Die Schweizer Banken sahen 2021 viel Licht und Schatten. Rekordvolumen bei den verwalteten Vermögen einerseits – während Finanz-Skandale die Reputation und Bilanzen einzelner Akteure belasteten. Ein Rückblick in sechs Punkten.
Die wirtschaftliche Erholung nach dem Krisenjahr 2020 lässt sich auch aus den Bankbilanzen lesen. Die starke Entwicklung an den Märkten, die hohe Aktivität der Kunden und wachsende Vermögen sorgten im nun zu Ende gehenden 2021 für gute Geschäfte.
Einer der Gründe für die guten Zahlen war zudem das Zurückfahren der Kredit-Rückstellungen aus 2020. Mit der wirtschaftlichen Erholung verbesserte sich die Lage der Unternehmen insgesamt, und das Ausfallrisiko sank deutlich. Damit konnten die Banken auch ihre vorsorglich gebuchten Rückstellungen zu einem grossen Teil wieder auflösen.
1. Credit Suisse im Schleudergang
Doch vom guten Umfeld konnten nicht alle profitieren. Bei der Credit Suisse (CS) von Turbulenzen zu sprechen, wäre die Untertreibung des Jahres. Das doppel-Debakel um die geschlossenen Greensill-Fonds und um die Milliarden-Verluste mit der New Yorker Finanzfirma Archegos glich dann eher einem Schleudergang bei 1'500 Umdrehungen. Und das Thema konnte auch bis zum Jahresende nicht vollständig ab- und aufgearbeitet werden. Die Kunden der CS-Lieferkettenfonds warten noch auf erhebliche Summen. Externe Ermittlungen laufen ebenfalls weiter.
Für das vierte Quartal hat die Bank bereits einen Abschreiber in Höhe von 1,6 Milliarden Franken angekündigt. Diesmal jedoch aus einer «Altlast», und zwar dem Kauf der US-Bank Donaldson, Lufkin & Jenrette zur Jahrtausendwende.
Die Greensill- und Archegos-Skandale sorgten beim CS-Personal für viel Unruhe, Abgänge und Wechsel und warfen auch einen langen Schatten auf den Start des neuen Verwaltungsratspräsidenten António Horta-Osório (Bild unten). Die Aufarbeitung der Skandale, das Verhältnis zu CEO Thomas Gottstein, der versprochene Kulturwandel und die Erwartung, schnell eine handfeste und zukunftssichere Strategie für die Grossbank zu entwerfen, muteten als wahren Parforce-Ritt für den gebürtigen Portugiesen an.
Im Dezember hinterliess dann der Quarantäne-Verstoss CS-Präsidenten einen schalen Beigeschmack.
2. UBS macht Kasse
Im Vergleich der Grossbanken konnte die UBS die CS deutlich überflügeln. Hier wurde in den ersten neun Monaten ein Gewinn von rund 6,1 Milliarden Dollar erzielt, knapp ein Viertel mehr als im Vorjahr. Dabei entwickelten sich insbesondere das Wealth Management und die Investmentbank stark. Thema bleibt bei der UBS der Prozess wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Frankreich, der von der Bank erneut weitergezogen wurde.
UBS-Konzernchef Ralph Hamers steht bereits seit mehr als einem Jahr am Steuer. Auch sein Start wurde überschattet durch drohende Ermittlungen gegen ihn und seinen früheren Arbeitgeber ING in den Niederlanden.
Zwar wurde bei der UBS mit dem von Hamers in Aussicht gestellten Sparprogramm inzwischen begonnen, die hochgesteckten Erwartungen an ihn in Richtung Digitalisierung haben sich bisher aber noch nicht erfüllt, heisst es bei Beobachtern. Für den kommenden Februar hat die Grossbank eine Strategieüberarbeitung in Aussicht gestellt.
Eine andere, wichtige Pendenz hat die UBS hingegen abgehakt. Im kommenden Frühling soll der Ire Colm Kelleher (Bild unten) auf Axel Weber auf dem Posten des Verwaltungsrats-Präsidenten folgen. Welche Akzente der Mann aus Cork, der an der Wall Street Karriere gemacht hat, setzen wird, bleibt abzuwarten.
