Neue Regulierungen in Europa, eine feinmaschige und entsprechend kostspielige Aufsicht durch die Finma, das Buhlen anderer Länder um die Gunst der Kryptobranche und traditionelle Banken, die mitmischen wollen. Ungeachtet dessen hegt CEO Franz Bergmüller die Ambition, seine Kryptobank Amina zum führenden Institut für das ganze Ökosystem zu machen. Die Geschäftszahlen legt er im Interview mit finews.ch zwar nicht offen, verrät aber, welche Pläne er hat.

Dieses Jahr sind einige etablierte Banken ins Geschäft mit Kryptowährungen eingestiegen. Gewichtige Beispiele sind die Postfinance und die Zürcher Kantonalbank. Auch bei der Regulierung ist viel in Bewegung. In der EU tritt bald das Regelwerk der «Markets in Crypto-Assets Regulation» (MiCAR) in Kraft; wer künftig in der EU Kryptodienstleistungen anbieten will, muss in einem Mitgliedstaat (oder in Liechtenstein) eine entsprechende Lizenz beantragen, die dann für ganz Europa gilt (Passporting).

Hierzulande hat jüngst die Aufsichtsmitteilung der Finma zu Stablecoins den Unmut der Swiss Blockchain Federation (SBF) auf sich gezogen, was die Behörde zu einer Replik auf finews.ch veranlasste. Wie positioniert sich die Zuger Anima Bank, die zusammen mit Sygnum zur raren Spezies der Schweizer Kryptobanken zählt, in diesem anspruchsvollen Umfeld?  

Herr Bergmüller, ist der Bitcoin-Dollarpreis, der ja bekanntlich wild hin und her schwankt, immer noch das Stimmungsbarometer par excellence für die ganze Kryptobranche?

Der Preis ist ein wichtiger Indikator, bildet aber nur einen Teil der Realität ab. Relevant sind auch die Mittelzuflüsse in Kryptowährungen und die Investitionen in Kryptoprojekte.

Wie sieht es denn bei Ihren Kunden aus?

Unsere Kunden sind völlig überzeugt von Kryptowährungen und langfristig investiert. Sie verkaufen auch dann nicht, wenn die Preise stark schwanken.

Ist das nicht irrational?

Nein. Unsere Kunden sind oft schon seit mehr als zehn Jahren in dieser Anlageklasse investiert. Sie kennen die Zyklen und haben mehrere Kryptowinter überstanden. Das gibt ihnen die nötige Gelassenheit.

Gelingt es Ihnen, auch neue Kunden zu gewinnen?

Ja, von Monat zu Monat steigt die Zahl unserer Kunden kontinuierlich.

«Unsere Assets under Management sind in den letzten zwölf Monaten um 150 Prozent gewachsen.»

Wenn es so gut läuft, weshalb veröffentlicht Amina denn anders als die meisten anderen Banken keine Geschäftszahlen?

Das ist unsere Geschäftspolitik von Anfang an. Aber in den letzten Jahren verläuft die Entwicklung sehr positiv. Die Assets under Management sind in den vergangenen zwölf Monaten um 150 Prozent gewachsen, die Umsätze um 80 Prozent, und wir registrieren erhebliche Neugeldzuflüsse.

Umso erstaunlicher, dass Sie als Kryptobank die Zahlen nicht einfach auf den Tisch legen. Das wäre doch auch für die Branche ein positives Signal, oder?

Wir fühlen uns wohl mit dieser Kommunikationspolitik. Sie müssen sehen, dass wir als Start-up in einem hoch regulierten Umfeld unterwegs sind, mit entsprechenden Kostenfolgen. Zudem investieren wir viel in Wachstum, was die Profitabilität kurzfristig zusätzlich beeinträchtigt. So haben wir in den letzten zwei Jahren international expandiert, nach Abu Dhabi und Hongkong. Jetzt ist Europa an der Reihe. Und wir finanzieren dies aus dem laufenden Geschäftsbetrieb und nicht durch zusätzliche Kapitalaufnahme.

«Wir nähern uns dem Break-even, haben uns aber entschlossen, dass Investitionen derzeit Priorität haben.»

Heisst das, dass Sie eine MiCAR-Lizenz beantragen werden?

Ja. Wir sind derzeit im Antragsprozess mit der Finanzmarktaufsicht FMA in Österreich im Schritt 1 für eine lokale Lizenz als Virtual Asset Services Provider. Hier haben wir es wieder mit einem anderen Regulator zu tun und müssen erst ein neues Team aufbauen, bevor wir überhaupt Geschäfte abschliessen und Geld verdienen können. Als Bank nähern wir uns dem Break-even, haben uns aber bewusst entschlossen, dass Investitionen in Wachstum derzeit Priorität haben.

Welche Geschäftsfelder laufen derzeit besonders gut?

Stark nachfragt werden kryptobesicherte Kredite, die es Kunden ähnlich wie bei einem Lombardkredit ermöglichen, noch stärker zu investieren.

Ist das angesichts der Preisvolatilität der Kryptowährungen nicht ein hochriskantes Geschäft für Sie als Bank?

Nein. Die Limiten sind sehr vorsichtig gesetzt. Kommt es zum Margin Call, müssen die Kunden mehr Collateral stellen oder verkaufen – fast immer wählen sie die erste Variante.

Weshalb soll ich für einen solchen Kredit ausgerechnet zu Ihrer Bank kommen?

