Die Banque Havilland in Liechtenstein bleibt ein Mysterium. Nachdem ihre Kundengelder im Zuge der freiwilligen Liquidation geschrumpft sind, sollen die letzten Überreste in einem Deal an eine andere Liechtensteiner Bank weitergereicht werden. Allzu viel der einst 1,6 Milliarden Franken ist vermutlich nicht mehr übrig.
Ein Jahr und sieben Tage ist es nun her, dass die Banque Havilland ihr letztes Geschäftsjahr als normale Bank abgeschlossen hat.
Im vergangenen Mai interpretierte finews.ch den Abschluss 2023 als «gutes Jahr mit Fragezeichen».
Immer mehr Fragezeichen
Und die Fragezeichen, die haben in der Zwischenzeit noch deutlich zugenommen: Ende Juli entzog die Europäische Zentralbank dem Mutterhaus in Luxemburg die Lizenz, wie finews.ch zuerst berichtete. Die genauen Gründe dafür sind bis zum heutigen Tag das grösste Fragezeichen.
Seither stehen die Tochtergesellschaften in Vaduz (Liechtenstein) und Monaco wie verwaist da.
«Freiwillige» Liquidation in Vaduz
Die Liechtensteiner Einheit, zu der auch eine Zweigniederlassung in Zürich gehört, wählte den Ausweg in die freiwillige Liquidation. Wobei auch beim Begriff der Freiwilligkeit in dem Zusammenhang Fragezeichen bestehen – in Vaduz erzählt man sich, dass die Financial Markets Authority, das liechtensteinische Pendant zur Finma in der Schweiz, Druck aufgesetzt habe.
Die monegassische Tochter sollte erst an die Andbank aus Andorra verkauft werden (finews.ch berichtete), und dann doch an ein Konsortium aus Privatleuten unter Einbezug des Revolut-Chairmans Martin Gilbert. Auch dies vermeldete finews.ch.
Schweigen in Monaco
Bis Ende Jahr, und vorbehaltlich behördlicher Genehmigung, so hiess es in einer Meldung der Banque Havilland aus Luxemburg vom September 2024, solle die Monaco-Einheit unter ihren neuen Besitzern operieren.
Seither hat man nichts mehr gehört. Eine Anfrage von finews.ch bei der monegassischen Finanzaufsicht CCAF blieb gestern unbeantwortet, was weitere Fragezeichen aufwirft.
1,6 Milliarden AuM in Vaduz
In Sachen «Assets under Management» war die liechtensteinisch-schweizerische Tochtergesellschaft mit Abstand das gewichtigste Element der Bankengruppe Havilland, die der englischen Milliardärsfamilie von David «Spotty» Rowland gehört.
1,6 Milliarden Franken an Kundenvermögen wurden in Vaduz und Zürich Ende 2023 verwaltet. Unter der Ägide von Ex-CEO Fabian Käslin hatten sie in diesem Jahr um über 40 Prozent zugelegt. Zugleich wurde die Bank profitabel, nach deutlichen Verlusten unter der vorangehenden Leitung.
Trotz dem erfolgreichen Turnaround verliess Käslin die Bank im Frühling überraschend. Wohin es den Jungmanager als nächstes zieht, ist noch unklar. Auch dies ein Fragezeichen.
Finanziell dominierte Vaduz
Gegen die Kundenvermögen in Vaduz nahmen sich jene in Monaco und auch am Hauptsitz in Luxemburg deutlich bescheidener aus – was diese Einheiten aber nicht daran hinderte, die grösstenteils negative internationale Presse zu dominieren.
Was passiert mit den 1,6 Milliarden Franken Kundengeldern im Zuge der Liquidation der Bank? Auch diese Frage ist bereits wiederholt aufgetaucht. Vor wenigen Wochen untersuchte finews.ch, warum es bei einfachen Depot-Übertragungen auf andere Banken harzt.
EFG oder Sigma? Gerüchte über Asset Deal
Und bereits kurz nach Einleitung der freiwilligen Liquidation hatte finews.ch vermeldet, dass die Havilland-Banker mit der EFG und mit der Sigma Bank in Gesprächen seien über einen sogenannten Asset Deal: Ein solcher hätte in einem relativ standardisierten Prozess die noch bestehenden Kundenbeziehungen und Depots bei Einverständnis der Kunden auf einen potentiellen Käufer übertragen.
Was die EFG anbelangt, so zog sich diese aus den Gesprächen zurück. Stattdessen wechselten die bedeutendsten Kundenberater der Banque Havilland ihrerseits zur EFG in Vaduz, was finews.ch vermeldete. Wie viele Kunden und Gelder sie wohl mitgenommen haben? Auch dies ein Fragezeichen.
Neue Entwicklung
Wie finews.ch nun erfahren hat, ist es betreffend der noch vorhandenen Kundengelder nun offenbar doch zu einer Art Asset Deal gekommen.
In die Kränze kommt die Sigma Bank, die ihrerseits auch eine interessante Organisation in der überschaubaren Liechtensteiner Bankenlandschaft ist.
3 Millarden Kunden-Assets
Dem österreichischen Milliardär Martin Schlaff gehörend, ist ihr angestammtes Geschäft eigentlich das Kleinkonsumkredit-Business in Deutschland unter dem Namen Sigma Kreditbank. Der Private-Banking-Arm, der im Organigramm als Eigentümer der Kreditbank figuriert, ist erst wenige Jahre alt.
Auf rund 3 Milliarden Franken beliefen sich die Kundengelder der Sigma-Private-Banker Ende letztes Jahr.
Willkommener Zustupf
Da wäre ein Zustupf aus dem Substrat der in Liquidation befindlichen Havilland sicherlich willkommen.
Als CEO bei der Sigma-Gruppe amtiert der frühere Sarasin- und Notenstein-Topshot Aris Prepoudis.
Aber: Wie viel gibt es jetzt, fünf Monate nach Einleitung der Liquidation, noch zu holen? Kenner der Materie schätzen: maximal einen Viertel der ursprünglich 1,6 Milliarden Franken.
Referral Deal oder Asset Deal?
Die Sigma-Bank präzisiert auf Anfrage von finews.ch, es handle sich nicht etwa um einen Asset Deal, sondern um «einen Referral Deal auf Case to Case Basis».
Der Liquidator der Liechtensteiner Banque Havilland, KPMG, bestätigt gegenüber finews.ch, dass ein Deal zwischen Sigma und Havilland zustande gekommen sei: «Wir kommentieren als Liquidatoren keine Zahlen, können aber den Sigma-Deal bestätigen. Wichtig hierzu ist, dass die Kunden von Havilland in der Schweiz nicht von diesem Deal betroffen sind.»