Bernhard Duss arbeitete mit Tophäusern wie Chanel zusammen. In Pontresina zauberte er opulente Blumen an die Zimmerdecken des Hotel «Maistra 160». Im ikonischen Hotel Château Gütsch in Luzern verblüfft er mit seiner Tapete. Seine neuste Arbeit führt ihn wieder in die Welt der Mode zurück. Wer ist dieser Tausendsassa? Eine Begegnung. 

Von Susanne Holz

Im Engadiner Hotel «Maistra 160» überrascht die Deckengestaltung der Zimmer mit so opulenter wie filigraner Blumenpracht. Ein grosser, an die Decke gemalter rosa Kreis bildet die Bühne für eine Gruppe pastellfarbener Buschrosen. Jedem Zimmer ist eine andere einheimische Garten- oder Wiesenblume zugeteilt. Jede Deckengestaltung ist die Neuinterpretation historischer Blumenmalerei. Anemonen, Buschrosen oder Engadiner Hängenelken zieren die Zimmerdecken. Vergrössert und digital auf Tapetenvlies gedruckt.

Das sticht ins Auge: Die Deckengestaltung im Hotel «Maistra 160» im Engadin. (Bild: Ralph Feiner)

Den Wald ins Restaurant geholt

Verantwortlich für diese Augenweide ist Textildesigner Bernhard Duss, gebürtiger Luzerner, international gefragt. Duss hat auch das neue Tapetendesign im Restaurant Lumières im Luzerner Hotel Château Gütsch entworfen: die Trompe-l’Œil-Tapete zeigt eine lichtdurchflutete Landschaft und Motive der einheimischen Flora und Fauna. Bernhard Duss sagt: «Ich habe den Wald ins Restaurant geholt.»

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Hat schon mit Chanel zusammengearbeitet: Bernhard Duss. (Bild: zVg)

Der erfolgreiche Designer hat im Luzerner Vorort Emmenbrücke in einer ehemaligen Textilfabrik ein Atelier. Bernhard Duss schätzt «diese Industrieromantik, die immer schöner wird». Der Textildesigner nennt das Luzerner Atelier auch seinen «Ruhepol». Zwei Tage die Woche hält er sich in der Zentralschweizer Heimat auf, drei Tage in St. Gallen, wo er für die Firma Christian Fischbacher Bed & Bath Textilien entwirft.

Zusammenarbeit mit Textilhistorikerin

Bernhard Duss ist ein Multitalent. Das kommt ihm zugute, denn die europäische und Schweizer Textilindustrie hat seit Corona gelitten. «Ich bin froh über meine anderen Betätigungsfelder», erklärt der Designer, «und ich bin stolz darauf, beruflich überleben zu können.» Seine anderen Betätigungsfelder, das sind Bühnen- und Kostümbildnerei, die Arbeit als Ausstellungsmacher oder das Unterrichten von Ausstellungsszenografie als externer Experte an der Hochschule für Design, Film und Kunst Luzern, im Studiengang Textildesign.

Schon länger arbeitet Bernhard Duss auch mit der Textilhistorikerin Thessy Schönholzer Nichols zusammen. Die beiden zeigten 2023 in einem Basler Ausstellungsraum Textilien aus sechs Jahrhunderten und planen derzeit die nächste Ausstellung im Bereich der Kostümarchäologie. 

Schmetterling zieren Foulards

Und auch dieses aktuelle Projekt des Textildesigners hat mit der Vergangenheit zu tun: Für «Die Manufaktur» in St. Gallen, einem Schneideratelier mit Laden, entwirft Duss Stoffe für die Frühjahrskollektion 2025. Schmetterlinge stehen im Zentrum. Schmetterlinge, die Foulards zieren. Inspirieren lässt sich Bernhard Duss von einer 100 Jahre alten Schmetterlingssammlung, die er gerade restauriert. Die Ladengestaltung und Marketingevents gehen übrigens ebenfalls auf das Konto des Designers. 

Bernhard Duss Foto Michael Schober

Die neue Foulard-Kollektion. (Bild: Michael Schober)

Ihren Anfang nahm die Karriere von Bernhard Duss mit der Arbeit als Stoffdesigner für die Firma Jakob Schlaepfer in St. Gallen. Dies führte ihn zu den grossen Namen der Mode und nach Paris. Die Zeiten waren damals in den Neunzigern noch andere: «Früher machten die Stofffirmen Kollektionen, heute kommen die Designer mit ihren Ideen.» Auch sei die Mode überschaubarer gewesen, heute stelle er eine gewisse Überreizung fest, gerade im Luxusbereich.

«Bei Chanel waren sie unglaublich nett»

Die Arbeit für die Ostschweizer Textilindustrie, für die Modefirmen und die Zulieferer wie Webereien und Druckereien sei spannend gewesen. Bernhard Duss: «Bei Chanel waren sie unglaublich nett, Lagerfeld hatte ein gutes Team. Man fuhr hin, machte den Koffer auf und zeigte seine Stoffe.» Der Textildesigner weist darauf hin, dass auch in der Mode Historisches immer wieder neu interpretiert werde. Wichtig sei eine Nase für den Zeitgeist. Bernhard Duss: «Je älter man wird, desto mehr sichere Ideen hat man.» Das habe mit Erfahrung zu tun, mit dem Wissen um Wiederholungen und Gegenbewegungen.

In der Kunstgewerbeschule entschied sich Bernhard Duss einst für den Studiengang Textildesign. Nicht nur die opulenten Blumen an den Hotelzimmerdecken in Pontresina machen deutlich, dass er damals die richtige Entscheidung getroffen hat.