Der Liquidationsprozess der Havilland Liechtenstein und Schweiz verlaufe «planmässig», beteuert die damit betraute KPMG. Bei der Übertragung der Wertschriften der Kunden klemmt es aber. Eine Spurensuche führt bis nach Luxemburg. 

Am 30. Juli gab die Banque Havilland bekannt, dass sie in Liechtenstein und in der Schweiz ihre Geschäftstätigkeit einstellt und somit das freiwillige Liquidationsverfahren für die Banque Havilland (Liechtenstein) AG einleitet. Gleichzeitig verzichtete sie auf ihre Banklizenzen in diesen beiden Ländern. Am 2. August teilte die Privatbank mit, dass ihr die Europäische Zentralbank die Banklizenz für ihr Stammhaus in Luxemburg entzogen hat.

Seither läuft der Liquidationsprozess für die beiden Standorte in Liechtenstein und in der Schweiz. Zuständig dafür ist KMPG (Liechtenstein), zusätzlich wurden auch Marc Arand (CEO der Bankgruppe) und Jean-François Willems (operativ tätiges Verwaltungsratsmitglied) als Ko-Liquidatoren bestellt.

 «Möglichkeit einer Vermögensübertragung an eine andere Bank»

Überwacht wird der Prozess von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma und der Finanzmarktaufsicht des Fürstentums Liechtenstein. Die Finanzmarktaufsicht trifft die für die Durchführung der Liquidation und der Abwicklung der laufenden Geschäfte erforderlichen Massnahmen und erteilt den Liquidatoren die notwendigen Weisungen.

Es geht also darum, alle Geschäftsbeziehungen geordnet zu beenden, die Aktiven zu verwerten und die Verbindlichkeiten zu bedienen. Gemäss der Website von Havilland Liechtenstein «befinden wir uns in der Phase der Bestandesaufnahme, in welcher auch die Möglichkeit einer Vermögensübertragung an eine andere lokale Bank geprüft wird». Tatsächlich hatte es schon verschiedentlich Spekulationen über Käufer gegeben, über die auch finews.ch berichtet hatte.

Und die Bankkunden?

KPMG geht zurzeit davon aus, dass sich die ordentliche Liquidation bis ins Jahr 2026 hinzieht.

Die Kunden der Banque Havilland (Schweiz und Liechtenstein) sollten allerdings nicht so lange warten müssen, bis sie ihr Geld zurückerhalten, da Einlagen bis zu 100'000 Franken in beiden Ländern zu den privilegierten Forderungen zählen. Auch die Wertschriften sollten sich eigentlich rasch auf das Depot einer anderen Bank übertragen lassen, da sie (anders als die Einlagen) keinen Bestandteil der Bankbilanz bilden.

Zwischen den Zeilen lesen

Wie im Fall der von der Finma zwangsgeschlossenen Genfer Flowbank (über den finews.ch verschiedentlich berichtete) scheint der Prozess der Rückerstattung der privilegierten Einlagen und besonders der Übertragung der Wertschriften aber auch hier eher harzig zu verlaufen, und es gibt etliche Kunden, die noch immer darauf warten müssen.

Aus Sicht der von finews.ch mit einer Reihe von Fragen konfrontierten Liquidatorin scheint aber alles in geordneten Bahnen zu verlaufen. «Die Abwicklung der Banque Havilland (Liechtenstein) AG in Vaduz, inklusive der Zweigniederlassung Zürich, verläuft planmässig», hält KPMG fest. Allerdings lohnt es sich, etwas zwischen den Zeilen zu lesen.

«Zeitliche Verzögerungen» bei der Wertschriftenübertragung

Die Auszahlung der privilegierten Kundeneinlagen verlaufe gemäss dem dafür gesetzlich vorgesehenen Prozess, «ohne dass wir ungewöhnliche zeitliche Verzögerungen erwarten». 

Bei der Übertragung der übrigen Kundeneinlagen (über 100'000 Franken) könne es allerdings je nach Komplexität einer Kundenbeziehung im Einzelfall zu zeitlichen Verzögerungen in der Abwicklung kommen, beispielsweise wegen der Abstimmung mit den Depotbanken, Einhaltung der Übertragungsinstruktionen der Kunden sowie Überprüfungen von Sanktions- und Geldwäschereiregeln, räumt KPMG ein.

«Knopf» in Luxemburg?

Für die Übertragung der Wertschriften seien Freigaben verschiedener Instanzen wie z.B. der Verwahrstelle (Muttergesellschaft in Luxemburg) nötig. Das könne die Ausführung nach aktuellem Kenntnisstand verzögern – eine vorsichtige Formulierung, die darauf hin deutet, dass der «Knopf» bei den Verantwortlichen für den Liquidationsprozess im Stammland Luxemburg zu finden ist.

Ganz verschlossen zeigt sich KPMG leider, wenn es um Daten geht. «Zu der Höhe der Kundeneinlagen und Wertschriftendepots veröffentlichen wir keine Zahlen», heisst es. Entsprechend sind auch, anders als im Fall Flowbank, keine Angaben zu den bisher bereits zurückerstatteten privilegierten Forderungen bzw. den übertragenen Wertschriften greifbar.

Die Sicht des Bankkunden

Für den Kunden macht es an sich keinen grossen Unterschied, ob seine Bank zwangsweise oder freiwillig liquidiert wird. Es ist ihm eigentlich auch ziemlich einerlei, weshalb möglicherweise ein Liquidationsverfahren in einem Land Freigaben in einem parallel laufenden Verfahren in einem anderen verzögert oder ob unterschiedliche Interessenlagen von involvierten Aufsichtsbehörden bzw. von Mutter- und Tochtergesellschaft Prozesse hemmen.

Er hat sein Geld und seine Wertschriften einem Institut anvertraut, das von einer nationalen Aufsichtsbehörde eine Banklizenz erhalten hatte und entsprechend streng reguliert und überwacht worden ist. Daher darf er erwarten, dass der besondere Gläubigerschutz, der im nationalen Recht für Bankkunden vorgesehen ist, auch möglichst speditiv durchgesetzt wird.

Ein Ärgernis – war früher alles besser?

Dass es aufgrund der Komplexität von Kundenbeziehungen bzw. der Beteiligung verschiedener Instanzen (Fall Havilland) bzw. aufgrund der offenbar unzulänglichen IT-Infrastruktur (Flowbank) zu monatelangen Verzögerungen insbesondere bei der Übertragung von Wertschriften kommt, ist ein Ärgernis.

Man wird den Verdacht nicht los, dass solche Prozesse in der Epoche, als Wertpapiere ihren Namen wirklich noch verdienten und Verfahren weniger grenzüberschreitend koordiniert werden mussten, analog effizienter abliefen als in der heutigen IT-dominierten digitalen und international vernetzten Bankenwelt. Diesen Verdacht zu substantiieren, wäre aber dann definitiv eine Aufgabe für einen gründlichen Wirtschaftshistoriker und nicht für einen findigen Finanzjournalisten.