Das Bezirksgericht Hinwil teilt die Bedenken der Anleihengläubiger in Bezug auf die im Verfahren vorgesehene Übertragung bzw. Einlieferung der Obligationen. Es hat deshalb angeordnet, dass die Sachwalter den Schuldenruf widerrufen müssen.

Grosser Knall im Fall GZO Spital Wetzikon. Der von den beiden Sachwaltern Stephan Kesselbach und Brigitte Umbach-Spahn (Kanzlei Wenger Plattner) im Februar lancierte Schuldenruf ist vom Bezirksgericht Hinwil auf Beschwerde des von Gianluca Ferrari geleiteten Investmentfonds Clearway Capital Partners, der die Gläubigerinteressengemeinschaft GZO Creditor Group anführt, kassiert worden.

Gemäss dem Gerichtsbeschluss vom 5. März 2025 werden die Sachwalter superprovisorisch angewiesen, den u.a. im Handelsamtsblatt publizierten Schuldenruf, «mindestens mit Bezug auf die Anleihegläubiger der CHF 170 Millionen Anleihe der GZO», per sofort zu widerrufen.

Ungleichbehandlung der Obligationäre?

Zankapfel war die Frage der Übertragung der Obligationen auf die Sachwalter im Rahmen des Schuldenrufs. Dem Beschluss ist zu entnehmen, dass Clearway Capital dagegen am 25. Februar Beschwerde eingelegt hat, «weil sie als Anleihegläubigerin gemäss dem Schuldenruf ihren Titel nur nachweisen könne, wenn sie sie auf das Depot der Sachwalter übertrage».

Die Beschwerdeführerin machte weiter geltend, dass dafür die gesetzliche Grundlage fehle und aufgrund uneinheitlicher Lehrmeinungen das Risiko bestehe, «dass den Sachwaltern mit einer solchen Buchung das Vollrecht an den Anleihensobligationen übertragen werde».

Der Aussage der Sachwalter, dass die Anleihegläubiger über ihre Anleihen durch Zession (Abtretung) weiterhin verfügen könnten, schenkte Clearway keinen Glauben. Die Obligationäre könnten so nicht mehr über ihre Titel verfügen, womit sie gegenüber anderen Gläubigern ungleich behandelt würden.

Bessere Alternativen?

Zudem führte Clearway ins Feld, dass es ihr und anderen Gläubigern aus rechtlichen Gründen nicht möglich sei, die Vermögenswerte auf das Depot der Sachwalter zu übertragen, so dass die Rechte im Nachlassverfahren nicht wahrgenommen werden könnten. Hinzu komme, dass die Sachwalter und die Zürcher Kantonalbank (die ZKB ist die Depotbank der Sachwalter) die geldwäschereirechtlichen Vorschriften nicht einhalten könnten.

Clearway skizzierte auch Alternativen zum Vorgehen der Sachwalter, wie den «Erwägungen» im Gerichtsbeschluss zu entnehmen ist, und nimmt dabei Bezug auf das öffentlich einsehbare Hauptregister des Zentralverwahrers SIX SIS und die Depotbanken.

«Benachteiligung der Anleihegläubiger nicht gerechtfertigt»

Das Bezirksgericht hält in seinem Beschluss fest, dass es aus zeitlichen Gründen einen superprovisorischen Entscheid zu fällen hatte. Die im Schuldenruf gesetzte Frist läuft am 20. März 2025 ab; Gläubiger, die bis dahin ihre Forderungen nicht eingereicht hätten, hätten nicht an einer Abstimmung über den Nachlassvertrag teilnehmen können.

Materiell stellt das Gericht fest: «Der vorliegend zu beurteilende Schuldenruf führt zu einer rechtsungleichen Behandlung von Anleihegläubigern und übrigen Gläubigern: Während ein gewöhnlicher Gläubiger bloss seine Forderung anmelden muss, haben die Anleihegläubiger ihre Obligationstitel physisch einzuliefern. Die damit einhergehende Benachteiligung der Anleihegläubiger erscheint als nicht gerechtfertigt, zumal die Schuldenhöhe aus öffentlichen Registern ersichtlich ist und das von der Beschwerdeführerin skizzierte mildere Vorgehen einstweilen als mindestens ebenso geeignet erscheint, um den Zweck des Schuldenrufs, nämlich die Feststellung der Verbindlichkeiten und der abstimmungsberechtigten Gläubiger, zu erreichen.»

