Der Gewinn der Postfinance schrumpft, die Kundengelder nehmen weiter ab und die Geldpolitik erschwert das Zinsgeschäft, das zusätzlich unter einem Abschreiber auf dem Anlageportfolio leidet. Deutlich gestiegen ist dagegen der Geschäftsaufwand.  

Die Postfinance hat im Rahmen des Abschlusses ihrer Mutter am Donnerstag auch ihre eigenen Zahlen für das erste Halbjahr vorgelegt. Der gemäss den Rechnungslegungsvorschriften für Banken ausgewiesene Halbjahresgewinn ist von 90 auf 64 Millionen Franken zurückgegangen. Dem Verkauf einer Beteiligung, mit der ein ausserordentlicher Ertrag von 36 Millionen Franken realisiert wurde, ist es zu verdanken, dass die Veränderung nicht noch negativer ausfällt.

Die Postfinance hat zwar den Status einer Bank, ist aber bei der Kreditvergabe rechtlich stark eingeschränkt. Sie darf insbesondere nicht selbständig Hypotheken vergeben. Deshalb ist weit über die Hälfte ihrer Aktiven (57 Milliarden bei einer Bilanzsumme von 102 Milliarden Franken) in Finanzanlagen investiert – das Institut zählt nicht umsonst zu den grössten Investoren am Schweizer Anleihenmarkt.

Kundeneinlagen nehmen ab

Rückläufig sind auch die Kundeneinlagen. Sie reduzierten sich von 89,6 Milliarden auf 87,3 Milliarden Franken. Im Retail-Bereich seien die Kundengelder stabil, aber institutionelle Anleger hätten «wie gewohnt stärker auf die volatilen Geld- und Kapitalmärkte» reagiert, heisst es im Halbjahresbericht. Die zu Anlagezwecke verwalteten Vermögen der Kunden erhöhten sich von 37,7 Milliarden auf 39 Milliarden Franken, netto flossen jedoch 66 Millionen Franken ab.

Der Nettoerfolg im für Postfinance zentralen Zinsgeschäft ging von 254 Millionen auf 213 Millionen Franken zurück, wobei auch ein Abschreiber «auf einer Einzelposition in unserem Anlageportfolio» von 25 Millionen schmerzte.

Mehr Personal für mehr Kundenzufriedenheit

Besser lief es im Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft, wo Postfinance den Erfolg von 189 Millionen auf 199 Millionen Franken steigern konnte, auch dank Kursgewinnen. Das Anfang Jahr lancierte Angebot für den Handel und die Verwahrung von Kryptowährungen sei gut anlaufen, wird in diesem Zusammenhang explizit festgehalten – und wurde auch an den Swiss Crypto Awards 2024 mit einem Preis ausgezeichnet, wie finews.ch rapportierte.

Deutlich erhöht hat sich der Geschäftsaufwand, und zwar von 470 Millionen auf 502 Millionen Franken. Beim Personalaufwand fielen die neuen 134 Vollzeitstellen ins Gewicht (Bestand 3448). Bei der Informatik seien vormals externe Fachkräfte internalisiert und neue Teams aufgebaut worden. Beim Vertrieb hätten Massnahmen zur Verbesserung der Kundenzufriedenheit und zur «Stabilisierung der Erreichbarkeit» zu mehr Stellen geführt.

Hohe Sichtguthaben bei der Nationalbank

In ihrem Ausblick hält die Postfinance zunächst retrospektiv fest, dass sie die Rückkehr ins positive Zinsumfeld im Herbst 2022 auch im Interesse ihrer Kunden sehr begrüsst habe, an den dieses Jahr erfolgten Zinssenkungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) aber keine Freude hat.

Diese führten erstens zu unmittelbar tieferen Zinserträgen; Postfinance hält mit 28 Milliarden Franken einen Berg von flüssigen Mitteln, den grossen Teil davon als Sichtguthaben bei der SNB (je tiefer der Leitzins, desto tiefer der entsprechende Zinsertrag). Zudem schreibt Postfinance, dass die SNB mit den Anpassungen bei der Mindestreservevorschrift den nichtverzinsten Betrag bei den Sichtguthaben angehoben hat.

Verzögerte Erholung bei den Finanzanlagen

Zweitens beeinflusste die Geldpolitik die Zinsertragsprognosen, insbesondere für die Finanzanlagen. Die mit der Rückkehr zu positiven Zinsen verbundene Erholung im Zinsgeschäft werde daher langsamer ausfallen als noch vor Jahresfrist prognostiziert. Die Postfinance verfügt wie erwähnt über ein umfangreiches Anleihenportfolio, bei dem jeweils die Fälligkeiten wieder neu investiert werden. Das höhere Renditeniveau schlägt sich also erst mittelfristig auch in höheren Erträgen aus Finanzanlagen nieder.

Die Postfinance ist kein Einzelfall; die Lockerungsschritte der SNB in diesem Jahr und weitere Massnahmen bei der Umsetzung der Geldpolitik haben das Zinsgeschäft für die Branche generell schwieriger gemacht, wie finews.ch vermerkte.

Die Entwicklung der Zinsen kann zwar auch der seit Juli amtierende CEO Beat Röthlisberger nicht steuern – der Halbjahresabschluss legt indes nahe, dass er in den nächsten Monaten viel zu tun haben wird, egal ob die Zinsen stabil bleiben oder weiter sinken.