High-Yield-Bonds profitieren weiterhin vom guten Wirtschaftsumfeld, in dem sich die Unternehmen bewegen. Aber auch der Umstand, dass das knappe Angebot auf eine grosse Nachfrage stösst, stützt die Anlageklasse, argumentieren zwei Obligationenspezialisten von Ostrum Asset Management. 

Sind hochverzinsliche Anleihen – also Papiere, die von den Ratingagenturen mit einer Note im spekulativen Bereich (Ba+/BB+ oder tiefer) eingestuft werden – attraktiv oder nicht? In 2023 und im bisherigen Jahresverlauf haben High-Yield Bonds andere festverzinsliche Anlagen, die mit weniger Risiken behaftet sind, geschlagen – was zur Tatsache passt, dass sich in diesem Zeitraum Investitionen in möglichst riskante Anlageklassen ganz generell ausbezahlt haben.

Doch wie geht es jetzt weiter? Aufgrund der guten Performance sind Hochverzinsliche, die meist von Unternehmen begeben werden, nun relativ hoch bewertet; die Risikoprämie respektive die Renditedifferenz (Spread) gegenüber sicheren Anlagen ist damit deutlich geschrumpft. Springt somit, wer heute noch in High Yield investiert, nicht auf einen Zug auf, der schon bald stark bremsen wird?

Auch im nächsten Jahr ein Outperformer?

Ja, lautete der Tenor von Balaji Venkataraman, Portfoliomanager bei American Century Investment, jüngst an einer Präsentation in Zürich, der auch finews.ch beiwohnte. 

Nein, sind dagegen Philippe Berthelot, Head of Credit & Money Market Management bei Ostrum Asset Management, und Erwan Guilloux, Senior High Yield Portfolio Manager, überzeugt. Bei ihrem Besuch in Zürich legten die beiden Fixed-Income-Spezialisten im Gespräch mit finews.ch die Argumente auf den Tisch, die dafür sprechen, dass die Anlageklasse High Yield auch im nächsten Jahr zu den Outperformer gehören wird.

Ausfallrate soll nur leicht steigen

«Ja, der Spread ist enger geworden, aber die Renditen sind absolut betrachtet mit 5 bis 6 Prozent immer noch ansprechend», hält Berthelot fest. Auch das Makroumfeld bleibt freundlich. Von den sich abzeichnenden weiteren Zinssenkungen der Zentralbanken profitiert das ganze Anleihenuniversum.

Erfahrungsgemäss reagieren aber Hochverzinsliche besonders empfindlich auf einen Anstieg der Ausfallraten, d.h. auf eine wachsende Zahl von Emittenten, die ihre Schulden nicht mehr bedienen können. Guilloux geht davon aus, dass die Ausfallrate auch in seinem Universum von gegen 400 Schuldnern, die in Europa Obligationen in verschiedenen Währungen ausstehend haben (Ostrum sichert das Wechselkursrisiko gegenüber der Basiswährung Euro ab), leicht steigen wird. «Aber sie wird unter dem historischen Durchschnittswert bleiben. Zudem sprechen technische Faktoren für die Anlageklasse.»

Berthelot Guilloux Ostrum

Philippe Berthelot und Erwan Guilloux (Bild: Ostrum Asset Management)

«Mehr Geld jagt weniger Bonds»

Die auch aufgrund der guten Performance gestiegene Nachfrage trifft nämlich auf ein geschrumpftes Angebot oder mit den Worten Berthelots: «Mehr Geld jagt weniger Bonds.» Seit einiger Zeit ist das Angebot an neuen High Yields rückläufig, es gab sogar Monate, in denen mehr Bonds fällig als neue emittiert wurden. Dazu kommt, dass auch der Stock an ausstehenden Obligationen geschrumpft ist, weil es mehr Rising Stars als Fallen Angels gegeben hat.

Als Rising Stars werden Unternehmen bezeichnet, denen es gelingt, die Decke zu durchstossen und das Siegel der Anlagequalität zu erlangen. Fallen Angels sind umgekehrt diejenigen Schuldner, die von der Anlagequalität ins spekulative Segment absteigen.

