Die zunehmende Bedeutung des Know-hows manifestiert sich auch darin, dass das hochmargige Steuerarbitrage-Geschäft, das viele Schweizer Finanzinstitute in der Vergangenheit gradezu krankhaft betrieben haben, schlicht nicht mehr möglich ist. Die seit der Finanzkrise eingeführten Regularien – Stichwort Automatischer Informationsaustausch – haben dem Ganzen unwiderruflich einen Riegel geschoben.

Kommt hinzu, dass das Börsenumfeld ungemein schwieriger geworden ist und geldpolitische Staatsinterventionen die Marktmechanismen permanent ausser Kraft setzen. Vorbei sind die Zeiten, als die Zinsen noch was hergaben, der Franken granithart war und die Börsen munter nach oben tendierten – so machte das halbjährliche Wine-&-Dine mit den ausländischen Kunden noch richtig Spass.

«Millennials beeindruckt es herzlich wenig, mit einem palavernden Private Banker zu dinieren»

Tempi passati auch deswegen, weil die Klientel von morgen das gar nicht mehr sucht. Aufgrund der heutigen Möglichkeiten (Unternehmertum, Technologie, Globalisierung) gibt es immer mehr junge Leute, die zu sehr viel Geld kommen, und die beeindruckt es herzlich wenig, mit einem palavernden Private Banker zu dinieren oder in die Oper zu gehen. Die technologieaffinen Millennials sind es, die dem Swiss Banking, wie wir es gekannt haben, definitiv den Todesstoss versetzen werden.

Nicht, weil sie bloss noch digital ihre Geschäfte abwickeln werden. Vergessen wir das! Sie werden auch künftig Beratung einfordern, wenn sie ihre Geldangelegenheiten seriös regeln wollen. Aber sie werden es da tun, wo es ihnen gerade passt, und wo sie die besten Private Banker finden. Beides kann etwas mit der Schweiz zu tun haben, muss aber nicht – im Investmentbanking ist das schon lange so.

«Der (Sex-)Appeal einer Google-Bank ist wesentlich grösser»

Und ja, natürlich, Millennials werden alle Finanztransaktionen, für die es keine Beratung braucht, ausserhalb des Bankensystems abwickeln – erstens, weil es dort viel billiger ist und zweitens der (Sex-)Appeal einer Google-Bank wesentlich grösser ist als das Getäfer in einer traditionellen Schweizer Privatbank. Mit anderen Worten: Die Klientel von morgen hat mit Swiss Banking nichts mehr am Hut – sie erwartet stattdessen schlagkräftige Institute, die in spezifischen Belangen überall auf der Welt die besten und natürlich auch sichersten Finanzdienstleistungen anbieten können.

Die Schweizer Banken vergleichen sich gerne mit den grossen Schweizer Uhrenmarken und suhlen sich im Pathos dieser Tradition. Doch das greift zu kurz. Denn im Gegensatz zu den Schweizer Banken sind Schweizer Uhren nicht austauschbar. Deren Herkunft, sei das aus La Chaux-de-Fonds, Schaffhausen oder Biel, wird auch in hundert Jahren matchentscheidend sein. Bei den Schweizer Banken wird dies schon in ein paar Jahren nicht mehr der Fall sein.


Claude Baumann ist Mitgründer und CEO von finews.ch und finews.asia in Singapur. Er ist Autor mehrerer Bücher über die Finanzbranche, zuletzt erschien «Robert Holzach – Ein Bankier und seine Zeit» im Verlag Neue Zürcher Zeitung.


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