Das schiere Ausmass der erforderlichen Veränderungen im Asset Management werde die Branche noch auf Jahre hinaus beschäftigten, sagt Nicolas Faller von der Union Bancaire Privée. Doch was sind die Auswirkungen davon?
Von Nicolas Faller, Executive Managing Director, Co-CEO Asset Management UBP
Im vergangenen August jährte sich zum siebten Mal der Ausbruch der Finanzkrise von 2008, die am Ende alle Branchen mitriss. Auch die Vermögensverwaltung wurde dabei stark in Mitleidenschaft gezogen. Viele Gesellschaften mussten sich mit massiven Abflüssen und niedrigeren Erträgen abfinden.
Die Branche hat sich seither erholt, und die betreuten Kundengelder liegen heute auf einem Allzeithoch. Das alles illustriert einen der schnellsten und intensivsten Umbrüche in den vergangenen 100 Jahren.
Von Grund auf überdenken
Neue Regulierungen, historisch tiefe Zinsen, die Treuepflicht zur Wahrung der Interessen der Kunden, die Verbreitung von Digitalisierung und passivem Management veranlassten die Vermögensverwalter, ihre Vorgehensweise von Grund auf zu überdenken.
Das schiere Ausmass der erforderlichen Veränderungen wird die Branche aber noch auf Jahre hinaus beschäftigen. Mit der Folge, dass gute Asset Manager überleben, die schlechten umso schneller verschwinden werden.
Das Positive an diesem neuen Umfeld ist, dass es mehr Chancen als Gefahren für Vermögensverwalter gibt. Und das sind die Treiber:
1. Alternde Bevölkerung in Industrieländern
Das Verhältnis von Rentnern zu Erwerbstätigen steigt unablässig. Die staatlichen Sozialsysteme werden stark gefordert sein. Schwerer wiegt aber, dass viele Arbeitnehmer nicht genug Geld auf die hohe Kante legen können, um ihren Ruhestand zu finanzieren. Professionelle Vermögensverwalter sind bestens dafür gerüstet, diese tickende Zeitbombe zu entschärfen, indem sie ihr Anlage-Know-how gezielt einsetzen.
Der Übergang vom Leistungs- zum Beitragsprimat ist weit fortgeschritten. Vermögensverwalter bieten bereits viele Investmentlösungen, die Kapitalschutz, Ertragsgenerierung, Multi-Asset-Portfolios und Konvexität vereinen. Die alternde Bevölkerung stellt eine massive Herausforderung dar, die aber letztlich zu einer markanten Steigerung der verwalteten Vermögen führen wird.
2. Zunehmende Regulierungsflut
Vermögensverwalter empfinden Regulierung oft als Bedrohung, sollten sie aber eher als Chancen werten. So führte Solvency 2 und die Erfordernis zur Kapitalunterlegung der Portfolios von Versicherungsgesellschaften zum Beispiel zu einem Paradigmenwechsel. Mehr und mehr sind individuelle, bedürfnisorientierte Anlageprodukte gefragt, denn jedes Unternehmen hat seinen eigenen Ansatz.
Wandelanleihen zum Beispiel erfordern eine niedrigere Eigenkapitalunterlegung als Aktien, obwohl sie ein ähnliches Risiko und Ertragspotential bieten. Derweil schreibt die MiFID erhöhte Transparenz für Kleinanleger vor, was Vermögensverwalter als Anreiz zur Entwicklung neuer Produkte wahrnehmen sollten, die diese Auflage erfüllen.
3. Konkurrenz durch passive Manager und ETF
Überspitzt formuliert gibt es wahrscheinlich keinen anderen Wirtschaftszweig, in dem Firmen überlebten, wenn sie schlechte und zugleich teure Produkte anboten.
Leider war (und ist) es in der Finanbrache der Fall. Einige Vermögensverwalter belasten ihren Kunden hohe Gebühren für Produkte mit wenig Mehrwert. Diese Firmen geraten durch die Konkurrenz passiver Anlageinstrumente unter Druck. Sie werden sich aufrappeln müssen, sonst droht ihnen das Aus.
Zwar hat die passive Vermögensverwaltung noch schöne Zeiten vor sich. Aber ihr Wachstum wird ab einem bestimmten Niveau stagnieren. Es bleibt genug Platz im aktiven Segment für effiziente aktive Manager, um sich gegen schwache Alpha-Generierung durchzusetzen. Unternehmen, die mutige aktive Positionierungen mit einem verantwortungsbewussten Management ihrer Kapazitäten verbinden, werden als Gewinner hervorgehen.
Wie weiter?
Wie kann also die Vermögenverwaltungsbranche in diesem wechselhaften Umfeld weiterbestehen? Sie muss sich der Tatsache bewusst sein, dass ihr zwar viele Möglichkeiten offen stehen, aber auch Herausforderungen.
- Erstens steigen die Kosten, während die Verwaltungsgebühren bestenfalls stagnieren. Dies zwingt die Firmen zu einer äusserst selektiven Auswahl der von ihnen vertriebenen Produkte. Wer eine bestimmte Anlageklasse managen will, muss sehr gut darin sein, um künftig wachsen zu können, da noch vielfach gilt «the winner takes it all».
- Zweitens ist die Vermögensverwaltung in erster Linie ein People Business. Eine Firma braucht herausragende Portfolio Manager, um sich behaupten zu können. Der Krieg um die besten Talente ist härter als der Kampf gegen eine Benchmark.
- Drittens bildet die technologische Revolution einen Schlüsselfaktor für den Erfolg. Verschlankung und Automatisierung von Prozessen erlauben es den Vermögensverwaltern, ihre Grenzkosten einzuschränken sowie einer neuen Generation von Anlegern digitale Investmentlösungen vorzulegen.
Der Finanz-Tsunami von 2008 hatte brutale Folgen. Doch die Branche ist deswegen nicht am Ende. Sie wird dank neuer Chancen signifikant und schneller wachsen als die breite Wirtschaft. Aber nur die Fittesten, die flexibelsten und mutigsten Institute, werden überleben, wie uns schon Charles Darwin lehrte.