«Angebot nicht öffentlich kommuniziert»

Die Sachwalter hätten zwar angeboten, im Einzelfall ein Blockierungszertifikat der jeweiligen Depotbank zu akzeptieren, sofern spezialgesetzliche Vorgaben die Einlieferung der Titel verunmöglichten. «Damit einher geht aber eine weitere Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Anleihegläubiger, da dieses Entgegenkommen der Sachwalter – soweit ersichtlich – nicht öffentlich kommuniziert worden ist und vielen Anleihegläubigern somit unbekannt sein dürfte.»

Die Gefahr sei deshalb gross, dass manche Anleihengläubiger die Forderungsanmeldung nicht wahrnehmen und damit ihrer Stimmrechte verlustig gehen könnten. «Dies gilt es zu verhindern», betont das Bezirksgericht.

Hinzu komme, dass die rechtlichen Konsequenzen einer Titelübertragung an die Sachwalter offenbar unklar bzw. umstritten seien. «Das betrifft namentlich die Frage, ob mit der Einlieferung der Obligationstitel zugleich das Vollrecht an die Sachwalter übergeht.»

«Physische Einlieferung nicht notwendig und nicht zumutbar»

Und dann folgt die eigentliche Kernaussage: «Der Beschwerdeführerin ist darin zuzustimmen, dass es zur Anmeldung und Belegung der Forderung eines Anleihegläubigers genügen sollte, wenn eine Depotbank oder die SIX SIS bestätigen kann, wer der Forderungsinhaber ist. Eine physische Einlieferung der Titel erscheint demgegenüber als nicht notwendig und wegen der unabsehbaren, rechtlich ungeklärten Folgen als unzumutbar für die Beschwerdeführerin.»

Naturgemäss fällt die Reaktion des Beschwerdeführers positiv aus. Clearway Capital Partners begrüsst den Entscheid und «bittet alle Anleihegläubiger eindringlich, zum jetzigen Zeitpunkt keine Massnahmen zu ergreifen, bis ein neuer Gläubigeraufruf veröffentlicht wird». 

«Verfahren bietet hohe Sicherheit und hat sich bewährt»

Auch die Sachwalter haben am Donnerstag Stellung genommen. Sie erklären, das von ihnen gewählte Verfahren der Einlieferung der Obligationen in ihr Depot bei der ZKB biete «im Hinblick auf das weitere Verfahren, insbesondere im Hinblick auf die Auswertung des Abstimmungsergebnisses zum geplanten Nachlassvertrag, hohe Sicherheit» und habe sich in der Praxis bewährt.

Nun werde der Schuldenruf aufgrund des Gerichtsbeschlusses mit Publikation im Schweizerischen Handelsamtsblatt und im Amtsblatt des Kantons Zürich am Freitag widerrufen.

Nur für die Obligationäre relevant

«Die Sachwalter und die GZO AG erhalten nun Gelegenheit, sich zur eingereichten Beschwerde vernehmen zu lassen. Danach wird das Bezirksgericht über die Beschwerde bzw. über das weitere Vorgehen in Bezug auf die Anleihegläubiger entscheiden.»

Die Sachwalter stellen auch klar, dass der Widerruf ausschliesslich die Anleihengläubiger, nicht aber die übrigen Gläubiger, betrifft.

Weiteres juristisches Geplänkel?

Man darf gespannt sein, ob die beiden Anwälte der renommierten Kanzlei Wenger Plattner den Entscheid einfach hinnehmen oder ihre Sichtweise mit juristischen Argumenten durchzusetzen versuchen werden.

Die Kurse der GZO-Anleihe, die zuvor lange um 35 Prozent pendelten (im Einklang mit dem vorgeschlagenen Schuldenschnitt von 65 bis 70 Prozent) haben sich in den letzten zwei Wochen relativ stark bewegt, bis auf ein Tief von 26 Prozent. Zurzeit notieren sie auf 27,5 Prozent.

Verkaufsdruck und Wermutstropfen

Dem Vernehmen nach hatte dies mit dem Verkaufsdruck von institutionellen Anlegern zu tun, welche die im Schuldenruf vorgesehene Einlieferung der Obligationen ins Sachwalter-Depot nicht vornehmen konnten oder wollten.

Der Entscheid des Bezirksgerichts, das die beiden Sachwalter notabene selber eingesetzt hatte, ist aus Obligationärssicht positiv zu bewerten. Ein Wermutstropfen ist, dass er nicht auf Betreiben inländischer institutioneller Investoren wie Pensionskassen oder Versicherungen zustande gekommen ist, sondern dass es dazu einen «auf Impact Investing in europäischen öffentlichen Märkten spezialisierten Anlagefonds» brauchte. Diesen hätte man früher als «Vulture Fund» bezeichnet – aber auch Aasgeier erfüllen bekanntlich in der Nahrungskette eine durchaus nützliche Funktion.