Die Absicht, mit einer griffigen Politik den Klimawandel zu stoppen, ist rechtschaffen, aber sinnlos, findet finews.ch-Chefredaktor Peter Hody. Die Banken frönen dabei dem Prinzip des Opportunismus – wie so oft.
Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.
Greta Thunberg schlief im eisigkalten Davos im Zelt, Schüler schwänzen den Unterricht und protestieren zu Zehntausenden auf den Strassen. Wellen der Empörung gehen über die untätigen Politiker nieder, die keine griffigen Massnahmen gegen den Klimawandel beschliessen.
Die Empörung ist verständlich angesichts der Schwatzbuden, die an vermeintlich bedeutsamen Gipfeltreffen wie dem Davoser Weltwirtschaftsforum (WEF) oder der Uno-Konferenz in Katovice, abgehalten werden. Und doch dünkt diese Entrüstung irgendwie verfehlt.
Denn die Empörung müsste sich vielmehr darauf richten, dass Politiker in der Uno, im Weltklimarat, in der EU oder im Schweizer Bundesrat tatsächlich meinen, sie könnten mit Politik das Klima beeinflussen.
«Der Umweltschutz schwebt heute in atmosphärischen Höhen und heisst Klimaschutz»
Der «historische Beschluss» vom Weltklimagipfel in Paris Ende 2015, die globale Erwärmung auf «deutlich unter zwei Grad», besser jedoch bis 2050 auf 1,5 Grad zu begrenzen, ist eine Synthese von wissenschaftlichen Annahmen, physikalischen Modellberechnungen und dem von vornherein völlig unrealistischen Ziel, den Kohlendioxid-Ausstoss 80 oder 95 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Am «Klimaziel» manifestieren sich menschlicher Allmachtswahn gleichsam wie Hybris – als ob sich das Klima unseres Planeten wie die Zimmertemperatur mit einem Heizungsregler bestimmen liesse.
Das Ziel und die Fähigkeit zu postulieren, die Temperaturen in der Erdatmosphäre zu steuern, ist auch darum scheinheilig, weil der als Klimazerstörer ausgemachte Kohlendioxid-Ausstoss munter weiter steigt. Der wahre Wille von Politik und Wirtschaftsführern, die verhandelten Klimaziele zu erreichen, zeigt sich eher in der Unfähigkeit, Massnahmen umzusetzen.
Das eigentliche Ziel war nicht, auf der Basis von fundierten wissenschaftlichen Grundlagen einen Massnahmenplan der Weltgemeinschaft gegen die Erderwärmung zu erschaffen. Sondern dem Weltklimarat (IPCC) geht es darum, eine bisher weitgehend gescheiterte und von vielen Partikularinteressen zersplitterte Umwelt- und Emissionspolitik neu zu erfinden, die sich PR-mässig gut verkaufen lässt. Der Umweltschutz, wie er früher einmal hiess und auch greifbarer war, schwebt heute in atmosphärischen Höhen und heisst Klimaschutz.
«Was bis vor kurzem kaum einen Banker interessierte, hat sich zum Trend entwickelt»
Die Schweiz tut sich in dieser wolkigen Disziplin besonders hervor. Sie will ihre angestrebten CO2-Reduktionen – wie bisher – zum guten Teil im Ausland mittels Klimazertifikate einkaufen. Geht man von Berechnungen des WWF aus, kostet dies annähernd zwei Milliarden Franken, was aber billiger ist, als wenn hierzulande griffige Massnahmen durchgesetzt würden.
Die von der UNO geschaffene Zertifikate-Industrie führt notabene nicht zu einer effektiven Senkung des globalen CO2-Ausstosses, sondern beruht auf hypothetischen Berechnungen, dass künftige Treibhausgasemissionen verhindert werden und ist verschiedentlich wegen ihrer mangelnden Wirksamkeit kritisiert worden.
Seit dem Klimagipfel von Paris hat sich die Finanzbranche zu einem Zugpferd in Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit entwickelt. ESG (Environment, Social, Governance), SRI (Social Responsibility Investment), Green Bonds, Impact Investing: Was bis vor kurzem kaum einen Banker interessierte, hat sich in der Branche zum derzeit grössten Trend entwickelt, den keiner auslassen will.
«Die Finanzbranche hat damit bereits wieder akutes Glaubwürdigkeitsproblem»
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