Franken-Anleihenmarkt: Das Jahr 2025 hat es in sich
2025 zeichnet sich ein Rekordjahr für Neuemissionen von Schweizer Unternehmen ab. Grosse Corporates sind dabei nicht auf den heimischen Markt angewiesen. Für alle anderen könnte dieser aber an Bedeutung gewinnen, nicht zuletzt deshalb, weil die Banken bei der Kreditvergabe zurückhaltender werden.
Wie lange können, dürfen und wollen die Banken noch die ganze Kreditnachfrage der Wirtschaft bedienen? Diese Frage stellt sich immer eindringlicher. Erstens sind, wie auch die Geschäftsberichte 2024 nahelegen, die Refinanzierungskosten der Banken empfindlich gestiegen.
Der Zinsertrag hält insgesamt nicht mit dem Zinsaufwand Schritt. Wollen Banken also Unternehmenskredite vergeben, müssen sie mehr bezahlen als noch vor einem Jahr, um sich die nötigen Mittel am Markt zu beschaffen. Entweder überwälzen sie die Mehrkosten auf den Kreditkunden oder tragen die Einbusse selber. Und eine andere günstige Refinanzierungsquelle, die Kundeneinlagen, sprudelt auch nicht mehr so kräftig wie vor einem Jahr. Zweitens beschneiden die Anforderungen der Regulierung (Basel III final) die Kreditvergabekapazitäten einiger Banken weiter.
Schweizer Corporates nutzen den Anleihenmarkt intensiv
Doch es gibt für Unternehmen – zumindest, wenn sie eine gewisse Grösse aufweisen – eine erprobte Alternative zu Bankkrediten: der Anleihenmarkt. 2024 haben sich Schweizer Unternehmen dort gemäss einer kürzlich publizierten Studie der Ratingagentur Moody's 65 Milliarden Franken beschafft, ein Plus von 21 Prozent gegenüber 2023.
Die Zunahme sei letztes Jahr in anderen Ländern zwar noch ausgeprägter gewesen, dafür habe sich der Primärmarkt in der Schweiz über die vergangenen drei Jahre in einem global schwierigen Umfeld als stabiler erwiesen, halten die Analysten fest.
Wenn es schwieriger wird: Zurück zum Frankenanleihenmarkt
Moody's betrachtet dabei allerdings nicht nur den Frankenanleihenmarkt, sondern Emissionen von Schweizer Corporates in allen Währungen. Durchschnittlich würden Schweizer Unternehmen zwei Drittel ihres Finanzierungsbedarfs in Dollar und Euro decken, der Anteil der Heimwährung erreichte im schwierigen Jahr 2022 mit 40 Prozent einen Höchststand und betrug 2024 28 Prozent. Moody's schreibt weiter, dass eine Handvoll grosser Unternehmen, die Investment Grade (Anlagequalität) aufweisen, den Markt 2024 dominiert haben und auch weiterhin dominieren werden.
Wer als Unternehmen nicht in die Liga von Roche, Nestlé, Novartis & Co gehört, orientiert sich indes mehr am Heimwährungsmarkt. Besonders stark ist dort die Emissionstätigkeit traditionell im Januar. Das war auch 2025 nicht anders, als im ersten Monat insgesamt 69 Transaktionen zu verzeichnen waren, wobei mit knapp 8 Milliarden Franken der Löwenanteil auf inländische Schuldner entfiel.
Gelungener Jahresauftakt am heimischen Primärmarkt
Doch auch im Monat Februar war das Geschehen am Primärmarkt gemäss der Zürcher Kantonalbank (ZKB), die selber als Federführerin im Geschäft aktiv ist, rege. Insgesamt wurden 37 Emissionen über 7,3 Milliarden Franken lanciert; diesmal hielten sich Inland- und Auslandschuldner betragsmässig praktisch die Waage.
Anders als noch im Januar waren im Februar Schweizer Unternehmen (Corporates) Mangelware. Einziger klassischer Corporate war Bell Food Group, ein von ZKB und UBS mit Triple-B eingestufter Schuldner, der sich 220 Millionen Franken beschaffte.
Finanzschuldner dominieren
Dafür waren die Finanzschuldner (Financials) gut vertreten: von den beiden Stammgästen Pfandbriefzentrale und Pfandbriefbank (eine weitere wichtige Refinanzierungsquelle für Banken) über die EFG Bank bis hin zu Kantonalbanken. Dort stach die Additional-Tier-1-Anleihe der Luzerner Kantonalbank (LUKB) hervor, mit der diese – wie es finews.ch formulierte – den Bann in diesem Segment (das es ohne die Regulierungslawine nach der Finanzkrise gar nicht gäbe) brach.
Doch zurück zu den Unternehmen. Der März hat am Schweizer Primärmarkt nicht schlecht begonnen. Sika und Clariant beschafften sich über verschiedene Anleihenstranchen insgesamt 500 Millionen respektive 265 Millionen Franken.
Emissionsrekord von Schweizer Unternehmen – aber in welcher Währung?
Und die Aussichten, dass 2025 ein gutes Jahr für das Segment der Schweizer Unternehmenschuldner wird, stehen gut, zumindest, wenn die Analysten von Moody's Recht behalten – die, wie erwähnt, auch auf andere Emissionswährungen als den Franken einbeziehen.
Die Ratingagentur rechnet nämlich mit einem Rekord an Neuemissionen von inländischen Corporates, d.h., das Volumen von 65 Milliarden Franken des Vorjahrs soll übertroffen werden.
Massierung von Fälligkeiten
Allerdings führen dies die Analysten nicht darauf zurück, dass die Unternehmen fällige Bankkredite zunehmend durch Anleihen ablösen, sondern auf die vielen bereits ausstehenden, aber bald auslaufenden Bonds, die refinanziert werden müssen. Die Zahlen lauten 30 Milliarden Franken für 2025 sowie je 35 Milliarden Franken in 2026 und 2027.
In den kommenden Jahren dürfte sich dieser Refinanzierungseffekt wieder abschwächen, weil Unternehmen vermehrt Anleihen mit einer längeren Laufzeit begeben, was zu weniger Fälligkeiten und damit Rückzahlungen führen wird.
Zauberwort «Kapitalmarktfähigkeit»
Für Schweizer Unternehmen, die nicht zur Topliga zählen, welche Emissionswährung und Federführer quasi nach Belieben auswählen kann, bietet der heimische Kapitalmarkt in Zeiten, in denen Banken die Konditionen bei der Kreditvergabe verschärfen, eine prüfenswerte Alternative.
Vorausschauende Finanzchefs sollten sich bewusst sein, dass «Kapitalmarktfähigkeit» mehr als nur ein flottes Schlagwort ist. Und dass der Heimmarkt für Unternehmen mit solider Bonität in Krisenzeiten erfahrungsgemäss am längsten offen steht.
Aber auch für diejenigen, die wissen wollen, ob an der These, wonach Schweizer Unternehmen Bankkredite tendenziell durch Obligationen ablösen könnten, Fleisch am Knochen ist, lohnt es sich, die Entwicklungen am Frankenanleihenmarkt in den nächsten Monaten besonders genau unter die Lupe zu nehmen.