Das GZO rechnet mit einem massiven Wertberichtigungsbedarf für sein Bauprojekt. Damit wäre die Gesellschaft überschuldet und ein Schuldenschnitt für die Obligationäre unumgänglich. Die Bonitätsprüfer von Independent Credit View und die Gläubigergruppe halten dagegen und fordern detaillierte Informationen und bessere Alternativen.

Wer sich näher mit dem Fall GZO Spital Wetzikon und der notleidenden Anleihe von 170 Millionen Franken befasst, hätte dieses Jahr eigentlich gar keine Herbstferien einziehen dürfen. Vor zwei Wochen versandte die Obligationärsgruppe GZO Creditor Group unter dem umtriebigen Gregor Greber innert weniger Tage zwei Communiqués.

Sie «korrigierte» dabei auch eine Stellungnahme des GZO (das Kürzel ist gebräuchlicher als die volle Bezeichnung «Gesundheitszentrum Zürcher Oberland») und kritisierte mit Blick auf die von ihr beantragte Versammlung der Anleihensgläubiger vom kommenden Freitag, das GZO habe bislang keine eigene Bewertung der Aktiven vorgelegt.

Wie viel sind die Immobilien wert?

Der Wert der Aktiven ist eine entscheidende Grösse, um die Notwendigkeit und die Höhe des vom GZO selber als notwendig betrachteten und entsprechend vorgeschlagenen Schuldenschnittes für die Obligationäre (und weitere Finanz- und Drittklassgläubiger) abzuschätzen. Wenn der Wert der Aktiven denjenigen der ausstehenden Forderungen übersteigt, könnte sich nämlich aus Sicht der Gläubiger die Tabula-rasa-Variante (eine Liquidation des GZO samt Verwertung der Aktiven) lohnen.

Am Montag vor einer Woche reagierte das GZO, indem es Angaben zum aktuellen Geschäftsgang und zum Bilanzstatus per 31. August 2024 publizierte.

Betrieb stabilisiert 

Auf operativer Ebene läuft es nicht schlecht. Die Betriebsmarge (Ebitda) bis Ende August konnte dank dem im Januar 2024 eingeleiteten Sparprogramm gegenüber dem Vorjahr von –0,9 auf +4,2 Prozent gesteigert werden. Keine Bewegung gibt es hingegen beim Neubau, wo die Arbeiten weiterhin ruhen.

Der Bilanzstatus sei mit «wesentlichen Unsicherheiten» behaftet, betont das GZO. Gegenüber Ende 2023 haben sich die wichtigsten Zahlen per 31. August allerdings nicht dramatisch verändert.

An Liquidität fehlt es nicht

Das Umlaufvermögen hat sogar von 102 Millionen auf 127 Millionen Franken zugenommen. Der Zuwachs bei den flüssigen Mitteln sei auf den Eingang von 20 Millionen Franken aus Erfüllungsgarantien des Generalunternehmers Steiner zurückzuführen, führt das GZO aus. Anzumerken ist, dass sich hier auch positiv bemerkbar macht, dass das GZO seit Mai unter provisorischer Nachlassstundung steht, d.h., vor dem Zugriff der Gläubiger und damit auch der Obligationäre, die seit Juni auf die Rückzahlung warten, geschützt ist. 

Der Wert der Sachanlagen, zu denen auch die besonders gewichtigen und kontroversen Immobilien gehören, hat sich kaum verändert (von 164 auf 166 Millionen Franken). Das GZO weist aber daraufhin, dass die ursprüngliche Planung zu Investitionen führen würde, «welche in der aktuellen Ausgangslage und mit Blick auf die finanzielle Situation als nicht mehr tragbar beurteilt werden».

Enormer Wertberichtigungsbedarf

Die überarbeitete Investitionsplanung für die Fertigstellung des Neubaus – neben dem Eigenmitteleinschuss durch die Aktionärsgemeinden und dem Kapitalschnitt für die Gläubiger ein Element des Sanierungskonzepts, welches das GZO an der Versammlung vom Freitag präsentieren will – sehe daher je nach Variante einen Wertberichtigungsbedarf der Immobilien von 97 Millionen bis 127 Millionen Franken vor (was im Abschluss 2024 verbucht werden soll).