3. Raiffeisen mit wenig personeller Fortune
Auch eine weitere Bankengrösse im Lande, die genossenschaftlich organisierten Raiffeisenbanken, wurde 2021 von Skandalen geplagt. Mit dem plötzlichen Abgang des Verwaltungsratspräsidenten Guy Lachappelle wegen eines persönlichen und beruflichen Fehltritts aus seiner Zeit bei der Basler Kantonalbank landete man einmal mehr in den Schlagzeilen. Bleibt zu hoffen, dass Raiffeisen Schweiz mit dem im Dezember gewählten neuen Präsidenten Thomas Müller nun in ruhigere Gewässer steuert.
Nach den Turbulenzen um die Vorgänger Lachapelle und Johannes Rüegg-Stürm sowie um die Ex-Chefs Patrik Gisel und Pierin Vincenz täte dies dringend Not. Letzterer wird sich im kommenden Januar vor Gericht wiederfinden.
Operativ lief es bei den Genossenschafts-Banken jedoch gut. Im ersten Halbjahr wurde der Gewinn um 46 Prozent auf 505 Millionen Franken gesteigert, wobei alle Bereiche einen Beitrag leisteten.
4. Kantonal- und Regionalbanken stabil
Wie bei Raiffeisen wirkte auch bei den Kantonal- und Regionalbanken vor allem das Hypothekargeschäft positiv. Zwar belastete das tiefe Zinsumfeld die Erträge weiterhin, aber das wurde durch höhere Volumen teilweise wettgemacht. Der Schweizer Immobilienmarkt entwickelte sich bei den Preisen stark, wobei die Zahl der Abschlüsse eher stabil war, wie es etwa vonseiten der Marktführerin Raiffeisen hiess.
Beim Aufwand wurde von den Banken viel Geld in die Digitalisierung gesteckt. Das betraf sowohl die internen Systeme als auch Projekte, um das Digitalangebot für die Kunden zu verbessern. Das ist auch nötig, wenn sich die Institute in der Region gegenüber Neobanken und den zahlreichen neuen Fintech-Angeboten behaupten wollen.
5. Von der Filiale aufs Smartphone
Der Trend zu weniger Filialen hat sich fortgesetzt. Aber dafür wird bei den übriggebliebenen Standorten mit einem persönlicheren Service das Angebot oft ausgeweitet.
Insbesondere die Apps und neue Onlineangebote belebten die Banken-Szene. So ging etwa die CS mit dem Smartphone-Banking «CSX» an den Start, die Post-Tochter Postfinance lancierte zusammen mit der Online-Bank Swissquote die App Yuh, um nur einige zu nennen. Aber auch viele Angebote aus dem Ausland wie Revolut oder N26 tummeln sich im Schweizer Retailbanking-Geschäft.
6. Konsolidierung bei Privatbanken
Rekordverdächtig gut liefen die Geschäfte auch bei den Privatbanken. In der Corona-Krise hatten viele vermögende Kunden mehr Zeit und Effort darauf verwendet, sich um ihre Anlagen zu kümmern, hiess es von vielen Asset Managern. Die Vermögen schwollen auch aufgrund der steigenden Aktienkurse deutlich an, und dank den Negativzinsen ist weiter viel billiges Geld im Markt.
Derweil hat sich die Konsolidierung bei den Privatbanken fortgesetzt. Die Zahl der Institute sank unter die Marke von 100 Instituten, zwischen Juli 2020 bis August dieses Jahres gingen acht Transaktionen über die Bühne. Dabei stachen etwa die Übernahme der Genfer Banque Pâris Bertrand durch Rothschild & Co oder der Kauf der Privatbank Landolt & Cie durch den franzöischen Vermögensverwalter Oddo BHF hervor.
Laut einer Studie der Beratungsfirma KPMG vom Sommer haben dabei vor allem kleiner Häuser Probleme mit dem schwierigen Marktumfeld umzugehen. Die grösseren Institute konnten mit steigenden verwalteten Vermögen davonziehen und ihr Ertrags-Kostenverhältnis verbessern.