Axel Weber: «Post-industrielle Illusion ist vorbei»
Der frühere Spitzen-Banker warnte an einem Kundenevent des deutschen Vermögensverwalters Flossbach von Storch in Zürich vor einer Eskalation des Handelskriegs und erklärte, weshalb Tesla eine Ikarus-Aktie ist.
Axel A. Weber ist ehemaliger Präsident der Deutschen Bundesbank und Präsident der UBS. Insbesondere aufgrund letzterer Funktion ist Weber eng mit dem Finanzplatz Schweiz verbunden. Heute führt ihn unter anderem sein Mandat als Strategic Advisor beim Vermögensverwalter Flossbach von Storch regelmässig nach Zürich.
Am vergangenen Donnerstag gab er an einem Kundenevent des Vermögensverwalters seine Sicht auf die aktuelle Marktentwicklung preis. Die wichtigsten Punkte:
Tesla, die Ikarus-Aktie
Es waren die «Magnificent Seven» die dem US-Aktienmarkt im vergangenen Jahr Auftrieb gaben, während alle anderen Titel Federn liessen. Unter die «Magnificent Seven» fallen Technologie-Firmen wie Google, Amazon oder Meta; aber auch Tesla.
Bei den Elektroautos von Elon Musk sei zwar viel Technik verbaut, es sei aber falsch, Tesla als eigentliches Tech-Unternehmen zu bezeichnen, meinte Weber. Und die Valoren des amerikanischen Autobauers bezeichnete Weber als «Ikarus-Aktie»: «Tesla ist zu nahe der Sonne und kann an der Börse nur abstürzen», sagte er.
Oder anders ausgedrückt: Die Valoren von Tesla waren geprägt vor allem vom Hype rund um die Tesla-Fahrzeuge, die im Bereich E-Mobility eine Pionierrolle einnahmen, als von den realen Fakten.
In jüngster Zeit hat Tesla viel an Wert verloren und laut Weber «besteht noch viel Luft nach unten».
MEGA: Make Europe Great Again
Europa erlebt bedingt durch die neue US-Politik laut Weber derzeit eine Re-Industriealisierung. Die Staaten hätten realisiert, dass sie in der Vergangenheit zu sehr in die Abhängigkeit der Grossmächte begeben hätten: Bei der Energie (Gas) in jene von Russland, bei den Autos in jene von China und bei der Verteidigung setzte man zu sehr auf die USA. Das neue Schlagwort laute: «MEGA - Make Europe Great Again».
Mit Blick auf die neue Deutsche Regierung sagte er: «Die postindustrielle Illusion von Grüne und SPD ist vorbei.»
Europa könnte diese Richtungsänderung einen deutlichen Aufschwung bescheren. Weber traut der Sache allerdings noch nicht ganz. «Die Einsicht, dass man was ändern muss, ist vorhanden. Aber ist Europa wirklich bereit für diese fundamentale Kehrtwende? Ich habe da meine Zweifel.»
Die Risiken nehmen zu
Die amerikanischen Märkte erweisen sich als robust. Doch die Politik der Administration von Donald Trump drohe ihnen viel Schwung zu nehmen. «Die Risiken nehmen zu», sagte Weber. Er warnte insbesondere vor einer Eskalation des Handelskrieges, insbesondere wenn Europa anfangen würde, die Dienstleistungen der amerikanischen Techriesen wie Apple, Google, Amazon oder Meta oder die Finanzdienstleistungen von Blackrock zu besteuern. Bei diesem Konflikt gebe es keine Gewinner, so Weber: «Alle verlieren: Amerika, China und Europa. Es ist eine Lose-lose-lose-Situation.»
Die Episode aus der UBS-Zeit
Im Gegensatz zu früheren Auftritten in Zürich verlor Weber dieses Mal fast keine Worte zur UBS. Nur eine Episode gab er preis. Während seiner Zeit als Verwaltungsratspräsident der UBS hätten immer wieder mal Mitarbeitende der Grossbank um eine Lohnerhöhung bei ihm nachgefragt und diese jeweils mit ihrer ausserordentlichen Leistung begründet. «Ich habe sie dann jeweils darauf hingewiesen, dass es in erster Linie die Quantitative Lockerung der Zentralbanken war, die die Aktienmärkte beflügelte und nicht ihr Tun.»