Die EZB und die Bankenaufsicht Luxemburgs wollen der Banque Havilland die Betriebslizenz entziehen, wie Recherchen von finews.ch zeigen. Die Geschäftstätigkeit der Tochtergesellschaft in Liechtenstein und der Schweiz ist teilweise blockiert – wahrscheinlich aufgrund von behördlich angeordneten Sicherungsmassnahmen.

Wie finews.ch aus zuverlässiger Quelle erfahren hat, beabsichtigen die Bankenaufsicht der EZB und infolgedessen auch der Luxemburger Bankenaufsehers Commission de Surveillance du Secteur Financier (CSSF) die Schliessung der Banque Havilland in Luxemburg. 

Über die Hintergründe des drohenden Lizenzentzugs ist derzeit noch wenig bekannt. Es ist aber aufgrund der geographischen Konzentration der aufsichtsrechtlichen Massnahme davon auszugehen, dass sich die etwaige Ursache am Hauptsitz befindet. Dies bestätigt eine mit dem Sachverhalt vertraute Quelle gegenüber finews.ch: Die Gründe lägen ausschliesslich in Luxemburg.

Regelmässige Fragwürdigkeiten

Die Banque Havilland machte immer wieder mit Fragwürdigkeiten auf sich aufmerksam.

Ende 2018 wurde sie wegen unzureichender Vorkehrungen gegen Geldwäscherei und mangelhafter Governance von der CSSF mit 4 Millionen Euro gebüsst – einer der schärfsten administrativen Bussen, welche die Behörde verfügen kann.

Wiederholungsfall vermutet

Aufgrund dieser historischen Belastung scheint es wahrscheinlich, dass der jetzt unmittelbar drohende Lizenzentzug aufgrund von Tatsachen erfolgte, welche die CSSF als Wiederholungsfall wertete.

Bei «Bloomberg» sorgte bereits vor einigen Jahren die enge Verflechtung der englischen Milliardärs-Eigentümerfamilie Rowland mit dem seinerseits skandalumwitterten Prinz Andrew für Stirnrunzeln. Er soll als Türöffner für Neukunden fungiert haben, wie die internationale Nachrichtenagentur damals kolportierte. 

Verschwörung gegen Währung von Katar

Ins Auge stach gemäss Bloomberg das offenbar sehr aktive Engagement des Eigentümers David Rowland bei der Kundenakquise und den Kreditbeschlüssen. Er hatte die Bank nach der Finanzkrise 2009 aus den Überresten der untergegangen isländischen Kaupthing Bank herausgekauft.

Vor gut einem Jahr wurde die Banque Havilland in London von der Financial Conduct Authority (FCA) zu einer Busse von 10 Millionen Pfund verknurrt, die noch nicht rechtskräftig ist. Die inzwischen geschlossene britische Einheit der Bank soll versucht haben, sich mit Investoren gegen die Währung von Katar zu verschwören.

Mitarbeiter in Monaco angeklagt

Vor wenigen Wochen wurden zwei Mitarbeiter der monegassischen Tochtergesellschaft der Banque Havilland in Monaco wegen Geldwäscherei-Verfehlungen angeklagt.

Und zuletzt berichtete finews.ch über Inkonsistenzen beim Country-by-Country-Reporting im Geschäftsbericht der Bank für das Jahr 2023: Dessen Zahlen für das Vorjahr 2022 wurden ohne plausible Erklärung verändert, der ausgewiesene Verlust für Luxemburg von 17 auf 24 Millionen Euro erhöht.

Unsicherheit in Liechtenstein

Innerhalb der Bankengruppe mit ihrem Hauptsitz in Luxemburg und ihren Tochtergesellschaften in Monaco und Liechtenstein/Schweiz ist die liechtensteinische Einheit mit ihrer Zweigniederlassung in Zürich als einzige noch nicht negativ in Erscheinung getreten.

Gleichwohl stellt sich natürlich die Frage, was der Lizenzentzug in Luxemburg für die Liechtensteiner Bank mit ihren rund 40 Mitarbeitern und 1,6 Milliarden Franken an Kundengeldern (Stand: Ende 2023) bedeutet.

Onboarding momentan untersagt

Dem Vernehmen nach begleiten die Financial Markets Authority (FMA) in Liechtenstein und die Finanzmarktaufsicht (Finma) in Bern den Vorgang eng. Die normale Bankentätigkeit wie das Onboarding von Kunden oder die Vergabe von Krediten sollen der Banque Havilland in Liechtenstein und Zürich derzeit untersagt sein.

Auf Anfrage bestätigt die Liechtensteiner Bankenaufsicht den drohenden Lizenzentzug in Luxemburg nicht, stellt ihn aber auch nicht in Abrede. Sie schreibt: «Die Banque Havilland S.A. in Luxemburg steht nicht unter Aufsicht der FMA. Die FMA äussert sich daher nicht zur Banque Havilland S.A. in Luxemburg.»

Stellungnahme der FMA

Die Bank verfüge über eine Tochtergesellschaft in Liechtenstein mit einer Zweigniederlassung in der Schweiz. Die Tochtergesellschaft, Banque Havilland in Liechtenstein sei eine eigenständige, in Liechtenstein bewilligte Bank und stehe somit unter Aufsicht der FMA.

«Im Rahmen der prudentiellen Aufsicht überwacht die FMA die dauerhafte Einhaltung der entsprechenden gesetzlichen Normen durch die Banque Havilland (Liechtenstein) AG und alle anderen in Liechtenstein bewilligten Banken sowie ihren Zweigstellen.»

Sicherungsmassnahmen

Weiter schreibt die Behörde, «generell» prüfe sie und ergreife sie umgehend Massnahmen, «wenn sie Kenntnis von einem Sachverhalt erhält, welcher die Interessen der Kunden einer liechtensteinischen Bank gefährden könnte». Zu diesen Massnahmen könne auch «der Erlass von Sicherungsmassnahmen bei der liechtensteinischen Bank zählen».

Deren Ziel sei es, «dass kein Kunde zu Schaden kommt» und allgemein «die Stabilität des Finanzmarktes Liechtenstein sowie der Schutz des Rufs des Finanzplatzes».

Ausweg: Notverkauf

Inwieweit es gelingen könnte, die Business-Prozesse vom vermutlich bald nicht mehr operablen Luxemburger Hauptsitz abzutrennen, bleibt offen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Tochtergesellschaft alleine als Bank operieren kann, wird allenthalben als eher gering eingeschätzt. Ein theoretisch denkbarer Ausweg wäre ein Notverkauf. Dafür müsste allerdings ein Käufer gefunden werden.

Ob die Verfügung zum Lizenzentzug der Banque Havilland bereits zugestellt wurde respektive ob sie bereits rechtskräftig ist, konnte am Dienstagnachmittag nicht in Erfahrung gebracht werden. Die Bank war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.