Anlageperformance über mehrere Jahre.

Die Schweizer Vermögensverwaltungs-Branche durchlebt im Moment eine rasante Konsolidierung. Wo steht Ihre Bank in dieser Entwicklung, respektive ziehen Sie ebenfalls Übernahmen in Erwägung? 

Primär wollen wir organisch wachsen und setzten auf gezielte Neueinstellungen. Falls es jedoch einen passenden Vermögensverwalter zum Übernehmen gibt, werden wir uns das sicher gut überlegen. So wie vor drei Jahren, als wir die Bank Pâris Bertrand übernommen haben.

Die Zahl der Family Offices und unabhängigen Vermögensverwalter in der Schweiz nimmt laufend zu. Was unternehmen Sie, um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden?

Wir sind sehr interessiert an Family Offices, die spezifische Anlagemöglichkeiten suchen. Für solche anspruchsvollen Investoren verfügen wir über viel Know-how, das es uns erlaubt, individuelle Lösungen zu entwickeln.

Diese Lösungen reichen häufig weit über herkömmliche Anlagen hinaus und umfassen auch Private Markets Investments oder Beratungen bei Firmenfinanzierungen

Wie wird sich die Schweizer Bankbranche im Verlauf der nächsten fünf Jahre entwickeln, und welchen Platz wird die Rothschild & Co Bank in diesem «Mosaik» einnehmen?

Wir sind weiterhin sehr von der Attraktivität des Schweizer Finanzplatzes überzeugt. Selbst wenn andere Zentren aufholen oder gar schneller wachsen, gelten hierzulande immer noch sehr begehrte Standortfaktoren wie die politische Stabilität, das hohe Ausbildungsniveau oder auch die Servicequalität.

Wichtig ist, dass wir regulatorisch das Augenmass behalten und den Wettbewerb spielen lassen. Dank unserer Innovationskraft mache ich mir für die Schweiz keine Sorgen.

Als Rothschild & Co gehen wir konsequent unseren Weg und bleiben als familiengeführtes Unternehmen, das auf bestmögliche Beratung ohne Interessenskonflikte setzt, der Partner für langfristig orientierte vermögende Kunden.

Welche Rolle wird die Schweiz in den kommenden Jahren innerhalb der gesamten Rothschild-Gruppe spielen?

Insgesamt hat das Wealth Management innerhalb der Rothschild & Co Gruppe in den vergangenen Jahren deutlich an Gewicht gewonnen und ist stark gewachsen.

«Das Thema KI wird bleiben.»

Wir verwalten mittlerweile Vermögen in der Höhe von total mehr als 1'25 Milliarden Euro. Die Strategie für die kommenden Jahre ist klar: Die Gruppe will in der Schweiz weiterwachsen.

Wie positioniert sich die Bank in Sachen Künstlicher Intelligenz (KI)?

Wir sind seit längerer Zeit in diverse KI-lastige Unternehmen investiert und haben unter anderem deshalb eine Überperformance im Vergleich zum Markt erzielt.

Aktuell sind wir diesbezüglich sicher selektiver. Das Thema wird aber bleiben, und die Anlagechancen sind weiterhin gegeben. Innerhalb der Bank haben wir diverse KI-Projekte am Laufen, um repetitive und manuelle Arbeiten zu vereinfachen, damit unsere Berater mehr Zeit für die Kunden haben.

Wo legen Sie Ihre Prioritäten in diesem Jahr?

Wir wollen in allen Märkten kontinuierlich weiterwachsen. Einen besonderen Fokus haben wir dabei auf der Schweiz und unserem neuesten Standort in Dubai.

Wir sind in einigen Regionen noch sehr klein, weshalb es überall viel Potenzial gibt. Herausfordernd könnte die Zinssituation in Europa werden.


Laurent Gagnebin stiess im Herbst 2011 zur Rothschild Wealth Management Equitas, dem Genfer Standbein der Zürcher Rothschild & Co Bank. Zuvor leitete er die Investec Bank in der Rhonestadt. Ins Banking gelangte er über die Goldman Sachs Bank in Genf, nachdem er zuvor die École hôtelière de Lausanne absolviert und mehrere Jahre in der Hotelbranche gearbeitet hatte. Seit Mitte 2016 führt er als CEO die Rothschild Bank in der Schweiz.