Die Finma hat 2024 unter neuer operativer Führung einige Pflöcke eingeschlagen. Die Bankenaufsicht sollte künftig jedoch unerwünschte Nebeneffekte einer offenen Kommunikationspolitik stärker berücksichtigen und nicht wie jüngst mit Kanonen auf Spatzen schiessen. Ein Jahresrückblick mit einer Wunschliste von finews.ch an die Finma.

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) mit ihrer Präsidentin Marlene Amstad kann sich seit der Publikation des PUK-Berichts am 20. Dezember nicht über mangelnde mediale Aufmerksamkeit beklagen. Für die Zukunft des Finanzplatzes ist allerdings wichtiger, welchen Kurs die Behörde in den letzten Monaten eingeschlagen hat – und weniger, wer in den Jahren vor dem Untergang der Credit Suisse (CS) im März 2023 für welche Versäumnisse verantwortlich gewesen sein soll bzw. wem es besser gelungen ist, den Schwarzen Peter weiterzureichen.

Für das Geschäftsgebaren der Finma, also die Art und Weise, wie sie im Umgang mit Banken (Versicherungen und andere Beaufsichtigte standen 2024 weniger im Vordergrund) ihren gesetzlichen Auftrag erfüllt, ist vorab die operative Führung, also der Direktor verantwortlich.

Walter markiert den starken Mann

Im Januar 2024 wurde bekannt, dass der Deutsche Stefan Walter per 1. April das Ruder bei der Finma übernimmt. Damals sprach finews.ch von einer «Idealbesetzung», weil Walter an der Wall Street und Europa Banken beaufsichtigt habe «und illusionslos ist, was deren Krisenanfälligkeit betrifft».

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Stefan Walter (Bild: Finma)

Schnell machte Walter klar, dass er hart durchgreifen möchte. In seiner ersten Rede setzte er sich für eine volle Kapitalisierung der Beteiligung des UBS-Stammhauses an einer ausländischen Tochtergesellschaft ein – und goss damit gemäss finews.ch «reichlich Öl ins Feuer der Eigenmitteldebatte». Und in einem Interview in der NZZ im Juni forderte er mehr Kompetenzen und Instrumente für seine Behörde und eine strengere Regelung der Verantwortlichkeiten. «UBS kann beim neuen Finma-Chef nicht mit Gnade rechnen», folgerte finews.ch.

Langes Sündenregister der Flowbank – Zwangsschliessung als Quittung

Doch man kann nicht behaupten, dass die Finma wegen der neuen «Monsterbank» UBS den Rest des Bankenplatzes aus den Augen verloren hätte. Mitte Juni verfügte sie die Zwangsschliessung der Genfer Flowbank, einer 202o von Charles-Henri Sabet gegründeten Digitalbank, die den Finanzplatz mit ihrer Technologie revolutionieren wollte.

Der Aufsichtsbehörde war «der Geduldsfaden gerissen», angesichts des langen Sündenregisters des bis zuletzt von ihrem flamboyanten Gründer (der im Fall der Wirtschaftszeitung «L'Agéfi» auch ein spezielles Verständnis von Pressefreiheit bekundete) geleiteten Instituts.  Obgleich der Fall im Urteil von finews.ch aus diversen Gründen «kein guter Indikator für den Kurs der Finma» ist, zeigt er doch auf, dass die Behörde das Image des vermeintlichen Papiertigers definitiv hinter sich lassen will.

Schleppendes Verfahren für Bankkunden

Geduld brauchten übrigens dann auch die Bankkunden der Flowbank, weil das vom Liquidator Walder Wyss geführte Verfahren der Rückzahlung der privilegierten Einlagen und v.a. der Übertragung der Wertschriften in andere Depots (die sich als so kompliziert herausstellte, dass als Alternative temporär eine Verkaufsplattform angeboten wurde) ungebührlich viel Zeit in Anspruch nahm und bis heute nicht abgeschlossen ist.

Wenige Tage nach Flowbank erwischte es HSBC Private Bank (Suisse). Die Finma stellte im Rahmen eines seit Dezember 2021 laufenden Verfahrens fest, dass die Bank gegen Finanzmarktrecht verstossen und Pflichten bezüglich Geldwäschereiprävention verletzt hatte. Konkret ging es um Geschäfte mit dem ehemaligen, langjährigen Zentralbankgouverneur Libanons und mit dessen Bruder.

Die «Libanon-Connection» der HSBC

Die Finma verdonnerte HSBC dazu, alle Geschäftsbeziehungen zu politisch exponierten Personen und mit erhöhten Risiken zu überprüfen, und auch, ob sie das Risiko der übrigen Kunden korrekt kategorisiert hat. Zudem verlangte die Aufsichtsbehörden, die Verantwortlichkeiten innerhalb Verwaltungsrat und Geschäftsleitung «umfassend schriftlich darzulegen und zuzuordnen».

Ebenfalls im Juni holte quasi der Fall CS die Finma ein. Die Behörde, die ausnahmsweise nicht als Hüterin der Bankenregulierung, sondern des Wettbewerbs zu amten hatte, beendete das kartellrechtliche Kontrollverfahren zum Bankenzusammenschluss und stellte der UBS erwartbar diesbezüglich einen Blankocheck aus.

Finma als lustlose Wettbewerbsbehörde

Immerhin regte die lustlose Pflichtübung der Finma finews.ch dazu an, darüber zu sinnieren, ob die Behörde damit nicht ein Eigengoal geschossen habe. 

Ende Juli erregte die Finma mit ihrer «Aufsichtsmitteilung «Stablecoins: Risiken und Anforderungen für Stablecoin-Herausgebende und garantiestellende Banken» den Zorn der Kryptobranche. «Keine gesetzliche Grundlage, im Widerspruch zur bewährten Praxis und zur internationalen Usanz», lautete das harsche Verdikt der Swiss Blockchain Federation.

Die grosse Stablecoin-Kontroverse

Dass die Kritik die Finma nicht kalt liess, zeigte sich darin, dass sie umgehend auf finews.ch dazu Stellung bezog und betonte, es gehe lediglich um die Umsetzung des Grundsatzes «same business, same risks, same rules», und nicht um eine Praxisänderung.

Eine Lösung, welche die Branche befriedigt, ist offenbar noch nicht gefunden, aber immerhin sollen Gespräche mit der Finma stattfinden. Das Momentum für Bitcoin, Krypto und Stablecoin ist grundsätzlich günstig – Stichworte: Höhenflug des Bitcoin-Preises, zunehmende Integration von Krypto in das Angebot von Banken, Etablierung von Bitcoin als Anlageklasse und Trump-Effekt.

Demgegenüber steht die breite Wahrnehmung, dass die Finma für Anliegen der Branche deutlich weniger offen ist als noch vor einigen Jahren, mit einem einseitigen Fokus auf die Risikominimierung, der die Nutzung von Chancen ausblendet.