Die Zürcher Kantonalbank hat sich intensiv mit den Spitalschuldnern am Anleihenmarkt befasst. Beim zahlungsunfähigen Spital Wetzikon ist eine Lösung schwierig, weil die Interessen von GZO, Aktionärsgemeinden, Obligationären, Generalunternehmen etc. kaum unter einen Hut zu bringen sind.

Der Zahlungsausfall der GZO Spital Wetzikon beschäftigt den Schweizer Anleihenmarkt weiterhin, und auch finews.ch hat schon mehrfach darüber berichtet. Immerhin ist es das erste Mal seit Swissair, dass ein inländischer Schuldner seine Obligationen nicht fristgerecht zurückbezahlt.

Die Thema treibt offenbar auch das Zürcher Staatsinstitut um – schliesslich sind hierzulande die Kantone für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung und damit das Spitalwesen verantwortlich. Ende vergangener Woche hat das Credit Research der Zürcher Kantonalbank (ZKB) eine 75-seitige Analyse der am Anleihenmarkt vertretenen 15 Spitäler publiziert und beleuchtet darin auch das Geschehen um den Spital Wetzikon.

Markt für Spitalschuldner bleibt offen

Das Positive vorweg: Der Markt für Spitäler ist offen geblieben. Dieses Jahr haben drei solche Schuldner neue Anleihen begeben – und zwar nachdem der Zürcher Regierungsrat am 4. April das Gesuch der Gesundheitsorganisation Zürcher Oberland (GZO) um finanzielle Unterstützung ablehnte. Allerdings mussten sie den Investoren etwas höhere Risikoaufschläge offerieren.

Öffentliche respektive staatsnahe Spitäler (die ZKB deckt mit Hirslanden auch eine private Gruppe ab) beschaffen sich seit gut zehn Jahren Mittel am Markt und haben aktuell Anleihen über 4,3 Milliarden Franken ausstehend. Das entspricht weniger als ein Prozent des Inlandmarkts.

Der Trugschluss der ZKB

ZKB-Bonitätsspezialist und Studienautor Patrick Hasenböhler nimmt auch Stellung zum Fall Spital Wetzikon. Er spart die Vorgeschichte nicht aus und legt dabei auch eigene Fehleinschätzungen offen. Anfang 2023 sei eine neue Eigentümerstrategie in Kraft getreten, die es Dritten erlaubt, sich mit bis zu 49 Prozent an der GZO AG zu beteiligen.

«Da das Spital im Gegensatz zum benachbarten Spital Uster öffentlich keine Anstalten gemacht hat, bei den zwölf Eigentümergemeinden eine Kapitalerhöhung zu beantragen, sind wir aufgrund der diesbezüglichen Kommunikation des Managements davon ausgegangen, dass der Einstieg eines neuen strategischen Eigenkapitalgebers und gleichzeitig eine Fremdfinanzierungsstrategie vorgelegt werden. Doch das war ein Trugschluss», hält der Hasenböhler im Rückspiegel fest.

Auf das falsche Pferd gesetzt

Nach dem Scheitern der Verhandlungen mit potenziellen Kapitalgebern habe die GZO voll auf die finanzielle Unterstützung durch den Kanton Zürich gesetzt, mit dem bekannten Resultat. Ein Grund für das Scheitern der Verhandlungen mit privaten Geldgebern dürfte gemäss Hasenböhler sein, dass der Spital 2023 auch operativ stark unter Druck geraten war, u.a. weil er, woran die ganze Branche krankt, höhere Kosten nicht oder nur verzögert an die Kunden weitergeben kann.

Die GZO hat neben der Anleihe über 170 Millionen Franken weitere Finanzverbindlichkeiten über 60 Millionen ausstehend. Der Schuldner ist derzeit vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt, weil er sich bis Ende Jahr in provisorischer Nachlassstundung befindet. In der Diskussion ist auch ein Schuldenschnitt für die Obligationäre, also ein teilweiser Forderungsverzicht. Dagegen wehrt sich die vor einigen Tagen wieder in Erscheinung getretene Obligationärsgruppe GZO Creditor Group; über ihre Anträge stimmen die Anleihensgläubiger an ihrer Versammlung am 25. Oktober ab.

