Dass emotionale Ausbrüche bei Managern immer häufiger vorkommen, hat seine guten Gründe: Die Umlaufgeschwindigkeit von Informationen, akute Krisen und die Volatilität der Märkte steigern den Stresslevel oft ins Unermessliche, schreibt Brigitte Kaps auf finews.first.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.


Die Ansprüche an CEOs werden laufend grösser. Längst sind nicht nur Fachwissen und Unternehmensvisionen gefragt, sondern auch noch aussergewöhnlich hohe «Soft Skills», also eine Kombination aus menschlichen und sozialen Fähigkeiten, Kommunikationskompetenzen, Charakter- und Persönlichkeitsmerkmalen.

Gerade Kommunikationsfähigkeiten, zu denen auch explizit das Zuhören gehört, sind zentral für die positive Markenpositionierung eines Unternehmens und dessen Geschäftsgang. Sogar Social-Media-Auftritte sind mittlerweile geschäftsrelevant.

«Umso erschreckender ist, dass manche CEOs häufig nicht ausreichend auf diese Aufgabe vorbereitet sind»

Damit ein CEO in der Öffentlichkeit eine gute Figur macht, braucht er eine zielgruppengerechte Kommunikationsstrategie. Doch selbst die beste Strategie ist nichts wert, wenn sie der Chef nicht erfolgreich umsetzt. Umso erschreckender ist, dass manche CEOs häufig nicht ausreichend auf diese Aufgabe vorbereitet sind oder bei der Ausführung alleine gelassen werden.

Dabei sind sie die Stimme und das Gesicht des Unternehmens. Als Manager handeln sie nie nur für sich selbst, sondern stets im Namen der Organisation. Dennoch wird erwartet, dass sie jederzeit authentisch reagieren und transparent handeln. Dass dieser Spagat auch führenden Topmanagern nicht immer gelingt, haben die CEOs der beiden führenden Schweizer Grossbanken im vergangenen Jahr gezeigt.

«Ein Topmanager muss seine Emotionen im Griff haben, auch – respektive gerade – in stressigen Zeiten»

Diese Vorgänge wurden zwar bereits bis ins Detail analysiert. Dennoch sollte noch einmal betont werden: Ein Topmanager muss seine Emotionen im Griff haben, auch – respektive gerade – in stressigen Zeiten. Wenn man in einem Nobelrestaurant auf einen unliebsamen PR-Mann trifft, dann muss ihm mit einem Lächeln begegnen – selbst wenn man innerlich brodelt. Das unkontrollierte Verhalten in diesem Beispiel war zweifelsohne medienwirksam – allerdings zu Ungunsten des Managers und der Bank.

Dass solche emotionalen Ausbrüche bei vielen Managern immer häufiger vorkommen, hat seine Gründe: Die Umlaufgeschwindigkeit von Informationen, akute Krisen und die Volatilität der Märkte steigern den Stresslevel oft ins Unermessliche. Trotzdem sind viele CEOs bei der Bewältigung solcher Situationen oftmals ganz auf sich gestellt. Und von sich aus Schwächen zuzugeben – sei es gegenüber dem Verwaltungsrat, dem Management, dem Personal oder gar der Öffentlichkeit –, ist für viele keine Option.

«Man kann CEOs gezielt auf jedes emotionsgeladene Szenario vorbereiten»

Dabei CEOs sind auch nur Menschen und keine Algorithmen, mit denen man die angemessene Reaktion auf alle erdenklichen Krisenszenarien programmieren kann. Man kann sie jedoch gezielt auf jedes emotionsgeladene Szenario vorbereiten; vorausgesetzt, sie verfügen über eine ausreichende Kommunikationsbereitschaft und ein gewisses Mass an Emotionaler Intelligenz.

Auch die Mitarbeitenden wünschen sich einen CEO, der die Digitalisierung und eine offene Kommunikation vorlebt. Das bedeutet nicht, ständig irgendwelche Social-Media-Kampagnen anzuzetteln oder Medienmitteilungen ad absurdum zu streuen. Die Aufgabe eines Chefs besteht darin, mit Thought-Leadership-Themen zu überzeugen und die Vision des Unternehmens auf natürliche Art zu verkörpern.

Wie es geht, zeigen digitale Vordenker wie Richard Branson (Virgin Airlines), Adea Friedman (Nasdaq) oder Dan Schulman (Paypal). Sie interagieren nicht nur mit ihren Followern, sondern führen Gespräche mit echtem Mehrwert. Bei Tesla hat man wiederum den Eindruck, dass gar keine Unternehmenskommunikation nötig ist: Elon Musk erledigt das grösstenteils selbst – über Twitter.

«Wenn jeder Tweet Auswirkungen auf den Geschäftsgang haben kann, ist Souveränität gefragt»

Schweizer Topmanager dagegen sind regelrechte Social-Media-Muffel: Nur jeder vierte SMI-CEO ist in den Sozialen Medien aktiv. Positiv zu nennen sind Peter Voser (ABB) oder Vas Narasimhan (Novartis). Letzterer zeigt sich auf Twitter besonders aktiv – und wird dafür gelegentlich prompt der Selbstinszenierung beschuldigt. Dabei tut er nur das, was ein CEO heutzutage muss: Er gibt seinem Unternehmen auch auf Social Media ein Gesicht.

Dass Kommunikationsprozesse durch eine ausgeprägte Social-Media-Präsenz nicht einfacher, sondern komplexer werden, versteht sich von selbst. Wenn jeder Tweet oder Post Auswirkungen auf den Geschäftsgang des Unternehmens haben kann, ist Sorgfalt und Souveränität gefragt.

«Um auf unbekannte Krisenszenarien vorbereitet zu sein, braucht es einen vertrauten Sparring Partner»

Mit der Erkenntnis, dass jede einzelne Handlung das Schicksal des Konzerns verändern kann – zum Guten oder zum Schlechten –, muss man sich zuerst einmal anfreunden. Um auf unbekannte Krisenszenarien vorbereitet zu sein, braucht es einen vertrauten Sparring Partner. Jemand, mit dem mögliche Szenarien durchgespielt werden können – damit der CEO im Ernstfall schnell, souverän, aber gleichzeitig authentisch und menschlich reagieren kann.


Brigitte Kaps ist CEO und Gründerin der Firma Executive PR. Sie verfügt über einen Master of Advanced Studies in Business Communications (HWZ, MAZ & LSE) und ein Studium der Kommunikationswissenschaften der FH Frankfurt am Main. Sie bringt fast 20 Jahre internationale Berufserfahrung in Führungspositionen bei Auslandsbanken (ABN Amro, GE, RBS) mit. Bevor sie sich 2015 selbständig machte, leitete sie als Mitglied der Geschäftsleitung die Unternehmenskommunikation der Cembra Money Bank (ehemals GE Money Bank).


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