Stimmrechtsberater Ethos kritisiert die Grossbank UBS harsch
Zu hohe Vergütungen insbesondere für den CEO, eine variable Lohnkomponente mit einem zu grossen Hebel, Aktienrückkaufprogramm statt Aufbau von Eigenkapital, Rückschritte und Lücken im Nachhaltigkeitsbericht. Das ist die Liste der Sünden der UBS – zumindest im Urteil von Ethos.
Der Stimmrechtsberater Ethos hat in den vergangenen Tagen den Mitte März publizierten Geschäftsbericht und den Nachhaltigkeitsbericht 2024 der UBS analysiert – und gibt nun seine Empfehlungen zuhanden der Generalversammlung vom 10. April ab.
Nicht zufrieden ist Ethos mit den Vergütungen, dem Aktienrückkaufprogramm und dem Nachhaltigkeitsbericht. Er empfiehlt den UBS-Aktionären, bei diesen Traktanden mit Nein zu stimmen, wie einem Communiqué vom Donnerstag zu entnehmen ist.
Vergütung des CEO deutlich über dem Mittelwert
Bei den Vergütungen wird kritisiert, dass das Niveau zugunsten der UBS-Führungsinstanzen – besonders im Vergleich mit europäischen Mitbewerbern ähnlicher Grösse – zu hoch sei. Auch wenn die Vergütung von CEO Sergio Ermotti 2024 nicht mehr weiter aufgestockt worden sei, bleibe sein Gehalt eines der höchsten in der Schweiz und in Europa.
Ethos orientiert sich dabei zum einen an der Vergütung der Leiter der zehn grössten in der Schweiz kotierten Unternehmen und zum anderem am Gehalt der Chefs der zwölf grössten europäischen Finanzunternehmen. Ermottis Entschädigung liegt 53 bzw. 139 Prozent über dem jeweiligen Median. Der UBS-CEO selber dürfte sich bei seinen Lohnvorstellungen indes eher an seinen Peers in den USA als in Europa ausrichten.
Variable Komponente als Dorn im Auge
Weiter bemängelt Ethos, dass die variable Komponente zu einer überhöhten Vergütung führen könnte. Ausserdem lege die Bank den Marktwert (Fair Value) der langfristig orientierten Aktienzuteilung nicht offen.
Ethos-Direktor Vincent Kaufmann begründet die Ablehnung des Vergütungsberichts (über den nur konsultativ abgestimmt wird): «Solch hohe Zahlungen und der sehr grosse Hebel für die variable Vergütung können zu einer übermässigen Risikobereitschaft verleiten, wie dies die Finanzkrise von 2008 oder jüngst der Zusammenbruch der Credit Suisse gezeigt haben. Solche variablen Vergütungen sind nicht im Interesse der langfristig orientierten Aktionärinnen und Aktionären.»
Aktienrückkäufe treiben Vergütungen hoch
Ethos stellt auch einen Zusammenhang zwischen dem Vergütungssystem und den Aktienrückkäufen her. Die beiden Leistungskriterien der UBS für die langfristige Vergütungskomponente sind die Kernkapital-Rentabilität und die relative Gesamtrendite für das Aktionariat. «Die Erfüllung der entsprechenden Leistungsziele kann jedoch mechanisch durch die Senkung des Eigenkapitals beeinflusst werden», stellt Ethos fest.
Langfristig orientierte Aktionäre der UBS seien jedoch an einer stabilen Bank interessiert, «deren Kapital die Überwindung von Wirtschaftskrisen ermöglicht» (was nicht nur heissen könnte, dass die UBS selber Wirtschaftskrisen übersteht, sondern auch mithilft, dass die Wirtschaft Krisen meistern kann). Und vor diesem Hintergrund sollte die im Verhältnis zur Schweizer Wirtschaft grosse Bank auch viel Eigenkapital halten.
Sollte das Programm tatsächlich abgelehnt werden, hätte dies allerdings zumindest kurzfristig wohl gravierende Auswirkungen auf den Aktienkurs.
Ist mehr Eigenkapital wirklich immer besser?
Ethos nimmt auch Bezug auf die laufende Debatte um die richtige Höhe des Eigenkapitals der UBS in der Politik. «Die Grösse der UBS seit der Übernahme der Credit Suisse macht eine weitere Rettung durch den Bund sehr kompliziert. Folglich ist es unerlässlich, dass die Bank ihr Eigenkapital stärkt. Der Vorschlag des UBS-Verwaltungsrats, Aktien aufzukaufen und zu vernichten, widerspricht diesem Ziel und der aktuellen Diskussion.»
Ethos teilt damit die Haltung von Bundesrat, Nationalbank und Finma, die bekanntlich ebenfalls der Ansicht sind, dass mehr Eigenkapital besser ist, und lehnt folglich das Aktienrückkaufprogramm ab. Zur Frage, inwiefern höhere Kapitalerfordernisse die UBS in ihrer Entwicklung hemmen und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit stutzen (und sie damit langfristig schwächen), äussern sich die Corporate-Governance-Spezialisten jedoch nicht.
Nachhaltigkeitsbericht: UBS korrigiert Ambitionen nach unten
Das Nein zum Nachhaltigkeitsbericht motiviert Ethos zum einen damit, dass die UBS im Vergleich zum letzten Jahr Rückschritte gemacht habe. «Insbesondere hat die Bank ihre Ambitionen in Bezug auf den Klimawandel, im Bereich Vielfalt und Gleichberechtigung sowie bei den Investitionsausschlusskriterien verwässert.»
Zum Umstand, dass ESG-Kriterien bei Unternehmen von der neuen US-Regierung sehr kritisch gesehen werden und die USA für die UBS einen zentralen Markt darstellen, lässt sich Ethos allerdings nicht vernehmen.
Wesentliche Lücken bei den Treibhausgasemissionen
Zum anderen weise der UBS-Nachhaltigkeitsbericht «wesentliche Lücken» auf. «Die Transparenz der UBS in Bezug auf die finanzierten Emissionen im Bereich der Vermögensverwaltung ist unzureichend.» Damit könnten Aktionäre nicht den Beitrag der Bank zum Klimawandel beurteilen oder die künftige Reduktion der Effekte messen. «Die Bank veröffentlicht auch keine stringente Strategie zur Senkung der Treibhausgasemissionen mit den zur Zielerreichung festgelegten und quantifizierbaren Massnahmen.»
Die 1997 gegründete Ethos Stiftung zählt derzeit 252 Mitglieder (Pensionskassen, Sammelstiftungen, Versicherungen, Stiftungen), die rund 2,4 Millionen Personen versichern und ein Gesamtvermögen von 380 Milliarden Franken verwalten. Die Berücksichtigung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG) beim Investieren und damit eine nachhaltige und verantwortungsbewusste Anlagetätigkeit ist seit der Gründung das Kernanliegen von Ethos.