Für 2024 wird ein negatives Gesamtergebnis erwartet. Zusammen mit den Wertberichtigungen auf die Immobilien werde dies per Ende 2024 zu einer Überschuldung führen, hält das GZO fest; was für die Obligationäre bedeuten würde, dass kein Weg an der Station Schuldenschnitt vorbeiführt.

Sanierung auf dem Buckel der Gläubiger?

Nicht einverstanden mit dieser Einschätzung sind die Analysten von Independent Credit View (I-CV), ein unabhängiger Bonitätsbewerter, der sich schon einige Zeit mit dem Fall beschäftigt. «Wie von uns vermutet, wirkt das GZO darauf hin, das Unternehmen im Vorfeld der Anleihengläubigerversammlung bewusst in einer möglichst prekären finanziellen Lage zu präsentieren. Dadurch soll den Gläubigern ein hoher Schuldenschnitt schmackhaft gemacht werden. Tatsächlich versucht das GZO damit aber, den Weg für eine Sanierung überwiegend auf Kosten der Gläubiger zu ebnen», heisst in einem Kommentar, der finews.ch vorliegt.

Und mit Blick auf die Fehlplanung beim Neubau: «Dass der überdimensionierte Bau auf den Schultern der Gläubiger fertiggestellt werden soll, zeigt das fehlende Verständnis für die Situation, welche sich grundlegend verändert hat.» I-CV stört sich zudem daran, dass seitens der Aktionärsgemeinden derzeit Funkstille herrsche.

Sämtliche Alternativen prüfen

Folgerichtig empfiehlt I-CV den Obligationären, den Anträgen der GZO Creditor Group zur Änderung der Anleihenbedingungen und zur Wahl eines zusätzlichen Vertreters der Anleihengläubiger an der Versammlung zuzustimmen. Damit könne ein deutliches Signal gegen ein Sanierungskonzept gesendet werden, das einseitig zu Lasten der Gläubiger ausfalle.

Und mit Blick auf die Zeit nach der Versammlung: «Die Gläubiger sind gut beraten, ihre Interessen koordiniert zu vertreten und auf die Prüfung sämtlicher Alternativen (Umschuldung, Rekapitalisierung, Debt-Equity-Swap, Verkauf etc.) und die Unterbreitung eines Sanierungskonzepts, das eine valable Option zum Konkurs darstellt, zu beharren.»

«Einschüchterungstaktik»

In die gleiche Kerbe schlägt nicht ganz überraschend die GZO Creditor Group in einem Communiqué, das sie am Mittwochmorgen verschickt hat. Die Gruppe hat schon früher eine eigene Bewertung der Aktiven veröffentlicht, die deutlich höher liegt.

Das GZO habe nicht nur keine Erklärung dafür geliefert oder Klarheit darüber geschaffen, welche Vermögenswerte abgeschrieben werden sollen, sondern es gleichzeitig auch verpasst, diese Informationen in einer öffentlichen und allen Stakeholdern zugänglichen Mitteilung zu veröffentlichen, bemängelt die Obligationärsgruppe. Sie spricht von «Einschüchterungstaktik» und erwartet vom GZO, dem Sachwalter und der Revisionsstelle detaillierte Angaben, «welche Annahmen eine Abschreibung von bis zu 78 Prozent  des aktuellen Immobilienwerts rechtfertigen könnten».

Postfinance mit Schuldscheindarlehen

Daran, dass das GZO sich Geld nicht nur am Anleihenmarkt, sondern auch über Schuldscheindarlehen beschafft hat, erinnerte am vergangenen Sonntag der «Sonntags-Blick». Gemäss mehreren Quellen habe die Postfinance dem GZO ein Schuldscheindarlehen in der Höhe von 40 Millionen Franken gewährt. Davon habe man im ersten Halbjahr 25 Millionen abgeschrieben.

Tatsächlich hatte die Postfinance im Halbjahresabschluss einen Abschreiber «auf einer Einzelposition in unserem Anlageportfolio» von 25 Millionen Franken vorgenommen, was seinerzeit auch finews.ch nicht entgangen war – allerdings war es mangels Quellen nicht möglich, den Abschreiber näher zu spezifizieren.