So kommt es zu einer Konzentration der Volumen, da sich die Schwergewichte der Vermögensverwaltung gezwungen sehen, dieselben Titel zu kaufen, ohne sich dabei noch zu fragen, welchen inneren Wert diese Papiere haben – dies aus dem einfachen Grund, weil diese Titel Teil eines replizierten Index in ihren ETF und anderen indexierten Produkten sind.
Für die Märkte ergeben sich folgende Konsequenzen: Die Bewegungen erhalten sich selbst, und die Volatilität geht zurück. Und was den Kunden betrifft, so scheint sich die Frage der Ziele auf ein obligatorisches Formular und eine immer stärker automatisierte Umsetzung der Anlageentscheide zu beschränken.
«Robo-Advisors standardisieren die Wahlmöglichkeiten»
Dies erklärt, weshalb einige Institute von digitalen Lösungen wie den Robo-Advisors so begeistert sind. Diese sind allerdings nichts anderes als ein weiteres Instrument dafür, unter dem Vorwand der Rationalität und der kostengünstigeren Umsetzung die Wahlmöglichkeiten zu standardisieren.
Ebenfalls zu erwähnen ist das wachsende Interesse am Risikoprämien-Management, dieser komplexeren Version der indexbasierten Verwaltung, die darauf abzielt, die Alpha-Generierung im Portfolio zu standardisieren, indem Indizes erstellt werden, welche die unterschiedlichen Risikoprämien getreu wiedergeben. Wenn alle Komponenten dieser neuen Indizes in dieselbe Richtung deuten, kommt es zu Herdenverhalten und Überbewertungen auf breiter Front.
«Die Branche darf nicht Gefahr laufen, diesen Mehrwert zu vernichten.»
Es stellt sich also die Frage: Kann sich das erstklassige Private Banking mit einem standardisierten oder gar automatisierten Angebot zufriedengeben, das zwar die Vorschriften einhält, der fundierten Kenntnis der sich stetig wandelnden Kundenbedürfnisse aber den Rücken kehrt? Sicherlich nicht.
Sich vom Trend zur Standardisierung abzuheben, erfordert beträchtliche Anstrengungen. Die Branche muss den eingeschlagenen Weg der individuell abgestimmten Lösungen konsequent fortsetzen, und darf nicht Gefahr laufen, diesen Mehrwert, für den sie schon immer geworben hat, zu vernichten.
«Digitale Instrumente dürfen im Private Banking zu Standardlösungen führen»
Das Private Banking muss sich weiterhin an den Bedürfnissen des Kunden, dessen Finanzkenntnissen und dessen Steuersituation orientieren. Die Branche muss die Fähigkeit des Kunden, das Risiko einzuschätzen, und seinen Anlagehorizont verstehen, auch wenn diese beiden Faktoren aufgrund des Finanzmarktgeschehens häufig variieren.
Digitale Instrumente müssen zu einer stärkeren kundenspezifischen Anpassung beitragen und dürfen nicht zur Einführung von Standardlösungen führen. Der «Nudge» setzt voraus, dass die Entscheidungsfreiheit gewahrt bleibt. Es gilt, diese Freiheit zu gewährleisten – zulasten der Lösungen, die unter dem Vorwand des Anlegerschutzes die Wahlmöglichkeiten einschränken. Die Interessen der Kunden und die Rentabilität der Branchenakteure stehen auf dem Spiel.‹
Michel Longhini leitet in der Funktion als CEO das Private Banking der Genfer Union Bancaire Privée und ist Mitglied der Geschäftsleitung. Zuvor stand er in Diensten von BNP Paribas Wealth Management, namentlich von 2004 bis Mitte 2008 als CEO der Privatbank in Asien. Insgesamt blickt er auf fast 20 Jahre Erfahrung im Bankwesen zurück. Der Franzose studierte in den 1980er-Jahren an der Lyon Business School, wo er auch sein MBA machte.
Bisherige Texte von: Rudi Bogni, Oliver Berger, Rolf Banz, Samuel Gerber, Werner Vogt, Walter Wittmann, Alfred Mettler, Robert Holzach, Craig Murray, David Zollinger, Arthur Bolliger, Beat Kappeler, Chris Rowe, Stefan Gerlach, Marc Lussy, Samuel Gerber, Nuno Fernandes, Richard Egger, Dieter Ruloff, Marco Bargel, Steve Hanke, Urs Schoettli, Maurice Pedergnana, Stefan Kreuzkamp, Oliver Bussmann, Michael Benz, Albert Steck, Andreas Britt, Martin Dahinden, Thomas Fedier, Alfred Mettler, Brigitte Strebel, Peter Hody, Mirjam Staub-Bisang, Nicolas Roth, Thorsten Polleit, Kim Iskyan, Stephen Dover, Denise Kenyon-Rouvinez, Christian Dreyer, Kinan Khadam-Al-Jame, Werner E. Rutsch, Robert Hemmi, Claude Baumann, Anton Affentranger, Yves Mirabaud, Frédéric Papp, Hans-Martin Kraus, Gérard Guerdat, Didier Saint-Georges, Mario Bassi, Stephen Thariyan, Dan Steinbock, Rino Borini, Bert Flossbach, Michael Hasenstab, Guido Schilling, Werner E. Rutsch, Dorte Bech Vizard, Adriano B. Lucatelli, Katharina Bart, Maya Bhandari, Jean Tirole, Hans Jakob Roth, Marco Martinelli, Beat Wittmann, Thomas Sutter, Tom King, Werner Peyer, Thomas Kupfer, Peter Kurer und Arturo Bris.
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