Bei Spitalschuldnern spielt nach dem Fall Wetzikon die staatliche Unterstützung eine noch grössere Rolle. Und die Bonitätsanalysten von Independent Credit View empfehlen den GZO-Obligationären, an der kommenden Versammlung für die Anträge der Gläubigergruppe zu stimmen, um das politische Gewitter möglichst unbeschadet zu überstehen.

Wie kreditwürdig sind die Schweizer Spitäler, und wie geht es weiter mit der notleidenden Anleihe der in die provisorische Nachlassstundung geflüchteten Gesundheitsorganisation Zürcher Oberland (GZO) Spital Wetzikon? Die Entwicklungen im Segment der Spitalanleihen – der ausstehende Nominalwert summiert sich auf über 4 Milliarden Franken – waren auch am Swiss Bond Congress von vergangener Woche (der sich auch mit der Zahlungsfähigkeit von Staaten und Banken befasste, wie finews.ch berichtete) eine heiss diskutierte Thematik.

Wie heiss, zeigt der Umstand, dass der Veranstalter Independent Credit View (I-CV) die Medienvertreter (und damit auch den Redaktor von finews.ch) darum bat, nicht an einem dem Fall GZO gewidmeten Workshop teilzunehmen, damit die anderen Teilnehmer (von denen einige GZO- und viele andere Spital-Obligationen in den Portfolios halten dürften) freier diskutieren könnten.

Führung- und Organisationsaspekte werden wichtiger

An einem vorangehenden ebenfalls sehr gut besuchten Workshop zu öffentlichen Schuldnern, der sich aktualitätsbedingt allerdings de facto nur um Spitalschuldner drehte, räumte Kurt Hess, Senior Credit Analyst, ein, dass auch I-CV vom Entscheid des Regierungsrats des Kantons Zürich überrascht wurde und den impliziten Unterstützungswillen durch die öffentliche Hand in diesem Fall zu optimistisch eingeschätzt hat. Hess' Wort hat Gewicht, gilt er doch in der Schweizer Szene als Rating-Doyen, der schon in den Neunzigerjahren für die Credit Suisse öffentliche Schuldner einstufte.

Eigentlich dürfte man den Spitälern, wenn man explizite und implizite Unterstützungsmechanismen durch die öffentliche Hand ausblende und allein auf deren Finanzkraft abstelle (stand-alone Rating), gar kein Geld leihen, kommentierte Hess. Denn ihre Finanzkennziffern seien schwach, und die Entwicklung sehe wenig verheissungsvoll aus.

Grosse Spannbreite der Spital-Ratings

Deshalb steht bei der Bonitätsanalyse im Vordergrund, wie wahrscheinlich es ist, dass bei einem Spital in der Krise der Staat als Retter einschreitet. Und dass diese Frage knifflig ist, zeigt sich daran, wie unterschiedlich verschiedene Analysten – z.B. von I-CV, der ZKB oder von Fedafin – die Kreditwürdigkeit desselben Spitals bewertet. Ein Grund dafür liegt darin, dass bei einer solchen Bewertungen auch Annahmen zur «Systemrelevanz» eines Spitals getroffen werden müssen.

Die GZO-Obligationäre haben bereits die Erfahrung machen müssen, dass ein impliziter Support auch aufgrund von Managemententscheidungen nicht rechtzeitig greifen kann. Für sie steht derzeit im Vordergrund, wie sie sich an der Versammlung der Anleihensgläubiger am 25. Oktober verhalten sollen.

Auch ein Konkurs ist politisch schwierig vermittelbar

Marc Meili, Senior Credit Analyst und Partner bei I-CV, empfiehlt den Obligationären, dem Antrag der Gläubigergruppe GZO Creditor Group (wo auch der in mancherlei Hinsicht umtriebige Gregor Greber mitmischt), die Laufzeit um drei Jahre zu verlängern (und den Coupon so anzupassen, dass der Anreiz für eine vorzeitige Rückzahlung grösser wird), an der Versammlung zuzustimmen. «Auch nach einer Zustimmung zu diesem Antrag kann ein tragbarer Sanierungsplan des Spitals Wetzikon noch akzeptiert werden», argumentiert Meili. Die Obligationäre sässen derzeit am längeren Hebel, weil die Option Konkurs und Liquidation des Spitals «politisch unappetitlich» sei.

«Die Obligationäre müssen sich für die kommenden Verhandlungen in eine gute Position bringen.» Doch auch Meili erwartet nicht, dass es ganz ohne Schuldenschnitt gehen wird. Dieser wäre nach seiner Einschätzung rein ökonomisch betrachtet zwar nicht nötig. Doch wäre es politisch schwer vermittelbar, wenn bei der Sanierung nur der Steuerzahler bluten müsste.

Optionen offenhalten

Man darf gespannt sein, wie der Sanierungsplan, den die GZO an der Versammlung den Gläubigern vorlegen wird, genau aussehen wird. Meili hält aber fest, dass sich die Gläubiger mit einer Zustimmung zu den Anträgen der Obligationärsgruppe grundsätzlich keine Lösungsoptionen verbauen.

Am Rande des Kongresses wurde auch gewerweisst, wie die GZO die Fertigstellung des Neubaus (wo die Arbeiten derzeit eingestellt sind) sichern will und ob es ihr gelingt, dafür einen privaten Investor mit an Bord zu holen. Es handelt sich um eines der drei Elemente des Sanierungskonzepts, das auch einen Kapitalzuschuss der Aktionärsgemeinden und einen Schuldenschnitt zulasten der Gläubiger vorsieht.

Ein Immobilieninvestor aus den USA als Retter in der Not?

Zur Erinnerung: Die GZO hatte bis kurz vor dem Zahlungsausfall im Juni auf die Geldspritze eines privaten Investors gehofft. Doch die Verhandlungen hatten sich zerschlagen, wohl nicht zuletzt wegen der negativen Entwicklung der Finanzkennzahlen. Der Name des Kandidaten ist bis heute nicht bekannt. Es ist aber nicht abwegig, dass es sich bei diesem Investor (der möglicherweise jetzt zum Zug kommen könnte) um den Medical Properties Trust handelt.

Dieser Real Estate Investment Trust (Reit) aus den USA bezeichnet sich mit einem Volumen von 16,2 Milliarden Dollar als zweitgrösster privater Investor in Spitäler weltweit. Und er kennt sich auch mit den Verhältnissen hierzulande aus, entfallen doch immerhin schon 4,2 Prozent seines Portfolios auf die Schweiz.