Sinnvolle Bündelung der Gläubigerinteressen

Der Autor kommentiert auch diese Entwicklung: «Der Versuch, die Interessen der Gläubiger zu bündeln, ist aus deren Sicht zu begrüssen. Die Unterstützung der Vorschläge durch einen grösseren Kreis von Obligationären erscheint wahrscheinlich. Schwieriger dürfte es sein, mit diesen Vorschlägen die notwendige Unterstützung durch die Gemeinden zu erhalten.»

Und ohne einen substanziellen Beitrag der zwölf Aktionärsgemeinden werde es kaum möglich sein, die Anleihe zurückzuzahlen. Das Spital, die Gemeinden und die Gläubiger müssen sich also einigen. «Ob eine Refinanzierung ohne Schuldenschnitt politisch durchsetzbar ist, bleibt abzuwarten», hält der in diesem Punkt offenbar eher agnostisch gestimmte ZKB-Bonitätsspezialist fest.

Schwieriger und langwieriger Prozess

Eine zusätzliche Komplikation ergibt sich gemäss der ZKB daraus, dass der für den Neubau zuständige Generalunternehmer Steiner, der selbst in provisorischer Nachlassstundung steckt, nach Darstellung der GZO statt einer Vergütung von 225 Millionen nun eine solche von 340 Millionen Franken fordere.

Bedeckt hält sich Hasenböhler auch zur Darstellung der GZO Creditor Group, dass im Fall einer Liquidation und damit einer Verwertung der Aktiven der GZO die Gläubiger den ganzen Nennwert ihrer Obligationen zurückerhielten. Er gibt allerdings zu bedenken, dass der grösste Teil des Grundstücks des Spitals in der Zone für öffentlichen Bauten liegt, was die Nutzungsmöglichkeiten einschränke. «Falls eine Umzonung überhaupt möglich ist, wäre der Prozess aus unserer Sicht schwierig und vor allem langwierig.»

GZO: Schuldenschnitt ist ein Element des Sanierungskonzepts

Nicht nur die Obligationärsgruppe und die ZKB haben sich in den letzten Tagen zu Wort gemeldet, sondern auch die säumige Schuldnerin selbst. In einem Faktenblatt vom 28. August betont die GZO, dass die Erträge aus dem Spitalbetrieb selbst bei einem guten Geschäftsgang nicht ausreichten, um die Zinsaufwände zu decken und die Schulden zurückzuzahlen. «Ohne eine tiefgreifende Sanierung der Bilanz ist die GZO AG nicht überlebensfähig.»

Die Arbeiten an einem Sanierungskonzept laufen derzeit laut der GZO auf Hochtouren. «Die Komplexität ist aufgrund der Vielzahl der Stakeholder, gegenseitiger Abhängigkeiten, politischer Prozesse in den Aktionärsgemeinden, der Neubausituation, der superprovisorisch eingetragenen Bauhandwerkerpfandrechte und der Positionierung des Spitals im künftigen Spitalumfeld äusserst gross.»

Detaillierte Informationen am 25. Oktober

Immerhin sollen die Obligationäre an der Versammlung vom 25. Oktober nicht nur über die Anträge der Gläubigergruppe  abstimmen können. Die GZO will sie dann auch detailliert über das Sanierungskonzept informieren. Dieses werde drei Elemente enthalten: Kapitalzuschuss durch die Gemeinden, Schuldenschnitt und Sicherstellung einer Finanzierung des Neubaus.

Hoch komplex – oder mit den Worten der ZKB schwierig und langwierig – gestaltet sich erfahrungsgemäss auch die Aufarbeitung von Zahlungsausfällen am Schweizer Anleihenmarkt. Leider spricht aus heutiger Sicht viel dafür, dass der Fall des Spitals Wetzikon diese Regel bestätigen wird.