Notenbanken im Bann der US-Zoll-Turbulenzen

Die EZB hat am Donnerstag wie erwartet die Zinsen in der Eurozone gesenkt. Die Notenbanker gehen durch die Handelsspannungen von zusätzlichen Belastungen für die Wirtschaftaussichten aus.

Die am sogenannten «Befreiungstag» von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle auf in die USA importierte Güter haben das Koordinatensystem, in dem die Notenbanken ihre Projektionen vornehmen müssen, ordentlich durcheinandergebracht. Die dann wenige Tage später erfolgten Anpassungen, das Aussetzen vieler Zölle um 90 Tage und das gegenseitige Hochschaukeln der Zollsätze zwischen den USA und China, hat die Lage nicht übersichtlicher gemacht.

Noch vor wenigen Wochen hatte es eigentlich danach ausgesehen, dass auch die EZB aufgrund der Wirtschaftsdaten an der April-Sitzung einmal eine Pause in ihrem Zinssenkungs-Kurs einlegen könnten. Doch diese Annahme wurde von den Marktteilnehmern im Nachgang der Marktentwicklung nach dem 2. April schnell beerdigt.

Alles andere als eine Zinssenkung der EZB wäre eine faustdicke Überraschung gewesen. Mit der heutigen Entscheidung haben die Euro-Notenbanker seit Juni 2024 die Leitzinsen sieben Mal auf nun 2,25 Prozent (Einlagensatz) gesenkt – seit vergangenem September sogar sechs Mal in Folge.

Dabei überrascht es auch nicht, dass man sich auf einen Zinsschritt um 25 Basispunkte beschränkt hat. Ein Schritt um 50 BP hätte von den Märkten als Zeichen dafür gewertet werden können, dass man in Panik verfällt.

Unsicherheiten belasten

Auch bei der EZB wird befürchtet, dass Trumps Handelskrieg das Wachstum der Eurozone und der Weltwirtschaft insgesamt beeinträchtigen wird. Die Inflationsentwicklung in Richtung der Zielmarke von 2 Prozent, der stärkere Euro zum Dollar und die Wolken am Konjunkturhorizont haben für die Senkung gesprochen.

«Die Wirtschaft des Euroraums hat eine gewisse Widerstandsfähigkeit gegenüber globalen Schocks aufgebaut», schreibt die EZB in ihrer Einschätzung. Die Wachstumsaussichten hätten sich jedoch aufgrund der zunehmenden Handelsspannungen eingetrübt.

«Die erhöhte Unsicherheit dürfte das Vertrauen der privaten Haushalte und Unternehmen mindern. Die negative und volatile Marktreaktion auf die Handelsspannungen dürfte sich zudem restriktiv auf die Finanzierungsbedingungen auswirken. Diese Faktoren könnten die Wirtschaftsaussichten im Euroraum zusätzlich belasten», heisst es weiter.

Eine Guidance für die kommenden Zinsentscheide wird wie üblich nicht gegeben. Die Festlegung des angemessenen geldpolitischen Kurses werde von der Datenlage abhängen und von Sitzung zu Sitzung erfolgen.

Rüffel von Trump an Powell

Auch der Zinsentscheid des Offenmarkausschusses der Federal Reserve am Mittwochabend (europäischer Zeit), bei dem keine Änderungen vorgenommen wurden, hatte unter den Vorzeichen des Zoll-Streits gestanden.

Fed-Chef Jerome Powell verwies in einer anschliessenden Rede darauf, dass die von Trump verhängten Zölle wahrscheinlich negative Folgen für die US-Wirtschaft haben werden. Sie würden zu einem langsameren Wirtschaftswachstum und einer höheren Inflation führen.

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Fed-Chef Jerome Powell. (Bild: Shutterstock)

Die Fed hat die Zinsen in diesem Jahr bisher stabil gehalten, nachdem sie sie 2024 dreimal in Folge gesenkt hatte, darunter im September um einen halben Punkt. Die nächste Sitzung der US-Notenbank findet im Mai statt.

Präsident Trump machte einmal mehr mit einem Post auf seiner Plattform Truth Social seinem Unmut über den geldpolitischen Kurs von Powell Luft. Powell sei «immer ZU SPÄT UND FALSCH» schrieb er in der ihm eigenen Diktion. Er fügte hinzu, dass der Fed-Chef «die Zinssätze schon vor langer Zeit hätte senken sollen, wie die (Europäische Zentralbank), aber er sollte sie sicherlich jetzt senken. Powells Abtritt kann nicht schnell genug kommen!“ Trump hatte Powell 2018 selbst ins Amt berufen.

Dabei liess er offen, ob er damit auf das geplante Ende von Powells Amtszeit als Fed-Chef per Mai 2026 abzielte, oder ob er vorhat, ihn schon früher aus seiner Rolle zu entfernen. Auch das entspricht seinem üblichen Kommunikationsstil.

Trump hatte Powell bereits mehrfach kritisiert und ihn dazu aufgefordert, die Kreditkosten zu senken. Anfang des Monats schrieb der US-Präsident auf Truth Social: «CUT INTEREST RATES, JEROME, AND STOP PLAYING POLITICS!»

Herausforderndes Szenario

Powell verwies in seiner Rede darauf, dass die Höhe der verhängten Zölle deutlich grösser war als erwartet. Das könnte für die Währungshüter ein «herausforderndes Szenario» bedeuten und einen Zielkonflikt bei ihrem Doppelmandat der Preisstabilität und der maximalen Beschäftigung auslösen.

«Unsere Unabhängigkeit ist vom Gesetz garantiert», sagte Powell. «Wir werden uns niemals durch politischen Druck beeinflussen lassen. Die Leute können sagen, was sie wollen ... aber wir werden das, was wir tun, strikt ohne Rücksicht auf politische oder andere äussere Faktoren tun.»