Die digitale Revolution verändert nicht nur, wie wir kommunizieren und arbeiten, sondern auch, wie wir Werte und Vermögenswerte definieren und verwalten. Mit dem Token- und VT-Dienstleistungsgesetz hat Liechtenstein als erstes Land einen Rechtsrahmen geschaffen, der die digitale Welt mit der analogen Welt konsequent rechtlich synchronisiert.
Was oft vergessen oder missverstanden wird: Die Blockchain-Technologie bietet weit mehr als Kryptowährungen und die Digitalisierung der Finanzmärkte – sie schafft ein dezentrales Vertrauens- und Transaktionsnetzwerk.
Dadurch wird aus dem Internet der Information ein Internet der Werte, in dem Vermögenswerte nicht nur digital abgebildet, sondern auch sicher, transparent und direkt von Person zu Person übertragen werden können.
Token als Rechtsobjekte
In Liechtenstein sind Token nicht einfach nur digitale Daten, sondern sie können Rechte repräsentieren – zum Beispiel Eigentum, Nutzungsrechte, Forderungen oder Mitgliedschaften. Vermögenswerte wie Immobilien oder Kunstwerke können in einem Token digital abgebildet (= tokenisiert) und übertragen werden.
Ein Token steht somit nicht nur für den Wert eines Vermögensgegenstands, sondern macht dessen Übertragung auf einer Blockchain genauso rechtlich verbindlich und durchsetzbar wie in der analogen Welt.
Mehr als nur Bits und Bytes
Doch das Potenzial der Tokenisierung reicht weit über diese physischen Vermögenswerte hinaus. Auch immaterielle Werte wie geistiges Eigentum (IP-Rechte) können tokenisiert werden. Patente, Urheberrechte oder Lizenzen lassen sich in digitale Token umwandeln, die im Rahmen des Token- und VT-Dienstleistungsgesetz (TVTG) rechtlich geschützt und durchsetzbar sind.
Dadurch erhalten Unternehmen, Investoren und Kunden eine sichere Grundlage für den Umgang mit Token. Das stärkt das Vertrauen in den digitalen Rechtsverkehr nachhaltig.
Rechtsklarheit für alle Fälle
Das TVTG behandelt auch schwierige Szenarien wie den Verlust eines Token oder den gutgläubigen Erwerb eines Token. Diese Fragen sind für digitale Vermögenswerte besonders relevant, da die Anonymität und Unveränderlichkeit von Blockchain-Transaktionen auch Risiken bergen können.
Liechtenstein hat hier vorgesorgt: Der gutgläubige Erwerb eines Tokens ist rechtlich abgesichert. Dadurch wird sichergestellt, dass ehrliche Käufer geschützt werden, selbst wenn die Vorgeschichte des Token problematisch ist.
Die Zukunft der Tokenisierung
Liechtenstein hat sich als Pionier bei der Regulierung digitaler Vermögenswerte etabliert und bietet mit dem TVTG eine sichere, transparente Grundlage für die Tokenisierung materieller und immaterieller Vermögenswerte.
Diese Form der Digitalisierung birgt enormes wirtschaftliches Potenzial, da Vermögenswerte effizienter übertragen und durch Fraktionierung für eine breitere finanzielle Teilhabe geöffnet werden. Dadurch können neue Märkte schneller erschlossen werden, insbesondere in Bereichen wie Immobilien, Kunst, Rohstoffen und geistigem Eigentum, wo Tokenisierung Innovation und Handel fördert.
Liechtenstein als Vorreiter
Die digitale Welt ist unaufhaltsam auf dem Vormarsch und mit ihr kommen neue Herausforderungen für Recht und Regulierung. Liechtenstein hat mit dem TVTG einen mutigen Schritt gesetzt, der weit über blosse Finanzmarktregulierung hinausgeht.
Durch die Verankerung von Token als Rechtsobjekte und die Synchronisation von digitalen und analogen Rechten zeigt Liechtenstein, wie sich Innovation und Zukunftsorientierung mit Tradition, Stabilität und Rechtssicherheit in Einklang bringen lassen.
Clara Guerra ist Leiterin der Stabsstelle für Finanzplatzinnovation und Digitalisierung (SFID) des Fürstentums Liechtensteins und Co-Chair der European Blockchain Association (EBA). Als Juristin mit Schwerpunkt in High-Tech, Innovation und Digitalisierung war sie zuvor in der Privatwirtschaft tätig und engagierte sich als Board Member im Hochschul- und MedTech Bereich. Sie hält Vorträge und publiziert über aufkommende Technologien und Innovationsthemen aus staatlicher Perspektive.