Weil das andere Banken gar nicht anbieten. Aber es fängt schon viel früher an. Ich habe beispielsweise einen Kunden, der als Software-Techniker mit Bitcoin-Mining quasi aus Versehen reich geworden ist. Er bekam bei anderen Banken nicht einmal ein Konto. Wir verstehen solche Menschen und können sie bedienen.

Gibt es noch weitere Geschäftsfelder, die boomen?

Das hängt stark auch vom Zeitpunkt ab. Ende 2023 waren Optionen auf Kryptowährungen en vogue. Heute haben wir eine Warteliste für Krypto-Start-ups, die ein ganz normales Bankkonto brauchen, sich aber keine hohen Gebühren leisten können.

«Heute haben wir eine Warteliste für Krypto-Start-ups, die ein ganz normales Bankkonto brauchen.»

Viele andere Banken sind aber doch aktuell daran, mehr Kryptodienstleistungen anzubieten. Wird die Konkurrenz für Amina damit nicht erheblich zunehmen?

Es ist gut, dass andere Banken mehr tun wollen. Allerdings haben wir eine spezialisierte Bank aufgebaut, welche die Compliance insbesondere im Bereich Know your customer extrem genau nimmt und dafür auch einen grossen Aufwand betreibt. Unsere Expertise in der Kryptoforensik lässt sich nicht sofort kopieren. Deshalb haben uns ja auch einige diesbezüglich durchaus ambitionierte Banken als Partnerin ausgewählt, z.B. die St. Galler Kantonalbank, Julius Bär und LGT.

Wo setzen Sie für die nächsten Jahre die Schwerpunkte?

Wir führen den Kurs der geografischen Diversifikation mit dem Einstieg in Europa weiter. Generell möchten wir die führende Bank für das ganze Krypto-Ökosystem werden, d.h. auch für Miners, Foundations und Krypto-Fonds.

Sie haben auf die feinmaschige und auch kostspielige Regulierung hingewiesen. Wie ist Ihr Verhältnis zur Aufsichtsbehörde Finma?

Die zwei Schweizer Kryptobanken sind in der Kategorie 5 eingeteilt. Wir tauschen uns eng mit der Finma aus, viel stärker, als dies üblicherweise bei Kleinbanken der Fall ist. Das bedeutet für uns viel Aufwand, ist aber auch Teil unserer Daseinsberechtigung, weil wir ja eine gut regulierte Bank sein wollen.

Aber Sie haben doch ausschliesslich finanziell versierte Kunden, deren Schutzbedürfnis kleiner sein müsste als das der Kunden anderer Kleinbanken.

Wir werden von der Aufsicht eng begleitet, weil immer noch die Sorge mitschwingt, dass Dienstleistungen rund um Kryptowährungen für Betrug, Geldwäscherei oder gar Terrorfinanzierung missbraucht werden könnten. Beide Kryptobanken nehmen ihre Aufgaben deswegen sehr ernst und werden eng begleitet.

Wir beurteilen Sie das neue europäische Regelwerk MiCAR?

In vielen Bereichen ist es echt gut, und ich war positiv überrascht, dass sich die EU einigen konnte.

«Meine Bitte an die Schweiz: Verspielt den Standortvorteil nicht.»

Was bedeutet MiCAR für die Schweiz?

Die Schweiz war Pionierin im Kryptobereich und hat auch eine clevere Regulierung, mit einer Behörde, die über das Fachwissen verfügt. Nun aber holen die anderen Regionen stark auf. Meine Bitte an die Schweiz: Verspielt den Standortvorteil nicht, z.B. im Stablecoin-Bereich.

Die jüngste Aufsichtsmitteilung der Finma dazu wird bekanntlich sehr kontrovers beurteilt. Die Swiss Blockchain Federation fürchtet, dass die neue Praxis zum Sargnagel für Stablecoin-Emissionen aus der Schweiz heraus werden könnte. Die Finma wiederum behauptet, sie habe bloss die bisherige Praxis geklärt.

Die Finma betrachtet Kryptowährungen je nach Verwendungszweck unterschiedlich. Bei Stablecoins, d.h. an offizielle Währungen geknüpfte Kryptowerte, sieht die Finma einige Verpflichtungen auf Seiten der Issuer. Beispielsweise müssten die Issuer die Inhaber von Stablecoins und deren Transaktionen im Detail überprüfen. Das wäre dann mit einem erheblichen Aufwand verbunden und wahrscheinlich eine sehr hohe Hürde für das Stablecoin-Geschäft in der Schweiz.

Und weshalb stört es die Finma nicht, wenn Stablecoins in der Schweiz verkauft werden, die im Ausland emittiert werden?

Das kann ich nicht beurteilen. Aber Stablecoins sind für die ganze Branche ein zentraler Baustein, und deshalb hoffe ich inständig auf klärende Gespräche zwischen der Aufsicht und allen Akteuren, damit das Stablecoin-Geschäft nicht ins Ausland abwandert. Dort werden nämlich die Rahmenbedingungen laufend besser, weil viele Staaten auch einen Teil dieser Boombranche zu sich locken möchten.


Franz Bergmüller ist seit April 2022 CEO der Amina Bank mit Sitz im Crypto Valley Zug, die damals noch Seba Bank hiess und 2019 die Banklizenz erhalten hatte. 2023 wurde die Seba Bank in Amina Bank umbenannt. Bevor Bergmüller zu Amina stiess, betreute er als Partner von Accenture internationale Kunden in den Bereichen Finanzdienstleistungen, Technologie und Strategie. Nach seiner Zeit in der Beratung leitete er verschiedene Unternehmen im Finanzdienstleistungs- sowie IT-Sektor und baute zwei Fintech-Unternehmen in Deutschland auf.