«Wir mögen Additional-Tier-1-Anleihen»

Und wie steht es um die Liquidität? Risikiert derjenige, der in tieferklassige Qualität investiert, nicht, dass er in einer Stresssituation am Sekundärmarkt nur mit einem hohen Abschlag verkaufen kann? Guilloux bestätigt diese Gesetzmässigkeit, bemerkt aber, dass derzeit die Kunst als Folge der erwähnten technischen Faktoren eher darin besteht, Papiere kaufen und nicht verkaufen zu können. Und er macht eine überraschende Aussage: «Wir mögen AT-1-Bonds, die sind aufgrund der grossen Emissionsbeträge auch liquider.»

Additional-Tier-1-Anleihen oder eben AT-1 werden von Banken emittiert, die Anlagequalität aufweisen, um regulatorisch gesetzte Kapitalquoten zu erfüllen. Aufgrund ihrer tief nachrangigen Struktur mit Eigenkapitalelementen werden AT-1 etliche Stufen tiefer geratet. Dass sich die mit diesem besonderen Instrument verbundenen Risiken für die Anleger durchaus materialisieren können, machte im Frühling 2023 der Fall Credit Suisse (CS) deutlich, als  die Finanzmarktaufsicht Finma quasi mit einem Fingerschnippen AT-1-Bonds im Nominalwert von 16 Milliarden Franken für wertlos erklärte.

Schaden durch CS-AT-1 mit anderen CS-Bonds kompensiert

«Ja, wir hielten leider auch AT-1-Bonds der CS», bestätigt Guilloux. «Wir hatten allerdings in unserem High-Income-Fonds auch andere CS-Anleihen, die dank der Rettung zulegten, so dass wir den Schaden kompensieren konnten. Und insgesamt hat der AT-1-Markt in dieser Krise extrem attraktive Einstiegsmöglichkeiten geboten, die wir auch genutzt haben.»

Die Bondspezialisten von Ostrum Asset Management sind auch in andere Schweizer Namen investiert, die sie jedoch aufgrund interner Richtlinien nicht nennen dürfen. Die Auswahl von Anleihen hiesiger Unternehmen, die unterhalb der Anlagequalität angesiedelt sind, ist allerdings eng begrenzt, und der Handel am Sekundärmarkt ist aufgrund der bescheidenen Emissionsbeträge dünn. Aber UBS und Schweizer Versicherungen haben relativ liquide AT-1 und andere hybride Instrumente ausstehend.

Obligationenspezialisten müssen Langweiler sein

Berthelot ist nach der langen von der Geldpolitik der Zentralbanken herbeigeführten Tief- oder gar Negativzinsphase die Erleichterung anzusehen, dass die Zinsen nun wieder klar im positiven Bereich liegen. «Fixed Income ist endlich wieder zurück – aber nicht, um uns reich zu machen. Das Ziel sind regelmässige Erträge, ohne allzu grosse Wertschwankungen. Es ist schön, wieder in einer normalen Welt zu leben. Unsere Rolle als Obligationenspezialisten darin ist, langweilig zu sein – obschon unsere Anlageklasse in den letzten drei Jahren ziemlich vielseitig und überhaupt nicht langweilig war.»

Berthelot und Guilloux hoffen, dass es nicht wieder zu einer Negativzinsphase kommt. «Wenn die Zentralbanken den Zins auf 0 Prozent drücken, differenziert der Markt kaum mehr zwischen den Schuldnern», begründet Berthelot.

Negativzinsphase machte Schuldneranalyse samt Analysten überflüssig

«Dann kann man einfach querbeet ins Universum investieren, zum Beispiel mit einem Exchange Traded Funds. Es braucht dann gar kein aktives Management und auch keine sorgfältige Schuldneranalyse mehr. Man muss nicht mehr länger zwischen den Guten, den Bösen und den Hässlichen differenzieren – und Typen wie wir werden damit ebenfalls überflüssig», bemerkt Berthelot pointiert.

Ostrum Asset Management ist ein Tochtergesellschaft von Natixis Investment Managers, die zur Groupe BPCE, der zweitgrössen Bankengruppe Frankreichs gehört. Natixis Investment Managers verwaltet Vermögen von mehr als 1,2 Billionen Euro. Ostrum Asset Management weist knapp 400 Milliarden Euro Assets under Management auf, wovon deutlich über 300 Milliarden auf den Versicherungsbereich entfallen.