Der Grund dafür ist naheliegend: In Paris wurden auch die sogenannten SDGs (Social Development Goals) verabschiedet. Neben dem Klimaschutz umfassen diese in insgesamt 17 Punkten unter anderem die Bekämpfung von Hunger, Armut und das Beheben von Ungleichheit. Um diese Ziele zu erreichen sind je nach Interpretation zwischen drei und sieben Billionen Dollar pro Jahr nötig – was die ohnehin schon hoch verschuldeten Staatshaushalte unmöglich schultern können.
Diese Finanzierungslücke wollen nun die Banken schliessen. Sie wittern dabei ein ganz grosses Geschäft. J.P. Morgan etwa errechnete, dass die Branche allein im Bereich Impact Investing – Investments, die neben einer Rendite einen messbaren positiven Einfluss auf Gesellschaft und Umwelt erzielen – in den kommenden zehn Jahren bis zu 667 Milliarden Dollar verdienen kann. Unter solchen Prämissen darf es nicht überraschen, dass ein zuvor eher belächeltes Randthema zum Mainstream in der Hochfinanz mutiert.
Kein Wunder, hat sich der Output von entsprechenden Investmentprodukten in den vergangenen Jahren vervielfacht – «Nachhaltigkeit» gehört im heutigen Banking zum «Mission Statement». Keine Investorenkonferenz findet mehr statt, ohne dass das Thema «Nachhaltigkeit» diskutiert wird.
Doch die Finanzbranche hat damit bereits wieder akutes Glaubwürdigkeitsproblem. Denn zahlreiche Anbieter sind reine Trittbrettfahrer oder sogenannte «Greenwasher»; ihre Anlageprodukte heissen nur «nachhaltig» oder «sustainable», sind es aber nicht. Ein Anlagespezialist einer bedeutenden Schweizer Bank sagte gegenüber finews.ch unlängst lapidar: «Der Nachhaltigkeits-Trend ist die Rettung für die Banken. Wir sehen darin schlicht die Chance, Produkte unter einem neuen Label zu verkaufen.»
«Wo eine Rendite erwirtschaftet werden kann, wird sie erwirtschaftet»
Der Verdacht liegt darum nahe, dass hinter den Nachhaltigkeits-Statements der Banken und Vermögensverwalter nur Profitstreben steckt. Der Blick auf die globalen Finanzströme im Energiesektor erhärtet diesen Eindruck noch. Gemäss dem «World Energy Investment 2018»-Bericht der Internationalen Energie Agentur sind 2017 die weltweiten Investments in erneuerbare Energien um 7 Prozent auf 300 Milliarden Dollar gesunken. Die Investitionen in die Öl- und Gasförderung stiegen hingegen um 4 Prozent auf 450 Milliarden Dollar, und es flossen immer noch 80 Milliarden Dollar in den Kohleabbau.
Diese Perspektive zeigt auch, dass sich die Finanzierungstätigkeit der Banken – namentlich auch der beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse – nur sehr langsam in Richtung «Nachhaltigkeit» bewegt und dem Klimaschutz untergeordnet wird.
Nüchtern betrachtet, manifestiert sich darin bloss das Prinzip des Opportunismus', dem die Banken seit jeher gefolgt sind. Wo eine Rendite erwirtschaftet werden kann, wird sie erwirtschaftet. Immerhin hat die Finanzindustrie durch ihren Opportunismus eine gewisse sinnstiftende Rolle eingenommen. Wer nachhaltig investiert, kann etwas bewirken – und vielleicht auch den Klimawandel stoppen.
Peter Hody ist Chefredaktor von finews.ch. Er übte in den vergangenen Jahren diverse Führungspositionen bei Wirtschafts- und Finanzmedien aus, unter anderem bei «Cash» und bei «Stocks». Zuvor schrieb er aus Zürich für die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) und berichtete als Korrespondent aus dem Bundeshaus für RTL/ProSieben. Er ist Historiker und absolvierte an der Hamburg Media School einen MBA in Medien-Management.
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