Die Schweizer Banken vergleichen sich gerne mit Schweizer Uhrenmarken. Doch das greift zu kurz, weil Schweizer Uhren nicht austauschbar sind im Gegensatz zu den vielen Schweizer Banken, schreibt Claude Baumann.


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.


Vergangene Woche publizierte mein Arbeitskollege Frédéric Papp einen Artikel über das Ende der Universalbanken. Innert weniger Stunden verzeichnete der Beitrag mehr als 10'000 Zugriffe, und inzwischen sind es sogar noch einige tausend mehr. Untergangs-Szenarien sind offensichtlich en vogue, denn auch ein kürzlicher Artikel in der «Financial Times» sowie das unlängst auf Deutsch erschienene Sachbuch von Jonathan McMillan, «Das Ende der Banken – Warum wir sie nicht brauchen», stiessen und stossen auf enorme Beachtung.

Und nun stimme ich auch noch in diesen Kanon ein und verkünde schlicht und ergreifend das Ende des Swiss Banking. Nicht, weil ich mich in der Kunstform der Schwarzmalerei üben möchte, sondern weil mittlerweile so erdrückend viele Fakten eindeutig darauf hinweisen, dass das Swiss Banking, das wir in den vergangenen dreissig Jahren in seiner Hochblüte erleben durften, bald nicht mehr existieren wird. Die Frage lautet bloss: Kommt danach noch was?

«Die privilegierte Stellung der Schweiz ist nicht gottgegeben»

Doch zunächst zu den Fakten: Die Schweiz ist zwar nach wie vor ein wunderbares Land, das in so manchen Belangen obenaus schwingt, wie die zahlreichen internationalen Umfragen (Wettbewerbsfähigkeit, Innovation, Lebensqualität) regelmässig illustrieren. Doch die privilegierte Stellung ist nicht gottgegeben. Viele verschiedene Länder rücken nach, die der Schweiz auf bestimmten Gebieten (Technologie, Offenheit, Vernetzung) durchaus das Wasser reichen können – und das wird weitergehen.

Die politische Entwicklung in Europa trägt ebenfalls dazu bei, dass die Schweiz in einer zunehmend verzwickten Lage steckt. Gerade in der Finanzbranche gehen die Meinungen weit auseinander, ob es ein Vor- oder Nachteil ist, dass die Schweiz im Verhältnis zur EU und zu den Briten nach dem Brexit zunehmend auf das Wohlwollen der Europäer angewiesen ist. Früher war das anders.

Ein Ausdruck davon ist das Schweizer Bankgeheimnis, das gegenüber dem Ausland bereits weg ist, während es früher zwar nicht der einzige, aber der vermutlich wichtigste Bestandteil des Swiss-Banking-Konzepts war. Inzwischen steht dieser an sich intelligente Diskretionsschutz selbst hierzulande zur Diskussion. Für Private Banker ist dies wahrlich keine ermutigende Perspektive; wohl oder übel sind sie gezwungen, ihre Geschäftsmodelle radikal zu überdenken – oder aufzugeben.

«Singapur profiliert sich als die bessere Schweiz»

Ohnehin ist noch allerhand Denkarbeit nötig. Denn das Swiss Banking funktioniert insofern auch nicht mehr, als es mittlerweile überall auf der Welt sehr gut ausgebildete Private Banker gibt, sei das nun in London, Singapur oder Dubai – Finanzplätze notabene, die im Windschatten der Schweiz ebenfalls massiv aufgerüstet haben; sie alle nahmen sich an der Schweiz ein Vorbild und haben das Metier unbelastet perfektioniert. Asien ist das beste Beispiel dafür: Singapur profiliert sich als die «bessere Schweiz», und viele Jobs, die früher Schweizer ausübten, haben sich talentierte Asiaten unter den Nagel gerissen.

Das kommt nicht von ungefähr, hat sich in den vergangenen dreissig Jahren doch auch der Typus der Klientel radikal verändert. Lebte das Swiss Banking in der Vergangenheit vor allem von der steuerflüchtigen und daher auch anspruchslosen Klientel in Europa und von Kunden aus den einschlägigen Überseemärkten wie Lateinamerika und USA – also vom klassischen Offshore-Banking, wie es im Jargon heisst –, so stehen heute eher asiatische, arabische und russische Milliardäre im Fokus, die – in ihrer Sprache – nach modernsten Banking-Regeln bedient werden möchten. Das kann eine Schweizer Bank durchaus liefern, aber nicht weil sie schweizerisch ist, sondern nur, wenn sie sich mit der amerikanischen, französischen oder britischen Konkurrenz messen kann – nur dann.

«So machte das Wine-&-Dine mit den ausländischen Kunden noch richtig Spass»